Zivilrecht
Sachenrecht
Rechtsgeschäftlicher Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB
Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB
30. April 2025
39 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Dieb D stiehlt den PKW des E. Versicherung V verlangt von E im Gegenzug für die Schadensregulierung die Übertragung des Eigentums an dem PKW. E und V einigen sich über den Eigentumsübergang.
Diesen Fall lösen 82,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Übereignung nach §§ 929 S. 1, 931 BGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E kann V Eigentum am PKW verschaffen nach § 929 S. 1 BGB.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. E kann V Eigentum verschaffen, ohne den PKW zu übergeben, wenn er ihm einen Herausgabeanspruch gegen den Besitzer (D) abtritt (§§ 929 S. 1, 931 BGB).
3. E hat gegen D einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB.
Genau, so ist das!
4. E kann seinen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB an V abtreten (§ 398 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
5. E hat gegen D zudem einen Herausgabeanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB.
Ja!
6. Wenn E der V seinen Herausgabeanspruch gegen D (§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1 BGB) abtritt und E und V sich über den Eigentumsübergang einig sind, erwirbt V Eigentum am PKW (§§ 929 S. 1, 931 BGB)
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
iustus
28.11.2020, 10:37:50
Kann man iSv 929 S1 nicht auch mittelbaren Besitz „übergeben“?
Carl
11.12.2020, 16:12:54

Lukas_Mengestu
15.3.2021, 15:34:13
Danke iustus für die Nachfrage. In der Tat kann eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB nach der hM auch dadurch erfolgen, dass der
Besitzmittlerdes Veräußers zum
Besitzmittlerdes Erwerbers wird. Da in diesen Fällen das gesamte
Besitzmittlungsverhältnisübergeht und nicht nur der Herausgabeanspruch abgetreten wird findet insoweit § 9
31 BGBkeine Anwendung. Vorliegend liegt zwischen D und E aber - wie Carl zurecht einwendet - kein
Besitzmittlungsverhältnisvor. Insbesondere fehlt es an einem entsprechenden Besitzmittlungswillen des D, der sich den Wagen ja gerade selbst aneignen möchte. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

frausummer
12.3.2021, 21:37:09
Müsste bei der Frage nach 823, 249 nicht auch 992 mit zitiert werden? Sobald ein EBV vorliegt, geht nur 823 doch nicht mehr, oder?

Lukas_Mengestu
15.3.2021, 15:45:33
Danke Dir, für Deine Rückfrage! Bei der Prüfung des EBV ist indes sorgfältig zu prüfen, an welchen Zeitpunkt man anknüpft. Die
Vindikationslagemuss bereits zu dem Zeitpunkt bestehen, in welchem der anspruchsbegründende Umstand eingetreten ist. Daran fehlt es hier. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist dDie deliktische Handlung des D in Form der Entziehung des Eigentums und des Besitzes des E am PKW. Diese erfolgte zu einem Zeitpunkt zu dem D noch gar kein Besitzer war. Damit fehlt es an der notwendigen Voraussetzung des EBV. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ri
20.7.2021, 02:26:21
Könntest du das nochmal erklären, irgendwie verstehe ich das nicht. Was ist der Anspruchsbegründende Umstand? Würde man keine
Vindikationslageannehmen, wäre ja auch ein Anspruch aus 985 Bgb ausgeschlossen, das leuchtet mir irgendwie nicht ein.

Lukas_Mengestu
20.7.2021, 10:16:49
Hi Ri, du hast natürlich recht, dass im Ergebnis hier eine
Vindikationslagevorliegt. Durch die inbesitzbahme des Autos verdrängt D den E aus seiner Besitzposition, d.h. im Anschluss an den Diebstahl liegen die Voraussetzungen der Vindikation vor. ZUM ZEITPUNKT des Diebstahls ist E aber sowohl Eigentümer, als auch Besitzer. Das heißt in diesem Zeitpunkt fehlt es gerade an dem EBV. Im Hinblick auf die deliktische
Besitzentziehungkommt §
992 BGBalso noch nicht zum Zug. Beschädigt D dagegen im weiteren Verlauf das Auto, so liegt zu diesem Zeitpunkt das EBV vor und §
992 BGBist anwendbar. Ist es nun ein wenig klarer geworden? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

ri
21.7.2021, 13:26:34
Ok, vielen Dank für die Antwort. Ich muss also genau auf die Zeitpunkte achten.

