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Einziehungsklage

Zustellung nach §§ 835 Abs. 3, §§ 829 Abs. 2, 3 ZPO

Zustellung nach §§ 835 Abs. 3, §§ 829 Abs. 2, 3 ZPO

13. Juli 2025

5 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Mitbewohner G, S und D haben Streit. G vollstreckt aus einem Titel über €600 gegen S, weil S Gs Fahrrad kaputtgemacht hat und nicht zahlt. D schuldet S €600. G pfändet diese Forderung zur Einziehung. Bei Zustellung ist nur S zuhause. S gibt D den Beschluss. D zahlt nicht.

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Einordnung des Falls

Zustellung nach §§ 835 Abs. 3, §§ 829 Abs. 2, 3 ZPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Um seine Forderung durchzusetzen kann G Einziehungsklage gegen D erheben auf Zahlung von €600.

Ja!

Die Einziehungsklage (auch sogenannte Drittschuldnerklage) ist eine „normale“ Leistungsklage. Sie ist dann statthaft, wenn der Vollstreckungsgläubiger gegen den Drittschuldner vorgehen will. Hier ist die Einziehungsklage statthaft, denn G als Vollstreckungsgläubiger will den Drittschuldner D auf Zahlung verklagen.
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2. Die Begründetheit der Einziehungsklage setzt die Wirksamkeit des Pfändungs-und Überweisungsbeschlusses (PfÜB) voraus.

Genau, so ist das!

Die Einziehungsklage ist begründet, wenn (1) der Kläger zur Einziehung der Forderung gegen den Beklagten gemäß §§ 835, 836 Abs. 1 ZPO berechtigt ist, (2) die eigezogene Forderung besteht und (3) dem Beklagten keine Einwendungen gegen seine Inanspruchnahme zustehen. Der Kläger erlangt die materielle Einziehungsberechtigung durch den PfÜB gemäß §§ 835, 836 Abs. 1 ZPO. Daran fehlt es, wenn dieser aus verfahrensrechtlichen Gründen nichtig ist.

3. Die Wirksamkeit des Überweisungsbeschlusses setzt voraus, dass der Beschluss wirksam an den Drittschuldner (= Antragsgegner innerhalb des PfÜB) zugestellt wurde, §§ 835 Abs. 3, 829 Abs. 3 ZPO.

Ja, in der Tat!

Ist die Zustellung fehlerhaft, dann ist das ein schwerer Verfahrensverstoß, der zur Unwirksamkeit des Überweisungsbeschlusses führt, §§ 835 Abs. 3, 829 Abs. 3 ZPO. Achtung Verwechslungsgefahr: Die Zustellung des PfÜB an den Schuldner der titulierten Forderung ist gerade keine Wirksamkeitsvoraussetzung des PfÜB.

4. Der PfÜB könnte wegen fehlerhafter Zustellung gemäß § 178 Abs. 2 ZPO unwirksam sein.

Ja!

Grundsätzlich kann die Zustellung, wenn der Zustellungsempfänger nicht angetroffen wird, auch an einen erwachsenen ständigen Mitbewohner erfolgen, § 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Nach § 178 Abs. 2 ZPO ist die Ersatzzustellung aber unwirksam, wenn dieser Mitbewohner an dem Rechtsstreit als Gegner beteiligt ist. Das Wort „Gegner“ in § 178 Abs. 2 ZPO wird weit ausgelegt, sodass auch der Schuldner in der Einziehungsklage hierunter fällt, § 178 Abs. 2 ZPO analog. Es besteht eine planwidrige Regelungslücke bei vergleichbarer Interessenlage. Denn § 178 Abs. 2 ZPO soll verhindern, dass jemand das Schriftstück dem Zustellungsadressaten vorenthält. Diese Gefahr besteht auch, wenn der Schuldner den PfÜB entgegennehmen kann. Die Zustellung ist unwirksam an den Schuldner S erfolgt (§ 178 Abs. 2 ZPO), denn dieser steht als Forderungsinhaber im Einziehungsstreit dem Drittschuldner D als Gegner gegenüber.

5. Ein Verstoß gegen Zustellungsvorschriften führt immer zur Unwirksamkeit des PfÜB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei einer fehlerhaften Zustellung ist stets weiter zu prüfen, ob der Zustellungsfehler geheilt wurde (§ 189 ZPO). § 189 ZPO ist auch im Vollstreckungsverfahren anwendbar. Heilung tritt ein, wenn der Zustellungsadressat tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks gelangt. Das ist hier der Fall. S hat dem D den PfÜB weitergegeben, D ist also in den Besitz des Beschlusses gelangt und der PfüB somit nicht wegen eines Zustellungsmangels unwirksam.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SPA

sparfüchsin

29.6.2025, 20:42:22

Woher soll denn die Zustellungsperson wissen, dass sie an die avisierte Person nicht zustellen darf, weil sie an dem Rechtsstreit beteiligt ist? ist für die Zustellungsperson doch gar nicht erkennbar. wie ist das gedacht?

YUNGZAR

YUNGZAR

2.7.2025, 14:22:46

Könnte mir vorstellen, dass die Eigenschaft als "Gegner der Person, der zugestellt werden soll" rein objektiv zu ermitteln ist und es insofern gar nicht darauf ankommt, ob die zustellende Person sich dieses Umstandes bewusst ist oder nicht. Im Putzo steht dazu leider nichts.

SPA

sparfüchsin

2.7.2025, 15:38:11

Denke auch, dass es da auf die objektiven Umstände ankommt. Ich frage mich einfach nur, wie man diese Vorschrift in der Praxis umsetzt, denn wie gesagt, die Zustellungsperson hat m.E. Keine Chance, das zu prüfen.


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