Gefahr des Todes eines anderen Menschen (Nr. 1)

14. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A zündet die Villa des B an. Er weiß, dass sich zu dieser Zeit keine Menschen im Haus befinden. Lediglich Putzfrau P kommt gelegentlich, um die Zimmer zu reinigen. A nimmt dabei die Gefährdung der P billigend in Kauf, da er davon ausgeht, dass sie den Brand bemerkt und sich selbst rettet. P betritt die Villa vom Hintereingang und bemerkt nicht, dass der vordere Teil der Villa bereits in Flammen steht. Später kann sie sich nicht mehr vor den Flammen retten und stirbt.

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Einordnung des Falls

Gefahr des Todes eines anderen Menschen (Nr. 1)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem A die Villa angezündet hat, hat er sich wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) und schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht.

Ja, in der Tat!

A hat durch seine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Tathandlung ein fremdes Gebäude durch Brandlegung zerstört und damit den Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB verwirklicht. Daneben handelte es sich bei der Villa um ein Gebäude, das zu Wohnzwecken dient, so dass A sich ebenfalls wegen schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht hat.
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2. A hat sich wegen besonders schwerer Brandstiftung (§ 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB) strafbar gemacht, wenn er den "Tatbestand des § 306a StGB" erfüllt hat und "durch die Tat die P vorsätzlich in die Gefahr des Todes" gebracht hat.

Ja!

Bei § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB muss der Täter einen anderen Menschen durch die Tat in die Gefahr des Todes gebracht haben und diesbezüglich auch Gefährdungsvorsatz besitzen. Wie § 306a Abs. 2 StGB auch ist § 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB ein konkretes Gefährdungsdelikt. Der einzige Unterschied zu § 306a Abs. 2 StGB besteht darin, dass es sich um eine gesteigerte Gefahr, nämlich um die Gefahr des Todes handeln muss. Ansonsten kannst Du auf sämtliche Ausführungen zu § 306a Abs. 2 StGB Bezug nehmen.

3. Das Opfer muss sich zum Tatzeitpunkt bereits im Gebäude befinden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Dies ist nicht erforderlich. Das Opfer muss sich nicht zur Tatzeit in den Räumlichkeiten aufhalten. Dass P erst später die Villa betreten hat, ist unerheblich. Eine eigenverantwortliche Selbstschädigung liegt schon deshalb nicht vor, da P das Feuer beim Betreten des Hauses nicht bemerkt hat.

4. Indem A die Villa in Brand gesetzt hat, hat er P "in die Gefahr des Todes" gebracht (§ 306b Abs. 2 Nr. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Konkrete Gefahr meint eine kritische Situation, in der die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Rechtsgutserfolges besteht und die (mögliche) Rechtsgutsverletzung lediglich zufällig ausbleibt. Hier konnte sich P nicht mehr vor den Flammen retten. Der Tod der P ist eingetreten.

5. Auch der spezifische Gefahrzusammenhang liegt vor.

Ja, in der Tat!

Wegen der Ausweitung der Tathandlungen um die Brandlegung genügt die Kausalität der Brandstiftung für den konkreten Gefahrerfolg nicht. Notwendig ist – wie bei den erfolgsqualifizierten Delikten auch – ein spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen der Vornahme der Brandstiftung und dem Eintritt des Gefahrerfolgs. Dieser liegt vor, wenn sich die spezifische mit der Verwendung des Tatmittels Feuer verbundene entweder unmittelbar auf das Rechtsgut Gesundheit wirkende Gefährlichkeit (wie Rauchgasentwicklung) oder die über die Einwirkung auf das Tatobjekt vermittelte Gefährlichkeit der Vornahme der Tathandlung (etwa Gefahr durch das Einstürzen des Tatobjekts) im konkreten Gefahrerfolg verwirklicht. P kann sich nicht mehr vor den Flammen retten, sodass dies zu bejahen ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DAN

Daniel

7.8.2022, 06:46:15

Könnt ihr noch etwas zum subjektiven

Tat

bestand sagen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

8.8.2022, 14:55:25

Hallo Daniel, vielen Dank für Deinen Hinweis. Wir haben dies nun etwas präzisiert. Nach hM muss der Täter bei § 306b Abs. 2 StGB vorsätzlich im Hinblick auf den Gefährdungserfolg handeln (MüKoStGB/Radtke, 3. Aufl. 2019, StGB § 306b Rn. 30). Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut, aber aus der Systematik der Norm. Das gegenüber § 306b Abs. 1 StGB deutlich erhöhte Strafmaß lasse sich nur damit rechtfertigen, dass, für die

Erfolgsqualifikation

nach Abs. 2

Vorsatz

gefordert wird. Wichtig: der

Vorsatz

muss sich nur auf die Gefährdung richten. Nach der Rechtsprechung des BGH bedeutet dies nicht automatisch, dass bei Gefährdungs

vorsatz

auch

Tötungsvorsatz

vorliegt (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 309 - der Angeklagte wollte in dem Fall wieder eine Verbindung zu seiner Tochter herstellen, indem er ihr das Heim nahm. Dadurch habe er zwar ihre Gefährdung, nicht aber ihren Tod billigend in Kauf genommen). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AN

Anne

18.7.2024, 10:21:50

Wäre hier auch § 306c StGB erfüllt?

TI

Timurso

18.7.2024, 11:27:40

Meiner Meinung nach ja. Ich sehe nichts, was dagegen spricht.

MAG

Magnum

11.12.2024, 13:08:09

Ich verstehe nicht, warum ich bei einer normalen Qualifikation auch einen gefahrspezifischen Zusammenhang brauche. Normaler Weise würde sich doch die Prüfung in der objektiven Zurechnung erschöpfen, oder liege ich da falsch?

MAG

Magnum

11.12.2024, 13:08:09

Ich verstehe nicht, warum ich bei einer normalen Qualifikation auch einen gefahrspezifischen Zusammenhang brauche. Normaler Weise würde sich doch die Prüfung in der objektiven Zurechnung erschöpfen, oder liege ich da falsch?

MAG

Magnum

11.12.2024, 13:08:11

Ich verstehe nicht, warum ich bei einer normalen Qualifikation auch einen gefahrspezifischen Zusammenhang brauche. Normaler Weise würde sich doch die Prüfung in der objektiven Zurechnung erschöpfen, oder liege ich da falsch?


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