Örtliche Zuständigkeit

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der in Köln wohnhafte T stiehlt in Hamburg ein Auto und wird in Berlin von der Polizei ergriffen.

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Einordnung des Falls

Örtliche Zuständigkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T kann in Hamburg angeklagt werden.

Ja, in der Tat!

Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach den §§ 7 ff. StPO. Für das Gericht, in dessen Bezirk die Straftat begangen ist, besteht ein Gerichtsstand (§ 7 Abs. 1 StPO). T hat die Tat in Hamburg begangen.
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2. T könnte auch in Köln angeklagt werden.

Ja!

Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Täter zur Zeit der Anklageerhebung seinen Wohnsitz hat (§ 8 Abs. 1 StPO). T hat seinen Wohnsitz in Köln.

3. T könnte auch in Berlin angeklagt werden.

Genau, so ist das!

Der Gerichtsstand ist auch bei dem Gericht begründet, in dessen Bezirk der Täter ergriffen worden ist (§ 9 StPO). T wurde in Berlin ergriffen.

4. Unter mehreren Gerichtsständen ist der Gerichtsstand am Tatort vorrangig.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Staatsanwaltschaft hat ein Wahlrecht, bei welchem von mehreren örtlichen zuständigen Gerichten sie eine Strafsache anhängig macht. Das Wahlrecht besteht solange, bis die Staatsanwaltschaft an eine einmal getroffene Wahl gebunden ist, also grundsätzlich bis zur Eröffnung der Hauptverhandlung durch das Gericht. Ab diesem Zeitpunkt ist unter mehreren nach den Vorschriften der §§ 7 ff. StPO zuständigen Gerichten ist dasjenige vorrangig, welches das Verfahren zuerst eröffnet hat (§ 12 Abs. 1 StPO). Das Verfahren kann jedoch auch durch das Gericht an ein ein anderes zuständiges Gerichte übertragen werden (§ 12 Abs. 2 StPO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Peter E.

Peter E.

9.11.2020, 19:09:43

Wie werden unterschiedliche Zuständigkeiten unter den Staatsanwaltschaften geregelt? Was passiert bei Streitigkeiten?

Real Thomas Fischer Fake 🐳

Real Thomas Fischer Fake 🐳

10.11.2020, 08:14:04

In Abwesenheit anderer (qualifizierterer) Antworten: Ich würde meinen, dass das RiStBV Regelungen dazu enthält. Da es sich dabei aber um Verwaltungsinternas handelt und deine Frage wohl auf eine gesetzliche Regelung abzielt: In § 209 StPO ist geregelt, wie sich das Gericht verhält, wenn es sich für unzuständig hält (vor Eröffnung der HV, sonst § 270 StPO). Was die Staatsanwaltschaft meint ist in Anwesenheit dieser Regelung wohl irrelevant. Aber Achtung: Bloß eine Vermutung 0_0

Peter E.

Peter E.

10.11.2020, 09:28:04

Vielen Dank für die Rückmeldung ;) Meine Recherchen haben noch Paragraph 149 GVG ausgespuckt! Wenn ich das in Verbindung mit der RiStBV setze zur Zuständigkeit ergibt sich für mich erstmal grundsätzlich die Zuständigkeit nach dem Begehungsort. Was ich mich aber frage, wenn ein anderer Staatsanwalt meint hier schneller zu sein, wie sich das auswirkt und wie solche Konflikte gelöst werden.

Real Thomas Fischer Fake 🐳

Real Thomas Fischer Fake 🐳

10.11.2020, 10:07:48

Also die örtliche Zuständigkeit der StA bestimmt sich nach der örtlichen Zuständigkeit des zuständigen Gerichts, bei dem die StA besteht (§ 143 GVG). Welches Gericht örtlich zuständig ist bestimmt sich wiederum nach den §§ 7 ff. StPO. Wenn die StA aus Karlsruhe und die StA aus Freiburg beide den selben Fall anklagen, dann prüfen die jeweiligen Gerichte aus Karlsruhe und Freiburg ihre örtl. Zuständigkeit nach § 16 StPO. Im Regelfall wird eines der Gerichte sich für unzuständig, das andere sich für zuständig erklären (sonst § 19 StPO). Dann weißt eines der Gerichte die Klage also einfach wegen des Vorliegen eines Prozesshindernis ab (= fehlende Zuständigkeit) und das andere lässt sie zu. So stelle ich mir das vor. Sollte das so sein wäre die Frage doch beantwortet, oder?

