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Einziehungsklage

Pfändung nach § 865 Abs. 2 S. 2 ZPO nach Beschlagnahme

Pfändung nach § 865 Abs. 2 S. 2 ZPO nach Beschlagnahme

23. Juni 2025

6 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S schuldet G1 €6.000 und G2 €50.000. S ist Eigentümerin eines Miethauses. Darin wohnen drei Mieter, D1, D2 und D3, die jeweils €2.000 Miete zahlen. G2 vollstreckt in das Miethaus. G1 in die Mietforderungen. D1, D2 und D3 zahlen nicht. G1 erhebt gegen sie Einziehungsklage.

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Einordnung des Falls

Pfändung nach § 865 Abs. 2 S. 2 ZPO nach Beschlagnahme

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Einziehungsklage ist begründet, wenn G1 einziehungsberechtigt ist (§§ 835, 836 Abs.1), die Forderungen bestehen und D1-3 keine Einwendungen zustehen.

Genau, so ist das!

Die Einziehungsberechtigung folgt bei der Einziehungsklage aus einem wirksamen Pfändungs-und Überweisungsbeschluss (PfÜB). Unwirksam ist der PfÜB, wenn schwerwiegende Verfahrensfehler bestehen.
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2. Bei der Wirksamkeit des PfÜB kann auch die Frage zu erörtern sein, ob die gepfändeten Forderungen in den Haftungsverband eines Grundstücks fallen.

Ja, in der Tat!

Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfasst auch die Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek […] erstreckt, § 865 Abs. 1 ZPO. Das sind auch Miet- und Pachtforderungen gemäß §§ 1123, 1124 BGB. § 865 Abs. 2 S.2 ZPO legt die Reihenfolge fest, in der in Sachen und Forderungen vollstreckt werden kann, die zu unbeweglichem Vermögen gehören. Gehört die Sache oder Forderung in den Haftungsverband eines Grundstücks und wird in dieses bereits vollstreckt, d.h. das Grundstück ist bereits beschlagnahmt, dann geht dies vor. Eine Forderungspfändung gemäß §§ 829ff. ZPO muss dahinter zurückstehen. Deswegen ist ein PfÜB unwirksam, der entgegen § 865 Abs. 2 S. 2 ZPO eine Forderung pfändet und überweist, die in den Haftungsverband eines Grundstücks gehört, das beschlagnahmt wurde.

3. Ob die gepfändete Forderung in den Haftungsverband eines Grundstücks fällt, hängt von der Art der Vollstreckung in das Grundstück ab.

Ja!

Die Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen richtet sich nach §§ 864-871 ZPO und erfolgt durch Zwangsverwaltung, Zwangsversteigerung oder Zwangssicherungsmittel, § 866 ZPO. Der Umfang der Beschlagnahme bei unbeweglichen Sachen erstreckt sich bei der Zwangsversteigerung nicht auf Miet- und Pachtzins (§§ 20 Abs. 2, 21 ZVG). Bei der Zwangsverwaltung werden Miet- und Pachtzinsforderungen mitbeschlagnahmt (§ 148 Abs. 1 ZVG). Die verschiedenen Arten der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wegen einer Geldforderung bieten unterschiedliche Vorteile. In das Zwangssicherungsmittel (zB Zwangshypothek) kann man später vollstrecken, § 867 Abs. 1 ZPO. Die Zwangsversteigerung führt zur Befriedigung aus dem Vollstreckungserlös, § 105 Abs. 1 ZVG und bei der Zwangsverwaltung wird der nötige Betrag durch die Nutzung des Grundstücks beigeschafft, § 155 Abs. 1 ZVG.

4. Der PfÜB verstößt gegen § 865 Abs. 2 S. 2 ZPO, wenn das Grundstück zwangsverwaltet wird.

Genau, so ist das!

Bei der Zwangsverwaltung werden Miet- und Pachtzinsforderungen mitbeschlagnahmt, § 148 Abs. 1 ZVG. Diese fallen dann in den Haftungsverband der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, §§ 1123, 1124 BGB. Vorliegend ist entscheidend, welche Art der Zwangsvollstreckung G2 vornimmt. Beieiner Zwangsverwaltung fallen die Mietforderungen in den Haftungsverband und der PfÜB ist unwirksam gemäß § 865 Abs. 2 S.2 ZPO. Eine Einziehungsklage des G1 gegen die D1-3 wäre dann unbegründet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

jura🐈

jura🐈

1.11.2024, 09:06:52

Thomas/Putzo schreiben bei § 829 Rn. 13, dass der Verstoß gegen das Pfändungsverbot des §

865 ZPO

nur zur Anfechtbarkeit und nicht zur Nichtigkeit führt. Damit müsste sich der Dritt

schuld

ner jedoch auch gem.

§ 766 ZPO

gegen den PfÜB wehren. Eine

Einziehungsklage

ist zumindest theoretisch noch möglich.

Linne Hempel

Linne Hempel

5.11.2024, 09:29:28

Hallo @[jura🐈](244684), danke für den Hinweis, der dazu beiträgt, dass wir die Qualität unserer Aufgaben stetig verbessern können. Wir werden noch in diesem Jahr damit beginnen, den

ZPO II

Kurs grundlegend zu überarbeiten und zu ergänzen. In diesem Zuge schauen wir uns auch Deine Kritik an. Beste Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team

jura🐈

jura🐈

5.11.2024, 12:39:23

Da freue ich mich schon darauf @[Linne_Karlotta_](243622), weil durch euch habe ich das Zwangsvollstreckungsrecht verstanden😊 Hätte ich euch doch nur schon im Studium gehabt 😅

Julia

Julia

19.11.2024, 12:21:14

Ich habe das interessehalber mal recherchiert. Auch im Zöller steht, dass der Verstoß nur zur Anfechtbarkeit führe. In einem Artikel in der JA 2024, 842 schreibt der Autor, dass die Frage noch nicht abschließend geklärt sei. Die Rechtsprechung nehme wohl eine Nichtigkeit an, die herrschende Literatur hingegen nur Anfechtbarkeit. Es ist also im Grunde streitig.

jura🐈

jura🐈

19.11.2024, 12:44:53

@[Julia](73815) Nega, dass du das nochmal so genau recherchiert hast 😊

jura🐈

jura🐈

19.11.2024, 12:45:54

@[Julia](73815) Mega, dass du das nochmal so genau recherchiert hast 😊


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§ 406 BGB analog iVm § 392 BGB

G pfändet eine Forderung der S gegen D über €600 und lässt sie sich zur Einziehung überweisen. Der Beschluss wird D am 3.3.23 zugestellt. Als D nicht zahlt erhebt G Einziehungsklage am 1.6.23. D will aufrechnen mit 2 Forderungen gegen S über je €300, die am 1.1.23 (aus § 488 BGB) und 2.5.23 (aus § 433 BGB) fällig sind.

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Drittschuldnererklärung und Beweislaständerung

G hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss (PfÜB) über die angebliche Forderung S gegen D. D zahlt nicht, G erhebt Einziehungsklage. G beantragt, D zu verurteilen, (1)Auskunft über das Bestehen der Forderung S gegen D zu erteilen; (2)entsprechend den Betrag an G zu zahlen.

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