Strafrecht

BT 4: Brandstiftungsdelikte

Besonders schwere Brandstiftung, § 306b StGB

Verhinderung oder Erschwerung der Brandlöschung (Nr. 3)

Verhinderung oder Erschwerung der Brandlöschung (Nr. 3)

31. Mai 2025

16 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A zündet das Haus des B an. Damit das Haus auch wirklich abbrennt, schaltet er vorher alle Rauchmelder im Haus ab. Bevor sich das Feuer ausbreiten kann, bemerkt B die Flammen und verständigt die Feuerwehr.

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Einordnung des Falls

Verhinderung oder Erschwerung der Brandlöschung (Nr. 3)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Indem A das Haus angezündet hat, hat er sich wegen Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) und schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht.

Ja, in der Tat!

A hat durch seine vorsätzliche, rechtswidrige und schuldhafte Tathandlung ein fremdes Gebäude durch Brandlegung zerstört und damit den Tatbestand des § 306 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB verwirklicht. Daneben handelte es sich bei dem Haus um eine Räumlichkeit, die zu Wohnzwecken dient, so dass A sich ebenfalls wegen schwerer Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 StGB) strafbar gemacht hat.
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2. Indem A vorher die Rauchmelder abgeschaltet hat, hat er das „Löschen des Brandes erschwert“ (§ 306b Abs. 2 Nr. 3 StGB).

Nein!

Das Löschen des Brandes wird verhindert oder erschwert durch z.B. das Entfernen von Löschmitteln, das Ausschalten automatischer Löscheinrichtungen oder Rauchmelder oder das Behindern löschwilliger Personen. Dabei muss sich die Erschwerung für die Rechtsgutsverletzung tatsächlich ausgewirkt haben und erheblich sein; etwa indem die Löscharbeiten zeitlich relevant verzögert werden. Hier hat B die Flammen sofort bemerkt und die Feuerwehr verständigt. Eine (zeitliche) Verzögerung der Löscharbeiten ist nicht eingetreten.

3. A hat sich durch das Abschalten der Rauchmelder wegen versuchter besonders schwerer Brandstiftung (§§ 306b Abs. 2 Nr. 3, 22, 23 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Genau, so ist das!

Ein Versuch liegt vor, wenn sich die auf Verhinderung oder Erschwerung abzielende Handlungen auf die Durchführung der Löscharbeiten oder auf den Brand tatsächlich nicht oder nur unerheblich auswirken. B hat die Flammen sofort bemerkt und die Feuerwehr gerufen. Das Abschalten der Rauchmelder hat sich auf die Durchführung der Löscharbeiten tatsächlich nicht ausgewirkt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

6.7.2023, 23:58:26

Wäre das Delikt vollendet, wenn die Flammen nicht sofort bemerkt worden wären, bspw. weil die Bewohner nicht Zuhause sind

BI

Bilbo

30.9.2023, 12:34:57

Ich lese die Antwort so, dass das Delikt dann tatsächlich vollendet wäre, weil den A vor der Vollendung quasi der B durch sein schnelles Handeln bewahrt hat. Ohne Handeln des B wäre Vollendung eingetreten.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

11.5.2025, 10:00:28

Hallo @[Blotgrim](167544), die Antwort von @[Bilbo](210205) ist im Grundsatz völlig richtig. Entscheidend ist letztlich die Frage, ob das Abschalten der Rauchmelder sich eben erheblich auf die Löscharbeiten ausgewirkt hat.

Ware

n die Rauchmelder zB ursprünglich zwar angeschaltet, aber nicht funktionsfähig und zum Zeitpunkt der Tat gar nicht in der Lage, Alarm zu schlagen, wäre die Tat selbst dann nur versucht, wenn wir B komplett aus unserem Fall streichen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

YODA

Yoda

28.6.2024, 18:35:51

Ich wusste bisher nicht, dass das möglich ist zu prüfen. Heißt das, ich kann zB auch §§ 250 I, 22, 23 I StGB allein prüfen oder §§ 224 I Nr.1, 22, 23 I StGB wenn der Täter das Opfer vergiften will, es aber nicht schafft?

