Mehrfache Abtretung

3. Juli 2025

9 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K schuldet V €500 für einen Sessel. V tritt die Forderung an G ab. Eine Woche später tritt sie die Forderung ein zweites Mal an Z ab. Z verlangt von K das Geld. Daraufhin zahlt K an Z. Als G ebenfalls das Geld verlangt, weigert sich K erneut zu zahlen.

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Einordnung des Falls

Mehrfache Abtretung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Da V die Kaufpreisforderung an G abgetreten hat, hat diese einen Anspruch auf Zahlung von €500 nach §§ 433 Abs. 2, 398 BGB erlangt.

Genau, so ist das!

Durch die Abtretung einer Forderung wird der Zessionar neuer Inhaber der Forderung (§ 398 S. 2 BGB). Eine wirksame Abtretung setzt voraus: (1)Einigung zwischen Zedent und Zessionar (Abtretungsvertrag), (2) Bestand der Forderung, (3) Forderungsinhaberschaft des Zedent und (4) Abtretbarkeit der Forderung. V und G haben einen Abtretungsvertrag geschlossen. V war zum Zeitpunkt der Abtretung Inhaber der bestehenden und abtretbaren Kaufpreisforderung gegen K.
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2. Gs Anspruch ist erloschen, als V die Forderung an Z abgetreten hat.

Nein, das trifft nicht zu!

Durch die Abtretung einer Forderung wird der Zessionar neuer Inhaber der Forderung (§ 398 S. 2 BGB). Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass der Zedent Inhaber der Forderung ist. Fehlt es daran, so ist die Abtretung grundsätzlich unwirksam und ein gutgläubiger Wegerwerb ausgeschlossen.Da V die Forderung gegen K bereits an G abgetreten hatte, war V nicht mehr Inhaber der Forderung. Er konnte sie nicht an Z übertragen. G blieb also weiterhin Inhaberin des Anspruchs.Ein gutgläubiger Forderungserwerb ist nur in Fällen möglich, in denen ein Rechtsscheinsträger vorliegt (z.B. § 2366 BGB).

3. Gs Anspruch ist durch die Zahlung der K an Z erloschen, wenn die Voraussetzungen des § 408 BGB vorliegen.

Ja!

Leistet der Schuldner an einen unberechtigten Zweiterwerber einer Forderung und durfte der Schuldner darauf vertrauen, dass dieser Inhaber der Forderung ist, so verweist § 408 Abs. 1 BGB auf § 407 Ab. 1 BGB. Dies hat zur Folge, dass der Ersterwerber sich diese Leistung an den falschen Gläubiger entgegenhalten lassen muss und Erfüllung eintritt (§ 362 Abs. 1 BGB). Berechtigtes Vertrauen liegt vor, wenn der Schuldner von der Erstabtretung keine Kenntnis hat. Für das Vertrauen in die Berechtigung des Zweiterwerbers ist es ferner unerheblich, ob dieser selbst oder der Altgläubiger den Schuldner von der Abtretung informiert.Den §§ 407 ff. BGB ist gemeinsam, dass der Schuldner stets gutgläubig sein muss, also keine positive Kenntnis von der Abtretung haben darf.

4. G kann von K (erneute) Zahlung von €500 verlangen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bewirkt der Schuldner die geschuldete Leistung an den unberechtigten Zweiterwerber einer Forderung ohne von der ersten Abtretung Kenntnis zu haben, so kann er diese Leistung dem berechtigen Ersterwerber entgegenhalten. Der Anspruch ist dann erloschen, soweit die geschuldete Leistung bewirkt wurde (§ 408 Abs. 1, 407 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB).K hatte keine Kenntnis davon, dass V seine Forderung mehrfach abgetreten hat und durfte somit auf Zs Information vertrauen. K hat den Kaufpreis vollständig an Z bewirkt. Damit ist Gs Anspruch ihr gegenüber erloschen (§§ 408 Abs. 1, 407 Abs. 1, 362 Abs. 1 BGB).G kann den Kaufpreis von Z aber nach § 816 Abs. 2 BGB herausverlangen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Klima-Kleber

Klima-Kleber

21.4.2023, 11:46:25

Diese Vertiefungshinweise sind wichtig, danke!

TO

TomBombadil

29.3.2024, 12:42:51

Huhu, wenn ich recht erinnere, wird, nachdem über G gesprochen wurde, ein "sie" verwendet, das sich aber auf V bezieht ("tritt sie (!) ein zweites Mal ab" oder so). Ich hätte fast gedacht, dass G die Forderung "weiterabtritt", zumal ich V jedenfalls männlich gelesen hätte, weshalb "sie" nicht passen würde ... vielleicht kann der Text einmal klargestellt werden.

freepalestine

freepalestine

19.9.2024, 10:47:52

Ich hab es auch so verstanden Bitte ändern

SCHA

Schatzfund

13.3.2025, 13:25:17

Leider wurde der SV noch nicht korrigiert. Der SV ist so leider etwas verwirrend

susiphia

susiphia

3.5.2025, 12:54:24

Gerne ans Schwarmwissen - vielleicht eine blöde Frage, aber für mein Verständnis 😅 Wenn G von Z die 500€ heraus verlangen kann, kann Z sich dann wieder an V wenden und von dem - wie ursprünglich - sein

Geld

fordern?

LMA

Lt. Maverick

5.5.2025, 10:51:39

Z und V haben irgendein Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen. Das könnten eine Schenkung, ein Forderungskauf oder ein

Kaufvertrag

sein, bei dem anstelle der Kaufpreiszahlung durch V z.B. eine

Leistung an Erfüllung statt

(§ 364 I BGB) vereinbart wurde. In allen Fällen

schuld

et V dem Z Erfüllung (§

362 BGB

). Erfüllung setzt aber das Bewirken der Leistung voraus, also ein wirksames

Verfügungsgeschäft

(Abtretung). Da V nicht mehr Forderungsinhaber war, also nicht berechtigt, kann keine wirksame Abtretung über die Forderung des K erfolgen. Dem V ist die Leistung schlichtweg unmöglich geworden (je nach Zeitpunkt der ersten Abtretung entweder anfänglich oder nachträglich), wenn der Z die Forderung nicht an V zurück abtritt bzw. wenn die Forderung zur Zeit der Abtretung an Z ohnehin bereits erloschen ist, weil G sich bereits befriedigt hatte. Es können sich dann

schuld

rechtliche Ansprüche ergeben, wie z.B.

Schadensersatz statt der Leistung

, Herausgabe des Ersatzes (

§ 285 BGB

), da V aus der Abtretung an G womöglich selbst

etwas erlangt

hat (Kaufpreiszahlung aus dem Forderungskauf mit G), Rücktritt wegen nicht vertragsgemäßer Leistung usw.

susiphia

susiphia

14.5.2025, 16:09:27

Vielen lieben Dank für die ausführliche Antwort! ☺️☺️


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