Alleinhaftung des Fußgängers bei vorsätzlicher Kollision mit Pkw
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Jurastudium und Referendariat.
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
G geht nachts auf der rechten Fahrbahn eine nicht beleuchtete Landstraße entlang. Halter H nähert sich mit seinem ordnungsgemäß geführten Trabbi. In suizidaler Absicht springt G plötzlich auf die Fahrbahn. H kann nicht mehr ausweichen. G verlangt Schadensersatz von H.
Einordnung des Falls
Alleinhaftung des Fußgängers bei vorsätzlicher Kollision mit Pkw
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. G könnte ein Schadensersatzanspruch gegen H zustehen (§ 7 Abs. 1 StVG).
Ja, in der Tat!
2. Eine Rechtsgutsverletzung im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG liegt vor.
Ja!
3. Die Verletztung erfolgte bei Betrieb eines Fahrzeugs.
Genau, so ist das!
4. H ist Halter des Fahrzeugs (§ 7 Abs. 1 StVG).
Ja, in der Tat!
5. Wenn der haftungsbegründende Tatbestand der Halterhaftung erfüllt ist (§ 7 Abs. 1 StVG), hat der Verletzte zwingend einen Anspruch auf Schadensersatz.
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Vorliegend ist zulasten des H ein Verstoß gegen des Sichtfahrgebot zu berücksichtigen (§ 3 Abs. 1 S. 4 StVO).
Nein, das trifft nicht zu!
7. G trifft ein überragendes Mitverschulden, hinter dem die Betriebsgefahr des Fahrzeugs vollständig zurücktritt (§§ 9 StVG, 254 BGB).
Ja!
8. Steht G ein Schadensersatzanspruch gegen H zu (§ 7 Abs. 1 StVG)?
Nein, das ist nicht der Fall!
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kithorx
7.2.2023, 19:39:54
Ist die letzte Frage korrekterweise wirklich negativ zu beantworten? Sie fragt danach, ob ein Schadensersatzanspruch besteht. Dies ist dem Grunde nach ja der Fall. Nur haftungsausfüllend eben gleich null.
![Nora Mommsen](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__1g4ube287wphue6xpdn8yy675.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Nora Mommsen
9.2.2023, 13:48:20
Hallo kithorx, danke für deine Frage. Die Frage-Antwort Kombination ist richtig so. Der Anspruch besteht eben nur, wenn alle Voraussetzungen gegeben sind. Dazu gehört der haftungsbegründende wie haftungsausfüllende Tatbestand gleichermaßen. Fehlt eins von beiden ist kein Anspruch gegeben. Du kannst es dir vorstellen wie den letzten Satz einer Prüfung. Wenn der hauftungsausfüllende Tatbestand nicht gegeben ist, dann musst du als Schlussatz schreiben - ein Anspruch aus § 7 StVG besteht nicht. Genau das fragt die letzte Frage ab. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kithorx
10.2.2023, 00:49:31
Danke! Ergibt für mich so jetzt auch mehr Sinn 😄
Theodora
28.5.2023, 12:26:57
Der angegeben Maßstab bzgl. "Bei Betrieb eines Fahrzeugs" dürfte veraltete sein, indem man den örtlichen Bereich auf den -öffentlichen Verkehr- begrenzt. Denn der BGH geht von einer sehr weiten Auffassung des Betriebsbegriffs aus und bejaht 7 StVG auch bei Privatgeländen.
evanici
12.9.2023, 13:35:18
Könnte man einen plötzlich auf die Straße springenden Suizidenten nicht auch als "höhere Gewalt" subsumieren, sodass bereits ein Ausschlussgrund vorliegt? Wertungsmäßig wäre das ja auf einer Ebene mit dem das Sichtfahrgebot beschränkenden Vertrauensgrundsatz.
Nilson2503
10.10.2023, 15:40:55
Habe auch im Hinterkopf dass es sich bei plötzlichem Suizid durch Springen auf die Fahrbahn um höhere Gewalt handelt. Daher dürfte der Anspruch bereits hieran scheitern.
GS99
29.11.2023, 20:14:30
In diesem Kontext ist höhere Gewalt "ein außergewöhnliches von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbares Ereignis...". Der Suizidversuch kamm nicht von außen durch eine dritte Person, sondern vom "Opfer" selbst, also ist das kein Fall von höherer Gewalt. Allerdings wurde bis 2002 die Verteidigung eines "unabwendbaren Ereignisses" verwendet. Diese hat auch das Verhalten des Opfers erfasst. Heute ist diese Verteidigung allerdings nicht mehr anwendbar.