AN

annsophie.mzkw

12.10.2024, 17:20:09

Ja klar :) dass Qualifikationen versucht werden können ist meines Wissens nach unstreitig

VI

vivi—

4.1.2025, 16:50:40

Ja, du kannst im Strafrecht absolut alles versuchen, solange die Vorprüfung durchgeht und solange es kein Regelbeispiel ist (denn letzteres wird nur auf strafzumessungsebene angesprochen).

HockHex

HockHex

30.1.2025, 18:17:03

@[Yoda](248274) Ja mir kam das auch ungewohnt vor, aber logisch. Ich würde folgendermaßen differenzieren: - Wenn ein Versuch von GrundTB + Qualifikation vorliegt (wie in Deinem Gift-Fall): §§ 223 I, 224 I Nr. 1 Alt 1, 22, 23 I - Wenn kein

unmittelbares Ansetzen

zum Grundtatbestand vorliegt, aber de Qualifikation schon erfüllt wird: Keine Versuchsstrafbarkeit, weil durch die Qualifikation der Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens nicht vorverlagert werden darf, vgl. diesen Fall: https://applink.jurafuchs.de/dupgf3KfAQb - Wenn ein erfüllter Grundtatbestand vorliegt und eine versuchte Qualifikation: Da bin ich unsicher, aber ich würde das so machen: Logischerweise (z.B.) § 249 (+) aus meiner Sicht dann in Tateinheit (§ 52) (wenn z.B. versucht wurde dabei jemanden schwer zu misshandeln, das aber nicht gelungen ist) mit §§ 249 I, 250 II Nr. 3a, 22, 23 I Insofern kommt es mir hier auch komisch vor, wenn nur § 306b II Nr. 3, 22, 23 I zitiert wird, ich denke man würde auch nicht nur § 250 II Nr. 3a, 22, 23 I zitieren, aber der Gedanke ist richtig. Mich würde da aber auch eine Aufklärung interessieren.

MAT

matse

4.2.2025, 22:49:04

Kurz bezüglich deiner letzten Ausführung: Wird eine (Erfolgs-)Qualifikation verwirklicht, tritt das Grunddelikt aufgrund Spezialität im Wege der Konkurrenz zurück. Erfüllst du also alle Voraussetzungen für eine gef. KV (§ 224), würdest du richtigerweise nach Konkurrenzprüfung nicht aus §§ 223; 224, sondern nur aus § 224 bestrafen. Bleibt die Quali im Versuch stecken, würdest du aus Klarstellungsinteressen den § 223 mitzitieren, um auszudrücken, dass es zu einer Deliktsvollendung gekommen ist.

HockHex

HockHex

5.2.2025, 00:01:41

@[matse](139262) ahhh, okay, danke! Hab mich schon lang gefragt, wie man da genau zitiert. Aber woher kommt es dann, dass man im OS immer 223, 224 oder 212, 211 (der hL folgend) oder 249, 250 zitiert? Man zeigt sozusagen an, dass man jetzt gefährliche KV prüft, prüft also 2 in 1 sozusagen und bestraft dann am Ende nur aus 224 und zitiert dann 223 nicht mehr mit? Aber warum dann nicht von vornherein nur 224 zitieren? Ich seh schon, so ganz checke ich es immer noch nicht…:D

MAT

matse

5.2.2025, 00:46:09

Oftmals ist es - wie du schon sagst - so, dass man Grunddelikt und Quali zsm prüft. Dann würdest du oben schreiben: Strafbarkeit aus zB §§ 223; 224. Hier kannst du den § 223 nicht einfach schon "weglassen", weil wir ja feststellen wollen, ob das Grunddelikt vorliegt. Läuft beides durch kommst du zum Ergebnis T hat sich wegen beides (!) strafbar gemacht. Dh im Ergebnis steht Strafbarkeit aus §§ 223; 224 (+). Dann kommt nach deinem Ergebnis die Konkurrenzprüfung, in der du § 223 zurücktreten lässt, sodass du im Endergebnis schreibst T habe sich nach § 224 strafbar gemacht. Nicht immer wird die Konkurrenzprüfung in Lösungsskizzen etc. streng eingehalten, weswegen oftmals nur gesagt wird Strafbarkeit gem. §§ 223; 224 (+). Bzgl deines anderen Punktes: wird das Grunddelikt vollendet und eine Quali versucht bietet sich an die Prüfung auseinanderzuziehen, da eine gleichzeitige Prüfung uU zu verwirrend wird - v.a. weil ja der Grundaufbau ein ganz anderer ist. Hope that helps :)

