+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
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Klassisches Klausurproblem
Museumsangestellter A will seinen Chef schädigen. Er hängt ein bedeutendes Ölbild in einen unbewachten Flur und hofft, es werde gestohlen. Als Besucher T die günstige Gelegenheit bemerkt, entwendet er das Bild später in einer Nacht-und-Nebelaktion. Er hängt es zuhause auf.
Einordnung des Falls
Bestimmen als Anstifterhandlung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem T das Bild entwendet hat, hat er sich wegen Diebstahls strafbar gemacht (§ 242 Abs. 1 StGB).
Ja!
Diebstahl setzt voraus, dass der Täter eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen (§ 242 Abs. 1 StGB).Das Bild stand nicht im Alleineigentum des T und war auch nicht herrenlos, somit war es für T fremd. Wegnahme ist der Bruch fremden Gewahrsams und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Indem T das Bild entwendet und mit nach Hause genommen hat, hat er den Gewahrsam des Museumsdirektors gegen dessen Willen aufgehoben und neuen Gewahrsam am Bild begründet. Zueignungsabsicht bezeichnet die Absicht zumindest vorübergehender Aneignung sowie den Vorsatz dauerhafter Enteignung. T hatte zielgerichteten Willen, sich das Bild anzueignen und wollte den Museumsdirektor auch dauerhaft enteignen. Er handelte auch rechtswidrig und schuldhaft.
2. A könnte sich wegen Anstiftung zum Diebstahl (§§ 242 Abs. 1, 26 StGB) strafbar gemacht haben. Eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat liegt vor.
Genau, so ist das!
Ist ein Beteiligter an einer Straftat nicht als „lenkende Zentralgestalt“ und damit als Täter iSd § 25 StGB anzusehen, kommt eine Bestrafung als Teilnehmer (Anstiftung und Beihilfe. §§ 26, 27 StGB) in Betracht. Strafbar ist gem. §§ 26, 27 StGB aber nur derjenige, der sich an einer vorsätzlich begangenen, rechtswidrigen Haupttat beteiligt. Schuldhaft muss diese Tat indes nicht begangen worden sein (Grundsatz der limitierten Akzessorietät).Der von T vorsätzlich begangene, rechtswidrige Diebstahl ist eine taugliche Haupttat.
3. A müsste T zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat „bestimmt“ haben (§ 26 StGB).
Ja, in der Tat!
Anstifter ist, wer einen anderen vorsätzlich zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt (§ 26 StGB). Bestimmen zur Tat meint nach Definitionen der Rspr. das Hervorrufen des Tatentschlusses durch eine hierfür ursächliche Handlung. Was dies genau bedeutet, ist umstritten.
4. Teilweise wird vertreten, es reiche bloße Verursachung des fremden Tatentschlusses (sog. „Verursachungstheorie“) für das Bestimmen aus. Dafür genüge das Schaffen objektiver Tatanreize.
Ja!
Hiernach hätte A, indem er das Bild in den unbewachten Flur gehängt und so eine zur Tat reizende Sachlage geschaffen hat, den T zur Diebstahlstat bestimmt. Gegen diese weite Ansicht ist einzuwenden, dass das Gesetz den Anstifter gleich einem Täter bestraft und somit davon ausgeht, dass die Verhaltensweisen im Unrechtsgehalt eine Vergleichbarkeit aufweisen. Auch wenn der Anstifter keine Tatherrschaft hat, ist vor diesem Hintergrund vorauszusetzen, dass der Anstifter jedenfalls einen erheblichen Beitrag zur Entschlussfassung des Haupttäters leistet.
5. Nach der Kommunikationstheorie (h.L.) muss zur objektiven Verursachung ein zumindest konkludenter Akt der Kommunikation zwischen Täter und Anstifter stattgefunden haben.
Genau, so ist das!
Erforderlich ist danach eine Willensbeeinflussung im Wege eines offenen geistigen Kontaktes.T und A haben weder ausdrücklich, noch schlüssig miteinander kommuniziert. Hiernach wäre ein Bestimmen zu verneinen.
6. Die Unrechtspakttheorie verlangt einschränkend, dass zwischen den Beteiligten ein Unrechtspakt im Sinne eines kollusiven Zusammenwirkens existiert.
Ja, in der Tat!
Im Rahmen des Unrechtspaktes müsse der Anstifter dem Angestifteten das Versprechen der Tatausführung abnehmen und der Angestiftete sich dem Anstifter unterordnen.T und A haben nicht kollusiv zusammengewirkt.Gegen diese Ansicht ist einzuwenden, dass sie zu restriktiv ist und die Grenzen zwischen Anstiftung und Mittäterschaft verwischt.