Sachliche Zuständigkeit LG Schwurgericht
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T raubt O in München aus und bedroht O dabei mit einer Pistole. Versehentlich löst sich ein Schuss, O stirbt. Die Staatsanwältin S erwartet eine Freiheitsstrafe von 11 Jahren.
Einordnung des Falls
Sachliche Zuständigkeit LG Schwurgericht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S muss bei dem LG München Anklage erheben.
Ja, in der Tat!
Erstinstanzlich ist grundsätzlich das AG zuständig (§ 24 GVG, Allzuständigkeit), solange die Straferwartung bei maximal vier Jahren liegt (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 GVG). Das LG ist grundsätzlich erst dann sachlich zuständig, wenn eine Freiheitsstrafe von über vier Jahren zu erwarten ist (§ 74 Abs. 1 GVG) oder es sich um eine Tat aus dem Katalog des § 74 Abs. 2 S. 1 GVG handelt („Kapitaldelikte“). Katalogtaten sind vorsätzliche Tötungsdelikte und Delikte mit Todesfolge, hier der Raub mit Todesfolge gem. § 74 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 GVG.
2. Als Spruchkörper ist die einfache große Strafkammer zuständig.
Nein!
Am LG ist erstinstanzlich grundsätzlich die einfache große Strafkammer zuständig (§ 76 Abs. 1 S. 1 GVG). Die große Strafkammer als Schwurgericht ist dagegen zuständig, wenn es sich um eine Katalogtat handelt (§ 74 Abs. 2 S. 1 GVG). Der Unterschied liegt (neben dem historisch bedingten Namen) in der Besetzung: die einfache große Strafkammer ist grundsätzlich nur mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen (§ 76 Abs. 2 S. 4 GVG) besetzt, während das Schwurgericht immer eine Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei Schöffen hat (§ 76 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 GVG).Der Raub mit Todesfolge ist in § 74 Abs. 2 S. 1 Nr. 12 GVG genannt, sodass das Schwurgericht zuständig ist.
Eine Besprechung von:
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Tr(u)mpeltier junior
26.11.2020, 18:16:04
Auch hier müsste der Unterschied zwischen Schwurgericht und großer Strafkammer geändert werden. Richtig ist, dass die Strafkammer in einfach gelagerten Fällen in reduzierter Besetzung arbeiten. Dann handelt es sich aber nur noch um die "kleine" Strafkammer. Bzgl der sonstigen Abgrenzung s. den Kommentar im vorigen Block.
Real Thomas Fischer Fake 🐳
26.11.2020, 23:46:26
Real Thomas Fischer Fake 🐳
27.11.2020, 00:00:42
Tr(u)mpeltier junior
27.11.2020, 00:12:31
Tr(u)mpeltier junior
27.11.2020, 00:13:46
Real Thomas Fischer Fake 🐳
27.11.2020, 01:41:35
Eigentum verpflichtet 🏔️
27.11.2020, 13:54:07
Isabell
17.6.2021, 09:14:24
Isabell
7.2.2021, 11:05:01
Irgendwie ist es ja seltsam, dass man gerade bei Verfahren, die eine sehr viel massivere Sanktion nachsichziehen können, keine 2. Tatsacheninstanz hat.
Real Thomas Fischer Fake 🐳
8.2.2021, 23:03:15
Isabell
9.2.2021, 08:51:12
iura novit curia👨🏼⚖️
19.10.2022, 15:51:55
Wieso muss die Anklage zum LG München erhoben werden? Zum LG als Schwurgericht ist klar. München aufgrund von 7 StPO naheliegend… Aber wieso zwingend? Zwar besteht wohl eine Abrede zwischen den StA, dass vorzugsweise am Tatortgericht angeklagt wird. Meiner Kenntnis nach ist das aber nicht zwingend und die erste Frage damit nicht als falsch zu werten, wenn man verneint. Danke für die Antwort schonmal.
Lukas_Mengestu
26.10.2022, 12:51:46
Das ist nicht richtig. Die kleine Strafkammer ist nicht mit erstinstanzlichen Fällen betraut. Sie entscheidet mit 1 Berufsrichter und 2 Schöffen über Urteile des AG.
Die (einfache) große Strafkammer ist mit 2 Berufsrichtern und 2 Schöffen besetzt, und wenn sie als Schwurgericht entscheidet mit 3 Berufsrichtern und 2 Schöffen. Also genau wie es hier von dem Jurafuchsteam beschrieben wurde. Das alles ergibt sich ja auch aus 76 GVG. Ich kann deinen Hinweis überhaupt nicht nachvollziehen. Vielleicht kannst du das nochmal ein bißchen erläutern :)
Ich glaube jetzt bin ich deiner Kritik auf der Spur: Richtig ist, dass die große Strafkammer auch ohne als Schwurgericht tätig zu sein in einer Besetzung die dem Tätigwerden als Schwurgericht entspricht auftreten kann (große Strafkammer = 3 Berufsrichter und 2 Schöffen, wenn die Vss. des § 76 II 3 Nrn. 2, 3 GVG vorliegen). Die Besetzung kann also nicht als Differenzierungskriterium herangezogen werden. Weshalb du eine große Strafkammer die in der Besetzung 2 Berufsrichter, 2 Schöffen agiert jedoch als "kleine Strafkammer" bezeichnest leuchtet mir nicht ein. Der Wortlaut in § 76 I 1 regelt die Terminologie ja eindeutig. Selbst wenn die kleine Strafkammer nach Absatz 6 mit der gleichen Besetzung wie die große Strafkammer auftritt bleibt die Erstinstanzlichkeit als Differenzierungsmerkmal.
