Von Beginn an geplante Rückgabe an den Eigentümer | Täter leugnet fremdes Eigentum


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Klassisches Klausurproblem

T nimmt dem O eine Schallplatte aus seiner Sammlung weg. Er plant dabei von Anfang an, dem O als Ersatz die entsprechende Platte, vorgeblich als aus seiner eigenen Sammlung stammendes Stück, anzubieten. O denkt aus Zerstreutheit, er habe die Platte wohl aus Versehen auf dem Wertstoffhof entsorgt und geht auf das Angebot ein.

Einordnung des Falls

Von Beginn an geplante Rückgabe an den Eigentümer | Täter leugnet fremdes Eigentum

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Zueignungsabsicht setzt den Vorsatz dauerhafter Enteignung voraus. Diesen hat T hier nicht, da er die Schallplatte rückveräußert.

Nein, das ist nicht der Fall!

Enteignung bezeichnet im Rahmen des § 242 Abs. 1 StGB die dauerhafte, faktische Verdrängung des Eigentümers aus seiner Position.Vorliegend soll zwar objektiv die Sachsubstanz von Anfang an wieder an den Täter zurückgeführt werden. Dies soll jedoch nicht in Wiederherstellung der ursprünglichen Eigentumsverhältnisse geschehen. Vielmehr geschieht die Rückveräußerung unter Leugnung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse. O stellt sich die Schallplatte als neue, gleichartige Sache vor. Dies stellt für O hinsichtlich der vermeintlich dauerhaft verlorenen, alten Schallplatte eine endgültige Verdrängung aus seiner Eigentümerstellung dar. Ein Enteignungsvorsatz des T ist daher zu bejahen.

2. Die Absicht zumindest vorübergehender Aneignung ist gegeben.

Ja, in der Tat!

T müsste in der Absicht zumindest vorübergehender Aneignung gehandelt haben. Diese wird definiert als die Absicht zur Einverleibung der Sache in das TätervermögenT hat sich durch das Anbieten der Schallplatte als deren Eigentümer geriert. Dadurch wollte er sich die Schallplatte im Zeitpunkt vor dem Verkauf in sein Vermögen einverleiben. Die Absicht vorübergehender Aneignung liegt vor.

3. Erst im Zeitpunkt der Zueignung, also der Leugnung des Eigentums des O, ist der Diebstahl gemäß § 242 Abs. 1 StGB vollendet.

Nein!

Die Vollendung der Zueignung ist keine Tatbestandsvoraussetzung des Diebstahls. Da Diebstahl ein Delikt mit überschießender Innentendenz ist, kommt es lediglich auf die Zueignungsabsicht im Zeitpunkt der Wegnahme an. Vollendungszeitpunkt ist daher bereits die Wegnahme der Schallplatte.

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BL

Blotgrim

2.11.2022, 23:38:37

Also ich verstehe dass mit der Enteignungsabsicht nicht so ganz. Laut Rengier wird " Mit der Enteignungskomponente die gewollte faktische dauerhafte Verdrängung des Berechtigten (Eigentümers) aus seiner Sachherrschaftsposition erfasst". Hier soll ja der ursprüngliche Eigentümer nicht aus seiner Sachherrschaftsposition verdrängt werden. Zwar wird sie ihm unter falschen Umständen wieder eingeräumt aber das ändert doch nichts daran dass er die Sachherrschaftsposition wiedererlangt. (Rengier stimmt eurer Lösung zwar zu, ich verstehe sie halt nur nicht^^) Lg

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.11.2022, 09:28:27

Hallo Blotgrim, vielen Dank für Deine Rückfrage! Der Kniff an diesem Fall ist der Umstand, dass der Rückkauf der Schallplatte sich für O letztlich wie ein Neukauf der Platte gestaltet. Er muss also die gleichen Geldmittel für die Platte erneut aufwenden. Insofern ist O aus seiner ursprünglichen Eigentümerposition dauerhaft verdrängt, denn er besorgt sich die Platte ja erneut. Für O macht es dabei keinen Unterschied, ob er sich die Platte vom Täter oder einem Plattenladen kauft. In beiden Fällen ist für ihn das ursprüngliche Eigentum nicht mehr existent, die Sachherrschaftsposition dauerhaft verloren. Das Begründen einer neuen Sachherrschaftsposition an der ursprünglichen Sache ändert daran insoweit nichts. Ich hoffe, es wird nun etwas klarer. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

INDUB

indubiolaw

16.1.2023, 18:10:08

Müsste man in einer Klausur hier auch zum Betrug abgrenzen?

Paul

Paul

8.5.2023, 18:48:47

Hallo indubiolaw. Meines Erachtens bedarf es hier keiner Abgrenzung. Die Entwendung der Schallplatte verwirklicht jedenfalls den TB des § 242 StGB vollständig. Dahingehend stellt die letzte Frage auch nochmal klar, dass es auf die subjektive Vorstellung des Täters ankommt und der TB bereits mit der Wegnahme und der zugehörigen Zueignungsabsicht vollendet ist. Im Bezug auf den Rückverkauf könntest du einen Betrug prüfen und diesen bejahen. Im Wege der Konkurrenzen würden der Betrug dann als mitbestrafte Nachtat von dem Diebstahl konsumiert. Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen.

Skra8

Skra8

28.1.2024, 16:26:51

Liebes Jurafuchs-Team, ich glaube, in der ersten Frage dieser Aufgabe ist ein Wortdreher drin. Hier heißt es im Satz 1: 'Vorliegend soll zwar objektiv die Sachsubstanz von Anfang an wieder an den Täter zurückgeführt werden'. Es müsste meiner Meinung nach genau andersherum sein: Nicht dem Täter soll die Sachsubstanz zurückgeführt werden, sondern dem Opfer (hier: O). Löscht gerne den Thread im Anschluss an die Korrektur.

Mi. S.

Mi. S.

29.5.2024, 12:34:47

Ich vermute dies auch :)


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