Zivilrecht

Kaufrecht

Nacherfüllung

§ 439 Abs. 4 BGB – Absolute Unverhältnismäßigkeit

§ 439 Abs. 4 BGB – Absolute Unverhältnismäßigkeit

16. April 2025

28 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem
Neues Kaufrecht 2022

Unternehmer U kauft bei Immobilienhändler I ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück für €50.000, die auch dem objektiven Wert im mangelfreien Zustand entsprechen. Das Haus ist schimmelbefallen und daher nur €25.000 wert; eine Mangelbeseitigung würde €150.000 kosten.

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Einordnung des Falls

§ 439 Abs. 4 BGB – Absolute Unverhältnismäßigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Verkäufer könnte die Nacherfüllung verweigern, wenn diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich wäre (§ 439 Abs. 4 BGB).

Ja!

Der Verkäufer kann über die Fälle der §§ 275 Abs. 2, 3 BGB hinaus die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur unter unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 439 Abs. 4 S. 1 BGB). Ebenso wie bei § 275 Abs. 2 und 3 und handelt es sich um eine Einrede, auf die sich der Verkäufer berufen kann, aber nicht muss. § 439 Abs. 4 erfasst zwei Varianten: (1) Unverhältnismäßigkeit der gewählten Nacherfüllungsart im Vergleich mit der anderen Art der Nacherfüllung, wodurch der Verkäufer nur die andere Art vornehmen muss (relative Unverhältnismäßigkeit) und (2) Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung insgesamt im Vergleich mit dem Interesse des Käufers an der Nacherfüllung, wodurch die Nacherfüllung insgesamt verweigert werden kann (absolute Unverhältnismäßigkeit).
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2. Die Nacherfüllung ist hier relativ unverhältnismäßig.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ob relative Unverhältnismäßigkeit vorliegt, ist aufgrund eines Vergleichs der beiden Arten der Nacherfüllung festzustellen. Dabei ist abzuwägen zwischen dem Interesse des Verkäufers an der Minimierung seiner Kosten und dem Interesse des Käufers, gerade die gewählte (und nicht die andere) Art der Nacherfüllung zu erhalten. Zentrales Abwägungselement sind die Kosten, die die beiden Formen der Nacherfüllung dem Verkäufer verursachen. Relativ unverhältnismäßig kann immer nur eine der beiden Arten der Nacherfüllung sein, nämlich diejenige, die dem Verkäufer höhere Kosten verursacht als die andere. Ist eine Art der Nacherfüllung wegen Unmöglichkeit ausgeschlossen, stellt sich die Frage der relativen Unverhältnismäßigkeit nicht. Eine Nachlieferung ist hier unmöglich, da es sich um eine Stückschuld handelt. Das bebaute Grundstück kann auch nicht im Rahmen des hypothetischen Parteiwillens durch ein anderes ersetzt werden.

3. Die Nacherfüllung ist hier absolut unverhältnismäßig.

Ja, in der Tat!

Die Nacherfüllung kann insgesamt verweigert werden, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (absolute Unverhältnismäßigkeit). Die Unverhältnismäßigkeit ergibt sich hierbei aus einem Vergleich der Nacherfüllungskosten mit dem Interesse des Käufers an der Nacherfüllung. Abwägungskriterien sind hierbei insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels (vgl. § 434 Abs. 4 S. 2 BGB) und ein etwaiges Verschulden des Verkäufers (§ 276 BGB). Absolute Unverhältnismäßigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die Kosten der Nacherfüllung 150% des Wertes der Sache im mangelfreien Zustand betragen oder 200% des mangelbedingten Minderwertes übersteigen. Hier sind beide Schwellen erreicht. I kann sich auf die absolute Unverhältnismäßigkeit berufen.
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