HockHex

HockHex

5.2.2025, 01:02:48

@[matse](139262) Ja das ergibt sehr viel Sinn, danke! Ich habe eben nochmal in einigen Lösungsskizzen nachgeschaut, da wird - wenn überhaupt (!) - immer 223, 224 zitiert, aber nach kurzer Recherche: definitiv richtig, wie Du das sagst. Scheint also so als ob der*die ein oder andere Klausursteller*in selbst keine Ahnung hat; kein Wunder, dass ich so lange verwirrt war^^

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

11.5.2025, 09:52:35

Hallo @[Yoda](248274), in der Tat ist das bei einem "normalen" Versuch eines nicht erfolgsqualifizierten Delikts grds unproblematisch. MüKoStGB/Hardtung, 4. Aufl 2021 sagt explizit in § 224 Rn 58: "Versuch ist nach Abs. 2 strafbar. Denkbar sind nach der Versuchsdefinition in § 22 alle vier Kombinationen: Nichtverwirklichung sowohl des Grunddelikts als auch der qualifizierenden Begehungsweise; Verwirklichung nur von einem; Verwirklichung von beidem (dann freilich tritt der Versuch hinter der spezielleren Vollendung zurück)." Wichtig ist vor allem, diese Fälle nicht mit den recht prüfungsrelevanten Konstellationen der erfolgsqualifizierten Delikte (zB § 2

27 StGB

) gleichzusetzen, deren genaue rechtliche Handhabung nämlich umstritten ist. @[vivi—](284035): Mit der Aussage wäre ich in der Pauschalität eher zurückhaltend. "Alles" kann man jedenfalls nicht versuchen, weil der Versuch von Vergehen ja teils gar nicht mit Strafe bedroht ist, § 23 I StGB. Natürlich ist das rechtstechnisch trotzdem ein Versuch - er ist nur überhaupt nicht strafbar und juristisch daher irrelevant. Und ja, @[HockHex](261320), @[matse](139262), die Zitierweise ist hier leider nicht immer ganz einheitlich. Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, ist es mE völlig in Ordnung, zunächst iRd Qualifikation "nur" §

224 StGB

zu zitieren und sich erst im Anschluss zu § 223 StGB zu äußern und deren Verhältnis klarzustellen. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

FW

FW

5.2.2025, 20:20:27

Hi, wäre auch eine restriktive Auslegung vertretbar? Gerade wegen dem hohen Strafrahmen von nicht unter 5 Jahren finde ich das ziemlich krass, dass das bloße Entfernen von Rauchmeldern als ein Verhindern oder Erschweren des Löschens angesehen wird. Die Löschung wird ja eigentlich auch nicht erschwert, sondern nur die Entdeckung des Brandes zeitlich verzögert, wobei natürlich im Ergebnis dasselbe bei hinauskommt. Andererseits kann man das aktive Verhindern von Löscharbeiten der Feuerwehr und das Entfernen eines Rauchmelders auch wertungsmäßig nicht ganz vergleichen.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

11.5.2025, 10:24:36

Hallo @[FW](139488), Du hast natürlich völlig Recht, dass die Mindeststrafe des § 306b II StGB hier erheblich ist. Rauchmelder pauschal nicht mit § 306b II Nr 3 StGB zu erfassen, halte ich allerdings für kaum vertretbar und nach meiner kurzen Recherche sind sich hier sowohl Rspr als auch Lit einig wie selten. Zu Deinem Differenzierungsversuch sagst Du ja selbst, dass das iE (und damit eben für den vom StrafR ja maßgeblich bezweckten Rechtsgüterschutz) keinen Unterschied macht. Und ob nicht das heimliche, möglichst unerkannte Erschweren der Löscharbeiten weniger oder nicht gerade mehr bestrafenswert ist als das offene, konfrontative Erschweren, kann man mE ebenfalls diskutieren. Du hast aber in der Sache nicht Unrecht und natürlich dürfen wir hier nicht großzügig zulasten des Täters auslegen. Das können wir aber ganz gut dadurch steuern, dass ja nicht jegliche Erschwernis reicht, sondern eben nur eine "erhebliche" (BGH NStZ-RR 2013, 277, 278). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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