§ 170 BGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S arbeitet in einem Möbelhaus. Die Inhaberin M hat ihn gegenüber den verschiedenen Lieferanten zum selbstständigen Wareneinkauf bevollmächtigt. Da S jedoch unzuverlässig ist, sagt M zu ihm, dass er von nun an nur noch als Kassierer arbeiten und keine Bestellungen mehr vornehmen wird und verlangt die Vollmachtsurkunde zurück.
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Einordnung des Falls
§ 170 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. S hatte zunächst Vertretungsmacht in Bezug auf den Wareneinkauf bei M.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. M hat die Vollmacht des S wirksam widerrufen.
Ja, in der Tat!
3. S kann weiterhin Möbelbestellungen bei den Lieferanten tätigen, die für und gegen M wirken.
Ja!
4. Erst wenn M den einzelnen Lieferanten mitgeteilt hat, dass sie die Vollmacht gegenüber S widerrufen hat, entfällt die Vertretungsmacht des S.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
DGR
13.1.2022, 22:53:43
Aber hier wurde die Vertretungsmacht doch gar nicht von der Vertretenen einem Dritten mitgeteilt, zumindest ist dazu keine Angabe im Sachverhalt, wieso muss sie das Erlöschen der Vollmacht, dann trotzdem gegenüber den Lieferanten anzeigen?
Lukas_Mengestu
14.1.2022, 10:18:49
Hallo Senpai, vielen Dank für Deine Nachfrage. Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass sie "gegenüber den verschiedenen Lieferanten" die Bevollmächtigung ausgesprochen hat. Hätte sie diese dagegen nur gegenüber S erteilt, so käme gegenüber den Lieferanten in der Tat nur eine Anscheins- oder
Duldungsvollmachtin Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Kind als Schaden
28.4.2024, 23:16:04
Ich bin tatsächlich auch darauf reingefallen. Der Satz ist doppeldeutig, da nicht klar ist, ob "gegenüber" wörtlich zu nehmen ist, oder ob gegenüber nur heißt "in diesem Verhältnis von Vertreter und Dritten".
ÖA
25.5.2024, 19:16:05
Ich finde das auch etwas missverständlich formuliert. Eine Anpassung wäre wünschenswert.
Reus04
26.3.2023, 22:27:38
Hat die M denn einen Schadensersatzanspruch gegen S? Immerhin wurde S im Innenverhältnis ja mitgeteilt, dass er keine Vertretungsmacht hat.
Bubbles
13.11.2023, 13:25:13
Da zwischen S und M ein Arbeitsvertrag besteht, dürfte M einen Anspruch aus § 280 I haben.
QuiGonTim
2.11.2024, 11:49:48
Warum wurde in der letzten Antwort auch § 173 BGB zitiert? Schon aus § 170 BGB ergibt sich doch, dass die Vollmacht ihre Wirksamkeit verliert, wenn der Vollmachtsgeber dem Dritten das Erlöschen anzeigt.
benjaminmeister
16.11.2024, 17:33:45
Der Dritte kann aber auch Kenntnis erlangen (oder Kenntnis erlangen müssen bei Fahrlässigkeit), ohne das ihm der Widerruf durch den Vertretenen angezeigt wird (durch einen weiteren Unbeteiligten Dritten zum Beispiel, der "gehört hat, dass der Vertreter jetzt keine Vertretungsmacht mehr hat und dies dann dem Dritten erzählt).
benjaminmeister
16.11.2024, 17:41:28
Ich finde, bei den Fragen ist teilweise die Terminologie ungenau und verwirrend bzw. wird nicht berücksichtigt, dass es mehrere Ansichten gibt. Gerade die letzte Frage erweckt den Eindruck, dass die ursprünglich erteilte Vollmacht solange nicht erlischt, bis der Widerruf dem Dritten angezeigt wird oder dieser Kenntnis erlangt oder hätte erlangen müssen. Das ist aber strittig, nach der h.M. erlischt die Vollmacht direkt auch ohne weitere Anzeige an den Dritten. § 170 BGB sorgt nur dafür, dass der Vertretene sich so behandeln lassen muss, als ob die widerrufene Vollmacht noch bestehen würde. Genau genommen besteht sie aber nicht mehr, sondern nur noch der Rechtsschein. Vergleiche dazu Bitter, BGB AT, § 10 Rn. 139: "Die Rechtsfolge des § 170 BGB besteht nach h. M. darin, dass sich der Vertretene dem Dritten gegenüber nicht auf das Erlöschen der Vollmacht berufen kann. Er muss sich so behandeln lassen, als ob die Vollmacht noch fortbestehen würde."