Dave K. 🦊
7.6.2021, 23:35:48

Lukas_Mengestu
25.11.2021, 12:53:30
Hallo Dave, vielen Dank für die Nachfrage. Grundsätzlich genügt jeder abtretbare Anspruch, der seinem Inhaber "das Recht gewährt, die Sache in Besitz zu nehmen und in seine
Verfügungsgewaltzu bringen und dessen
Abtretungdem
Zessionardie Ausübung des gleichen Rechts ermöglicht". Der Rechtsgrund ist dabei egal. Auch die
Abtretungeines Anspruch aus
Nichtleistungskondiktionist im Rahmen von § 9
31 BGBalso möglich (vgl. Klinck, in: BeckOGK-BGB, 1.10.2021, § 931 RdNr. 17). Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team
ANY
28.11.2021, 11:52:25
Müsste E dann nicht beide Ansprüche abtreten, um seinen Besitz vollständig aufzugeben?
ANY
28.11.2021, 11:58:19
Also Besitz hat E nach dem Diebstahl natürlich zunächst keinen mehr, aber wie wird verhindert, dass die Herausgabeansprüche auseinanderfallen ?
Schrobl
13.6.2023, 23:26:41
Ich wäre auch für eine Antwort dankbar :)

Johannes Nebe
22.4.2022, 18:28:56
Ich habe noch eine (wie ich hoffe) andere Frage. Hätte die Eigentumsübertragung gem. §§ 929 S. 1, 931 nicht ausgereicht? Die
Abtretungdes Anspruchs aus § 823 ist sinnvoll, aber doch nicht notwendig, oder?

Lukas_Mengestu
25.4.2022, 11:26:16
Vielen Dank für die Nachfrage, Johannes. Die
Abtretungdes Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB ist hier notwendiger Teil des Erwerbsvorgangs nach §§ 929 S. 1, 9
31 BGB. "Normalerweise" erfolgt die
Übereignungbeweglicher Sachen ja durch die Übergabe der Sache (§ 929 S. 1 BGB). Dies war E hier nicht möglich, er war ja nicht im Besitz des Autos. Anstelle der Übergabe genügt aber auch die
Abtretungeines Herausgabeanspruches um einen Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 9
31 BGBdurchzuführen. Dies ist vorliegend durch die
Abtretungdes Herausgabeanspruches aus § 823 Abs. 1 BGB erfolgt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe
25.4.2022, 15:36:16
Jetzt verstehe ich. Wir brauchen für die
Abtretungnach § 931 einen Anspruch, und das darf nicht § 985 sein, weil er nicht abgetreten werden kann.

eichhörnchen II
3.7.2023, 14:06:58
Danach geht aber auch der Anspruch aus 985 an die V über, oder?
hannabuma
5.2.2024, 14:48:47
Sobald V Eigentümerin wird, entsteht für sie der Anspruch aus § 985 BGB. Ich weiß allerdings nicht ob man es als „Übergang“ formulieren sollte, da der Anspruch aus § 985 BGB nicht abtretbar ist und immer neu entsteht bei Wechsel des Eigentümers.

