Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten

Grundfall Nebenbestimmungen bei Ermessensentscheidungen

Grundfall Nebenbestimmungen bei Ermessensentscheidungen

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A beantragt eine Sondergenehmigung für ein Straßenfest bei der zuständigen Behörde (B). B genehmigt den Antrag unter der Maßgabe, dass A während des Straßenfests zehn mobile Toiletten im räumlichen Umfeld des Straßenfests aufstellt.

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Einordnung des Falls

Grundfall Nebenbestimmungen bei Ermessensentscheidungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Erlass von Nebenbestimmungen bei Ermessensentscheidungen richtet sich nach § 36 Abs. 1 VwVfG.

Nein!

§ 36 Abs. 1 VwVfG regelt die Zulässigkeit von Nebenbestimmungen bei gebundenen Entscheidungen. Für Ermessensentscheidungen gilt § 36 Abs. 2 VwVfG. Danach können Nebenbestimmungen nach pflichtgemäßen Ermessen erlassen werden. Des weiteren enthält § 36 Abs. 2 VwVfG die Legaldefinitionen der einzelnen Nebenbestimmungen: Befristung, Bedingung, Widerrufsvorbehalt, Auflage und Auflagenvorbehalt. Der Streit darum, ob die Aufzählung der Nebenbestimmungen in § 36 Abs. 2 VwVfG abschließend ist, ist von geringer Bedeutung, da kaum andere Nebenbestimmungen denkbar sind.
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2. Wenn eine Regelung einer Art von Nebenbestimmungen aus § 36 Abs. 2 VwVfG entspricht, muss diese nicht mehr von Inhaltsbestimmungen abgegrenzt werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nebenbestimmungen müssen zunächst immer von Inhaltsbestimmungen abgegrenzt werden. Eine Nebenbestimmung liegt vor, wenn die Behörde den Kern des ursprünglichen Begehrens unberührt lässt und nur eine zusätzliche Regelung trifft. Eine Inhaltsbestimmung liegt vor, wenn die Behörde durch den Zusatz die Reichweite des beantragten Verwaltungsakts definiert. Wenn die Hauptregelung ohne den Zusatz eine sinnvolle Regelung ist, handelt es sich um eine Nebenbestimmung. Es kann helfen, die Regelung (gedanklich) einer Legaldefinition aus § 36 Abs. 2 VwVfG zuzuordnen. Dies reicht aber nicht aus, um zu begründen, warum eine Neben- und keine Inhaltsbestimmung vorliegt.

3. Die Maßgabe der Behörde über die Aufstellung von Toiletten im Zusammenhang mit dem Straßenfest ist eine Inhaltsbestimmung.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Inhaltsbestimmung liegt vor, wenn die Behörde durch den Zusatz die Reichweite des beantragten Verwaltungsakts definiert Kann der Hauptverwaltungsakt auch ohne die zusätzliche Regelung sinnvoll bestehen bleiben, liegt eine Nebenbestimmung vor. Die Hauptregelung - die straßenrechtliche Sondergenehmigung für ein Straßenfest - kann aus Sicht des Empfängerhorizonts ohne die Maßgabe über die Aufstellung von Toiletten sinnvoll bestehen bleiben. Es handelt sich folglich um eine Nebenbestimmung, nicht um eine Inhaltsbestimmung.

4. Die Nebenbestimmung über die Aufstellung von Toiletten im Zusammenhang des Straßenfests ist eine Auflage.

Ja!

Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG). Die zusätzliche Regelung zur Aufstellung von Toiletten (= Nebenbestimmung) verlangt von A, dass sie Toiletten beschafft und aufstellt. Die Begünstigung ist damit an ein Tun der A geknüpft. Es liegt eine Nebenbestimmung in Form einer Auflage vor. Nebenbestimmungen sollten möglichst einem Typ aus § 36 Abs. 2 VwVfG zugeordnet werden. Wenn eine klare Entscheidung nicht möglich ist, kann man dies aufzeigen und die Entscheidung im Ergebnis offen lassen, da es in den meisten Fällen nicht auf die konkrete Einordnung der Nebenbestimmung ankommt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Veterator

Veterator

29.6.2021, 23:41:37

Liebes Jurafuchs-Team, die Klausurhinweise finde ich sehr gelungen. Nicht nur, um zu wissen wo oder wie man das in der Klausur unterbringt, sondern auch für die gedankliche Einordnung und so fürs Verstehen. Gern mehr davon. :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

30.6.2021, 13:35:51

Besten Dank, Veterator. Wir sind dabei das noch weiter auszubauen. Solltest Du einmal Ideen für einen entsprechenden Hinweis haben, dann schreib uns gerne einen entsprechenden Kommentar zu dem jeweiligen Fall ☺️ Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

S.

s.t.

24.8.2021, 18:52:07

Hi, iwie versteh ich hier nicht, wie dieser Fall gleichzeitig eine

Nebenbestimmung

oder

Inhaltsbestimmung

sein kann?Bin etwas verwirrt...

Linne_Karlotta

Linne_Karlotta

31.8.2021, 14:59:21

Hallo s.t., vielen Dank für Deine Frage. Die Regelung über die Toiletten ist eine

Nebenbestimmung

. Denn aus Sicht der A kann die Genehmigung (Hauptregelung) sinnvoll ohne die zusätzliche Maßgabe über die Toiletten bestehen. Dass A Toiletten aufstellen muss, tritt zusätzlich zur Genehmigung als Auflage (36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG) hinzu. Das geht m.E. auch so aus der Aufgabe hervor. Ich hoffe, ich konnte Dir weiterhelfen. Ansonsten sage mir gerne nochmal, was genau dich verwirrt hat. Beste Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team

FI

finnjh

14.4.2024, 21:15:36

Hallo liebes Jurafuchs-Team, vielen Dank für die gute Aufbereitung in dieser Lektion! Eine kleine Anmerkung zu dem Fall habe ich: Aus meinem Verständnis geht aus dem Sachverhalt nicht eindeutig hervor, dass es sich hier um eine Auflage in Abgrenzung zur Bedingung handeln soll. Die

Behörde

erteilt die Sondernutzungserlaubnis "mit der Maßgabe". Das könnte auch so verstanden werden, dass sie gerade die Erteilung der Erlaubnis hiervon abhängig machen möchte, oder nicht? Vielleicht könnte der Sachverhalt noch ein klein wenig geschärft werden, sodass die Beantwortung der letzten Frage klarer erfolgen kann? Liebe Grüße, Finn

LELEE

Leo Lee

15.4.2024, 12:42:23

Hallo finnjh, vielen Dank für die sehr gute Frage und die lieben Worte, die uns immer weiter antreiben, mehr solcher tollen Fälle zu konzipieren! Zu deiner Frage: In der Tat könnte man meinen, aus dem Fall gehe nicht klar genug hervor, dass es sich um eine Auflage handelt, allen voran eingedenk der Worte „mit der Maßgabe“. Beachte jedoch auch, dass bei dieser Aufgabe nach „mit der Maßgabe“ das Tun des A angesprochen wird (also dass er es tun soll, mobile Toiletten zu installieren), im Vergleich zum nächsten Fall, wo nach „mit der Maßgabe“ eine zeitliche Befristung (also etwas was ohne ein Tun eintritt) folgt :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo


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