Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Stellvertretung

Fall zum Tod des Auftraggebers und zur Fiktion des Fortbestehens, § 674 BGB

Fall zum Tod des Auftraggebers und zur Fiktion des Fortbestehens, § 674 BGB

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Rentnerin R bittet ihre Nachbarin N, eine Pflegeperson für sie einzustellen und erteilt ihr eine entsprechende Vollmacht. Kurz darauf verstirbt R. Weil N hiervon nichts mitbekommen hat, stellt sie Pfleger P in Rs Namen ein.

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Einordnung des Falls

Fall zum Tod des Auftraggebers und zur Fiktion des Fortbestehens, § 674 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vollmacht, die R der N erteilt hat, ist durch Rs Tod erloschen.

Genau, so ist das!

Nach § 168 S. 1 BGB bestimmt sich das Erlöschen der Vollmacht nach dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (Grundverhältnis). Ohne ausdrückliche Regelung erlischt sie im Zweifel zusammen mit dem Grundverhältnis. Ob ein Auftrag durch den Tod des Auftraggebers erlischt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Nur im Zweifel ist gemäß § 672 S. 1 BGB vom Fortbestehen auszugehen. Eine Auslegung des Auftrags, den R der N erteilt hat, ergibt, dass dieser nur bestehen soll, solange die R noch lebt, denn danach ist die Einstellung eines Pflegers nicht mehr notwendig. Mit dem Auftrag ist auch die dazugehörige Vollmacht erloschen.
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2. Für N galten der Auftrag und die dazugehörige Vollmacht zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit P als fortbestehend.

Ja, in der Tat!

Erlischt der Auftrag in anderer Weise als durch Widerruf, so gilt er zugunsten des Beauftragten gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntnis erlangt oder das Erlöschen kennen muss (§ 674 BGB). Da sich das Erlöschen der Vollmacht gemäß § 168 S. 1 BGB nach dem Grundverhältnis richtet, gilt damit auch die erloschene Vollmacht als fortbestehend. Der Auftrag und die dazugehörige Vollmacht sind durch den Tod von R erloschen. Sie galten jedoch im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen N und P als fortbestehend, da N zu diesem Zeitpunkt nichts vom Tod der R wusste. Für den Beauftragten bedeutet dies, dass er trotz des Erlöschens der Vollmacht Ansprüche aus dem Auftragsverhältnis gegen den Auftraggeber geltend machen kann.

3. Der Vertrag, den N in Rs Namen geschlossen hat, ist wirksam und wirkt für und gegen die Erben von R (§ 1922 Abs. 1 BGB).

Ja!

Soweit nach § 674 BGB oder § 729 BGB a.F. (seit 01.01.2024: § 736b Abs. 2 BGB n.F.) die erloschene Vollmacht eines Beauftragten oder eines geschäftsführenden Gesellschafters als fortbestehend gilt, wirkt sie nicht zugunsten eines Dritten, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Erlöschen kennt oder kennen muss (§ 169 BGB). Sie wirkt jedoch zugunsten eines gutgläubigen Dritten. Da P zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit N nichts vom Tod der R und damit vom Erlöschen der Vollmacht wusste, wirkt die Vollmacht zu seinen Gunsten fort. Zwischen ihm und den Erben von R ist ein wirksamer Vertrag zustande gekommen. Weiß der Vertreter dagegen vom Erlöschen, so finden die §§ 177, 179 BGB Anwendung.

4. Auch wenn der Vertragspartner bösgläubig im Sinne des § 169 BGB ist, scheidet eine Haftung nach § 179 BGB gegen den Vertreter aus.

Genau, so ist das!

Wer als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht nachweist, dem anderen Teil nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert (§ 179 Abs. 1 BGB). Der Vertreter haftet nicht, wenn der andere Teil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen musste (§ 179 Abs. 3 S. 1 BGB). Wenn der Vertragspartner nach § 169 BGB das Erlöschen der Vollmacht kennt oder kennen muss, kennt er zugleich den Mangel der Vertretungsmacht nach § 179 Abs. 3 S.1 BGB. Eine Haftung des Vertreters nach § 179 BGB scheidet daher aus.
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