Sorry an das Team und danke für den Hinweis! Bei der kleinen Strafkammer habe ich mich in der Tat in der Terminologie vergriffen. Nichtsdestotrotz halte ich die Reduzierung der Abgrenzung zwischen großer Strafkammer und Schwurgericht auf die Besetzung für irreführend. Denn die Besetzung der großen Strafkammer mit 2 berufsrichtern war lange Zeit die Ausnahme, nicht die Regel. 76 Abs. 2 Nr. 3 StPO hat das frühere Regel Ausnahme Verhältnis nunmehr zwar umgedreht. Nichtsdestotrotz ist die dort geforderte Notwendigkeit bereits bei Prozessen mit voraussichtlicher Dauer von mehr als 10 verhandlungstagen (§76 III GvG) erreicht, was durchaus keine Seltenheit ist. Insofern stellt die zuständigkeitsverteilung nach 74 Abs 2 StPO nach mE das brauchbarere Abgrenzungskriterium dar.
Ggfs ergänzt um den Hinweis, dass beim Schwurgericht die 3er Besetzung zwingend ist, bei der großen Strafkammer fakultativ und regelmäßig nur 2 berufsrichter mitwirken.
Danke für deine Ausführungen. Ich glaube jetzt sind wir zumindest was das rechtliche angeht auf dem selben Stand :)
Die Fallantwort halte ich nicht für falsch, da sie gerade auf die "Katalogstraften" (gemeint ist 74 II GVG) abstellt und das Wort "grundsätzlich" vor Nennung der Besetzung eingefügt ist. Aber du hast wohl Recht dass man das präziser hätte fassen können :)
Interessante Diskussion! Wir geben dir Real Thomas Fischer Fake hier recht. Insbesondere gefährlich nur wegen der geringeren Besetzung von "kleiner Strafkammer" zu sprechen, das ist nämlich, wie erläutert, falsch.
Wir haben die Antwort jetzt leicht präzisiert.
Diese irreführende Bezeichnung findet sich in einer älteren Auflage eines Basis-Skripts einer der großen Rep-Anbieter. Bin auch drauf reingefallen.
Ist ja eine sehr alte und viel diskutierte Thematik. In Lehrbüchern wird immer geschrieben, dass durch die quantitativ und qualitativ höhere Besetzung in Fällen die mit massiveren Sanktionen belegt werden können (zB erstinstanzlich 1 Berufsrichter + evt. 2 Laienrichter am AG vs. erstinstanzlich 2 (oder 3) Berufsrichter + immer 2 Laienrichter am LG) keine weitere Tatsacheninstanz benötigt werde. Ich glaube, dass die ökonomische Seite jedoch ein noch deutlich besseres Argument für den Status quo darstellt, wenn man den Aufwand für schwere Delikte in einer Tatsacheninstanz bedenkt 🙃
Letzterem kann ich auch deutlich mehr abgewinnen als ersterem 😅 es ist das ehrlichere Argument. Ich kann auch dem Gedanken des Opferschutzes grundsätzlich Folgen und verstehe, dass so eine Hauptverhandlung emotional sehr belastend ist. Aber so ein klein wenig Unzufriedenheit darüber bleibt einfach zurück 🤗
Vielen Dank für den Hinweis, iura novit curia. In der Tat besteht bei mehreren Gerichtsständen ein Wahlrecht der Staatsanwaltschaft, dessen Grenzen sich nach hM in erster Linie aus dem Willkürverbot ergibt (MüKoStPO/Ellbogen, 1. Aufl. 2014, StPO § 7 Rn. 1). Die Staatsanwaltschaft ist aber anders als die Gerichte den Weisungen des jeweiligen Justizministeriums unterworfen und damit in besonderer Weise auch an die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV). Aus deren Nummer 2 und 26 RiStBV bzw. § 143 Abs. 1 GVG folgt aber, dass grundsätzlich am Tatort angeklagt wird. In der Aufgabe haben wir schließlich keine Anhaltspunkte auf einen anderen Zuständigkeitsort (keine Angabe, dass der Täter einen anderen Wohnort hat, § 8 StPO, bzw. an anderem Ort ergriffen wurde, § 9 StPO), weswegen im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit hier zwingend in München anzuklagen ist. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
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