Regelbeispiel Schwangerschaftsabbruch

2. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ehemann Z kündigt seiner schwangeren Frau S an, sie zu verprügeln, wenn sie das Kind nicht „umgehend los wird“. S entscheidet sich aus Angst dafür, das Kind abzutreiben.

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Einordnung des Falls

Regelbeispiel Schwangerschaftsabbruch

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z könnte sich wegen Nötigung strafbar gemacht haben, indem er S Prügel androhte, sollte sie das Kind „nicht umgehend los werden” (§§ 240 Abs. 1, Abs. 2 StGB).

Genau, so ist das!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 240 Abs. 1, Abs. 2 StGB sind: (1) Nötigungshandlung: Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel (2) Nötigungserfolg: Handeln, Dulden oder Unterlassen (3) Nötigungsspezifischer Zusammenhang Z müsste zudem vorsätzlich gehandelt haben. Er müsste die Tat auch in rechtswidriger Weise (insbesondere verwerflich) und schuldhaft begangen haben.Z hat S Prügel angedroht. S hat deswegen eine Abtreibung vornehmen lassen. Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich. Das in Aussicht gestellte Übel (Prügel) stellt eine Straftat dar (Körperverletzung). Die Tat ist deshalb verwerflich und wurde zudem schuldhaft begangen.
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2. Z könnte zudem das Regelbeispiel des § 240 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht haben.

Genau, so ist das!

Nach dieser Vorschrift ist ein besonders schwerer Fall zu bejahen, wenn der Täter eine Schwangere zu einem Schwangerschaftsabbruch nötigt.Die Regelbeispiele sind immer nach der Schuld zu prüfen. Zudem ist stets darauf zu achten, dass die im Gesetz explizit genannten Fälle gerade keinen abschließenden Charakter haben.

3. Ist das Regelbeispiel des § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB im vorliegenden Fall erfüllt?

Ja, in der Tat!

Z hat S durch die Drohung dazu gebracht, die Schwangerschaft abzubrechen. Er hat damit das Regelbeispiel des § 240 Abs. 4 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht. Da es keine Anhaltspunkte für einen atypischen Sachverhalt gibt, oist die Verwirklichung des Regelbeispiels strafschärfend zu berücksichtigen.Das Bundesverfassungsgericht hatte in einer Entscheidung im Jahr 1993 gefordert, dass der Gesetzgeber Strafvorschriften schafft, um einem vom sozialen Umfeld einer Schwangeren ausgehenden Druck zum Schwangerschaftsabbruch entgegenzuwirken. Das wurde mit der Einführung dieses Regelbeispiels umgesetzt. Die bloße Hilfsunwilligkeit des Kindsvaters oder anderer Angehöriger genügt aber ebensowenig zur Verwirklichung des Regelbeispiel, wie die Ankündigung, eine Beziehung zu beenden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Rechtsanwalt B. Trüger

Rechtsanwalt B. Trüger

25.2.2025, 11:28:28

Hier wären noch 2-3 problematischere Fälle schön :)

Dodo S.

Dodo S.

25.3.2025, 17:51:00

Hallo Rechtsanwalt B. Trüger, vielen Dank für Deinen Vorschlag! Wir haben ihn notiert und werden in einer der nächsten Redaktionssitzungen prüfen, inwiefern wir hierzu unsere Lerninhalte entsprechend anpassen bzw. noch weitere Aufgaben mit aufnehmen können. Beste Grüße, Dodo Shi, für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

29.5.2025, 10:23:49

Bitte auch hier die versehentliche Angabe von Abs. 2 korrigieren. Danke.

Linne Hempel

Linne Hempel

1.6.2025, 17:19:46

Hallo Johannes Nebe, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne Hempel, für das Jurafuchs-Team


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