Zumutbarkeit der Hilfeleistung 1

1. Juli 2025

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T ist betrunken Auto gefahren und dabei mit dem Fahrzeug des O kollidiert. T erkennt, dass O schwerverletzt ist. Er lässt sich dennoch von einer Freundin vom Unfallort abholen, ohne O zu helfen.

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Einordnung des Falls

Zumutbarkeit der Hilfeleistung 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Hilfeleistung gegenüber O war hier für T erforderlich.

Ja!

Erforderlich i.S.v. § 323c StGB ist die Hilfeleistung, wenn ex ante aus der Sicht eines verständigen Beobachters ohne die Hilfeleistung die Gefahr besteht, dass die Notlage sich zu einer nicht nur unerheblichen Schädigung von Personen oder Sachen von bedeutendem Wert auswirkt. Daran fehlt es z.B. dann, wenn der Betroffene sich selbst helfen kann, ein anderer bereits ausreichende Hilfe leistet, der Betroffene tot ist oder aus Sicht eines verständigen Beobachters Hilfe aussichtslos wäre.Aus der Sicht eines verständigen Dritten bestand hier die Gefahr, dass Os schweren Verletzungen zu erheblichen Schäden von Os Gesundheit führen könnten, wenn O nicht medizinisch versorgt wird. Erforderlich wäre daher die Verständigung eines Rettungswagens gewesen.
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2. Die objektiv erforderliche Hilfeleistung müsste für den Täter möglich sein. War die gegenüber O für T möglich?

Genau, so ist das!

Maßstab sind die Fähigkeiten und Möglichkeiten des konkret zur Hilfeleistung Pflichtigen. Die Unmöglichkeit der Hilfeleistung führt grundsätzlich zum Entfallen der Pflicht. Es ist nicht erkennbar, dass eine Hilfeleistung unmöglich war. T hätte zumindest einen Krankenwagen anrufen können.

3. Die Hilfeleistung gegenüber O war T auch zumutbar.

Ja, in der Tat!

Dem Täter muss die ihm nach seiner Lebenserfahrung und Vorbildung bestmögliche Hilfe ohne erhebliche eigene Gefahr möglich gewesen sein. Die Gefahr einer Strafverfolgung wegen möglicher schuldhafter (Mit-)verursachung des Unglücksfalles befreit nach h.M. nicht von der Pflicht zur Hilfeleistung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Täter den Unglücksfall fahrlässig verschuldet hat. Es wäre T ohne erhebliche eigene Gefährdung möglich gewesen, einen Rettungswagen zu rufen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

13.8.2024, 12:49:38

"Die Erforderlichkeit der Hilfeleistung ist ex ante aus der Sicht eines obj. Beobachters zu beurteilen." (NK-StGB/Gaede, 6. Aufl. 2023, StGB

§ 323

c Rn. 10, beck-online) BGH 8.4.1960 – 4 STR 2/60, BGHSt 14, 213 (216); BGH 2.3.1962 – 4 StR 355/61, BGHSt 17, 166 (169 und 172); BGH 4.7.1984 – 3 StR 96/84, BGHSt 32, 367 (381); BGH 10.7.1985 – NStZ 1985, 501; BGH 29.3.1968 – 2 StR 68/68, bei Dallinger MDR 1968, 552; OLG Karlsruhe 10.8.1979 – NJW 1979, 2360; AG Tiergarten 2.3.1990 – NStZ 1991, 236 (237) m. zust. Anm. Rudolphi; LK-StGB/Popp Rn. 45 ff., 85; Schönke/Schröder/Hecker Rn. 2; Lackner/Kühl/Heger/Heger Rn. 5; Bottke GA 1983, 22 (35); Geilen Jura 1983, 138 (144 f.); M-Schroeder/Maiwald BT/2 § 55 Rn. 19; Pawlik GA 1995, 360 (370); Seelmann JuS 1995, 281 (284 f.); Welzel S. 471; aA – ex post Betrachtung – SK-StGB/Stein Rn. 31; Schöne S. 72 ff.; Ulsenheimer StV 1986, 201 (203).  (NK-StGB/Gaede, 6. Aufl. 2023, StGB

§ 323

c, beck-online)

Linne Hempel

Linne Hempel

22.8.2024, 14:22:57

Hallo @[CR7](145419), danke für den wichtigen Hinweis. Ich habe den Fehler korrigiert. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team


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