Peter E.

Peter E.

10.11.2020, 10:36:13

Im Lichte der Prozessökonomie würde ich einfach sagen, dass der Werdegang unvertretbar ist! Die Schlussfolgerungen klingen erstmal plausibel!

Isabell

Isabell

19.11.2020, 13:45:37

Also meine Erfahrung aus der Strafstation bei der StA war, dass man die Kollegen anruft und sich abstimmt. Es können ja ganz unterschiedliche Gründe für und gegen die in Betracht kommende Zuständigkeit sprechen. Ist man sich einig geworden, werden die Akten mit Antrag auf Zusammenführung (der Fachausdruck ist mir entfallen) an die andere Dienststelle versandt. Ich hatte eine Akte mit einem bundesweit tätigen Betrüger, die munter durchs Land gereist ist, bis dann meine Dienststelle als erste Anklage erhoben hat.

Peter E.

Peter E.

19.11.2020, 13:58:18

Interessant ;)

M.K

M.K.

21.10.2021, 20:10:51

Soweit ich weiß, haben sich die einzelnen GStA dazu abgestimmt, welche StA in welchen Fällen tatsächlich Klage erhebt, bzw ermittelt.

medoLaw

medoLaw

12.1.2022, 08:24:07

Dir Staatsanwaltschaft hat

pflichtgemäßes Ermessen

auszuüben. Danach ist der Gerichtsstand zu wählen, der dem Verfahren am meisten dienlich ist. Das ist idR der Tatort, da dort der

Augenschein

beweis einzunehmen ist und die Zeugen wohnen. Bei Auslandstaten oder Taten mit unklaren Tatort ist der Ort des Ergreifens vorzugswürdig. Vgl Roxin/Schünemann, Strafverfahrensrecht, 1. Kapitel. Strafgerichtsverfassungsrecht § 7. Die örtliche Zuständigkeit Rn. 1-4, beck-eBibliothek

ri

ri

22.7.2021, 14:59:29

Also das Gericht, welches das Zwischenverfahren zuerst eröffnet oder das Hauptverfahren?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.7.2021, 17:40:46

Hallo ri, mit dem Begriff der Untersuchung in § 12 Abs. 1 StPO ist die Eröffnung des Hauptverfahrens gemeint (BeckOK-StPO/Bachler, § 12 Rn.1). Dies ergibt sich auch daraus, dass das Zwischenverfahren nicht durch das Gericht eröffnet wird, sondern automatisch mit Erhebung der Anklage durch die StA eingeleitet wird. Das Ende des Zwischenverfahrens ist dann der Beschluss des Gerichts über die Eröffnung der Hauptverhandlung (§ 203 StPO) bzw. die Ablehnung der Eröffnung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ri

ri

23.7.2021, 12:44:15

Vielen Dank für die Antwort 🙏

FABY

Faby

30.4.2023, 10:29:46

An anderer Stelle, also bei einem anderen Fall, wurde auf Nachfrage vom Jurafuchsteam erklärt, dass wegen der Weisungsgebundenheit der StA und der Regelungen in der RiStBV die Anklage grundsätzlich am Tatort erfolgt. Diese Info vermisse ich hier :D

/Q

/qwas

20.1.2024, 16:06:20

Stimmt, eine der beiden Antworten muss angepasst werden.

Nocebo

Nocebo

4.6.2024, 16:47:04

Ich antworte hier mal, damit das nicht untergeht :) Der Fehler ist noch nicht behoben.

PAT

Patrick4219

8.7.2024, 20:46:02

Ich würde hier die Info aus der vorherigen Frage ignorieren. Die RiStBV steht im Rang unter der StGB, sodass die Regelungen des StGB vorrang haben müssten.

AL

alva1993

4.10.2024, 14:48:07

In der Antwort müsste angepasst werden, dass gem. 12 II StPO durch das gemeinsame obere Gericht die Untersuchung und Entscheidung einem anderen der zuständigen Gerichte übertragen werden kann. So wie es hier formuliert ist, könnte man annehmen, die zuständigen Gerichte könnten selber die Übertragung vornehmen.


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