sy
24.2.2025, 15:17:58
es ist doch im Endeffekt das selbe erzielt worden,wie wenn 985 abgetreten worden wäre, oder habe ich gerade hier Not am Mann und übersehe eine ganz deutliche Wertung?
Dini2010
15.3.2025, 18:10:00
@ sy: Damit § 985 neu entstehen kann, braucht es doch aber erst einen anderen, abtretbaren Anspruch. Sonst geht das Eigentum ja gar nicht auf V über und der § 985 würde dann auch nicht neu entstehen bei ihr
Blotgrim
19.3.2025, 11:00:26
Genau, das Ergebnis ist zwar grundsätzlich gleich, da im Ende beim neuen Eigentümer ein Anspruch aus § 985 besteht, wie aber schon von @[Dini2010](109777) angesprochen liegt der Teufel im Detail. Gesetzt das Szenario, wir hätten kein Anspruch aus § 823 Abs.1 oder Abs.2 und auch sonst keinen anderen Herausgabeanspruch außer den aus § 985, dann könnte man nach der h.M. kein Eigentum über § 929 S.1,931 erwerben, da man den § 985 nach dieser Ansicht eben nicht abtreten kann. Haben wir einen anderen Herausgabeanspruch geht das Eigentum erst über und dann entsteht ein Anspruch aus § 985 neu. Also kurzum, ja es wäre das gleiche, aber der Anspruch aus § 985 kann eben nicht übertragen werden.
StellaChiara
19.7.2023, 12:32:35
steht hier § 935 BGB dem Eigentumsübergang nicht entgegen? oder gilt das nie im Verhältnis zum Eigentümer sondern nur zu dem, der die Sache klaut und weitergibt?
evanici
14.9.2023, 16:32:48
Wird dann aus denselben Gründen, warum man eine
Abtretungvon § 985 verneint, dann bei § 823 I auf den berechtigten Besitz und gerade nicht das Eigentum abgestellt? Soweit ich das richtig verstanden habe, wäre ja auch unzweifelhaft eine
Eigentumsverletzunggegeben ("PKW des E"), zumal die
Vindikationslagebereits bejaht wurde, oder? Könnte man im Übrigen dann nicht auch auf die
besitzrechtlichen Herausgabeansprüche für die
Abtretungabstellen (z.B. §§ 1007 I, II), die würden ja auch nicht auf das Eigentum abstellen...
Leo Lee
16.9.2023, 17:50:03
Hallo evanici, genauso ist es. Weil das Eigentum (und die Verletzung dessen) an sich nicht abgetreten werden kann, werden nur die Ansprüche hieraus (also Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes) abgetreten. Auch deine zweite Frage ist richtig: Man kann auch § 1007 und 861 f. abtreten, da diese possessorischen Ansprüche sind und an den Besitz anknüpfen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Vanilla Latte
28.9.2023, 23:06:10
Welche Ansprüche gegen D könnte E noch auf Herausgabe haben?
Leo Lee
30.9.2023, 13:34:57
Hallo Vanilla Latte, es kommen noch die Ansprüche gem. § 861 I BGB und § 1007 I BGB in Betracht :). Liebe Grüße - fü r das Jurafuchsteam - Leo
okalinkk
21.2.2025, 15:26:03
861 und 1007 wären doch als dinglicher Ansprüche ebenfalls nicht abtretbar oder?
Vincent
6.6.2024, 09:47:18
Ist missverständlich, da nicht ganz klar ist, ob eine
Abtretungdes Hrsg Anspruchs an die V (damit keine Eigentümerstellung des E?) bereits erfolgt ist.
Blotgrim
22.7.2024, 11:48:32
Naja laut Sachverhalt einigt man sich über den Eigentumsübergang, da hierfür auch die
Abtretungdes Herausgabeanspruchs erforderlich ist, kann man in der Einigung zumindest konkludent auch eine Einigung über die
Abtretungsehen, solange keine anderen Anhaltspunkte dagegen sprechen. Würde ich zumindest so sehen 😅

Katiesa
6.1.2025, 08:39:21
Liebe Community / Jura-Fuchs Team, ich habe beim Lernen mehrmals gelesen, dass § 985 grundsätzlich, wie auch hier im Fall, nicht als Herausgabeanspruch i.S.d. §§ 929, 931 genügt. Wenn aber kein anderer abtretbarer Anspruch vorliegt, wäre die
Abtretungeines Anspruchs entbehrlich und die Einigung sei ausreichend, weil § 985 dann auf den Erwerber übergeht und so eben nicht abgetreten wird. Wie seht ihr das?
Ray
29.1.2025, 09:01:17
Grds. bestehen Bedenken bei der
Abtretungeines Herausgabeanspruches nach § 985 BGB, aufgrund der der engen Verbindung zum Eigentum. Kann aber nicht ausnahmsweise, wenn dem Eigentümer gegen den Besitzer keine anderen Herausgabeansprüche zustehen, die bloße Einigung für den Eigentumserwerb ausreichen ? Und wenn ja, was ist die Begründung ?