Strafrecht
BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.
Sachbeschädigung (§ 303 StGB)
Sachbeschädigung durch Plakatieren
Sachbeschädigung durch Plakatieren
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Um das Stadtbild zu verschönern, beschließt T, triste Flächen mit bunten Plakaten zu bekleben. Sein erstes Ziel ist ein Verteilerkasten der Deutschen Post AG. Kurz darauf wird Polizist P auf den Verteilerkasten aufmerksam und entfernt das Plakat ohne Rückstände.
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Einordnung des Falls
Sachbeschädigung durch Plakatieren
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der Verteilerkasten ist eine für T fremde Sache (§ 303 StGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Durch das Plakatieren hat T den Verteilerkasten zerstört (§ 303 Abs. 1 StGB).
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Durch das Plakatieren hat T den Verteilerkasten beschädigt (§ 303 Abs. 1 StGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. Durch das Plakatieren hat T das Erscheinungsbild des Verteilerkastens nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert (§ 303 Abs. 2 StGB).
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊LEXDEROGANS
20.1.2020, 22:47:16
Interessant wäre noch, das Verhalten von P rechtlich einzuordnen (Erlaubnistatbestände) sowie die zivilrechtl. Konsequenzen für T zu nennen...
Henk
2.3.2020, 11:35:46
Ja wäre es. Ich würde an 823 I (Eigentum - speziell Nutzungsrecht) denken und in Richtung Kommerzialisierung als Werbefläche (im Rahmen des Schadens) denken. Leider hat die Post es nicht selber als Werbefläche benutzt, so dass fraglich ist, ob ein Schaden entstanden ist. Beim Vorsatz könnte man darauf eingehen, ob P wissen musste, dass er Werbeflächen mieten müsste, oder ob er davon ausging, dass das Plakatieren erlaubt ist (17 I beachten) (wohl wenig vertretbar). Ein Erlaubnistatbestand+ETBI würde ich wohl ablehnen, da er die Tatsache (Verteilerkasten der Post) erkannte. Vielmehr wären wir im Bereich des 17 I. Der Schwerpunkt ist mE eher der Schaden.
Johnny
23.5.2020, 10:27:05
P ist der Polizist. Erlaubnistatbestände bzgl. des Abnehmens des Plakats (ggf 303I StGB) ergeben sich aus den Polizeigesetzen der Länder, da er hier zur Gefahrenabwehr bzw. zum Schutz privater Rechte tätig wird. In den meisten Fällen würde man hier wohl eine atypische Maßnahme gestützt auf eine Generalklausel zu Grunde legen. Eine Sicherstellung wäre auch denkbar, aber da es primär um das Entfernen und nicht um das Verwahren des Plakates geht, eher fernliegend. Adressat der Maßnahme ist T als Verhaltensstörer.
Vojtech
5.1.2022, 16:21:26
Vielleicht könnte man hier auch an § 304 StGB denken. Ein Briefkasten der DP kann man wohl als „Gegenstand, welcher zum öffentlichen Nutzen“ dient, einordnen. Wie das bei einem Verteilerkasten ist, weiß ich leider nicht. Wenn man es aber bejaht, tritt § 303 bei Vorliegen aller Tatbestandsvoraussetzungen hinter § 304 StGB zurück.
Lukas_Mengestu
6.1.2022, 10:33:36
Hallo Vojtech, guter Gedanke! Gegenstände, die dem öffentlichen Nutzen dienen, sind Sachen, die dem Publikum unmittelbaren Nutzen bringen. Da hierzu auch Wasserleitungen und Windenergieanlagen gezählt werden (vgl. Zaczyk, in: NK-StGB, 5.A. 2017, § 304 RdNr. 11), spricht viel dafür auch Verteilerkästen, die dazu dienen Telefon- und DSL-Leitungen zu den Kunden zu führen, dem Schutz zu unterstellen. Das Verhältnis zwischen § 303 und § 304 StGB ist indes umstritten. Vertreten wird hier sowohl
Gesetzeskonkurrenzals auch Tateinheit (vgl. mWN Fischer, StGB, § 304 RdNr. 17; Hecker, in Sch/Sch, StGB, 30.A. 2019, § 304 RdNr. 17). Hier wäre aber auch § 304 StGB bereits tatbestandlich abzulehnen, da es auch hierfür an einer Beschädigung fehlt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team