Strafrecht

BT 2: Diebstahl, Betrug, Raub u.a.

Diebstahl mit Waffen, Banden- und Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 StGB)

Diebstahl unter Beisichführen einer Waffe, §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 1 StGB - Zum Waffe tragen verpflichtete Täter

Diebstahl unter Beisichführen einer Waffe, §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 1 StGB - Zum Waffe tragen verpflichtete Täter

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

Während der Sicherung einer Unfallstelle entwendet die Polizeibeamtin P eine teure Uhr aus dem Pkw des Unfallopfers. Dabei ist sie, wie der P auch ständig bewusst ist, vorschriftsmäßig mit einer Dienstpistole bewaffnet.

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Einordnung des Falls

Diebstahl unter Beisichführen einer Waffe, §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) Var. 1 StGB - Zum Waffe tragen verpflichtete Täter

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P hat während eines Diebstahl eine Waffe bei sich geführt (§§ 242 Abs. 1, 244 Abs. Nr. 1 a) Var. 1 StGB).

Ja, in der Tat!

Die Pistole der P ist eine Schusswaffe, die dazu geeignet und bestimmt erhebliche Verletzungen herbeizuführen und damit eine Waffe im technischen Sinn (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 WaffG). Diese war für P zum Zeitpunkt der Entwendung der Uhr auch ohne Weiteres griffs- und gebrauchsbereit.
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2. P hat sich demnach also unstreitig wegen eines Diebstahls mit Waffen gemäß §§ 242 Abs. 1, 244 Abs. 1 Nr. 1 a) Var. 1 StGB strafbar gemacht.

Nein!

Nach Teilen der Literatur ist der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) Var. 1 StGB bei zum Waffe tragen verpflichtete Tätern teleologisch zu reduzieren. Denn bei dieser Tätergruppe ist der vermutete Gefährlichkeitszusammenhang zwischen dem Beisichführen einer Waffe und der Tat nicht gegeben. Insofern liefe der Charakter des § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB als abstraktes Gefährdungsdelikt bei Berufswaffenträgern mangels einer besonderen Beziehung der Waffe zur Tat leer. P ist Polizeibeamtin und durch die einschlägigen Dienstvorschriften zum Tragen einer Dienstpistole verpflichtet. Der § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) Var. 1 StGB ist nach dieser Ansicht demnach nicht anzuwenden.

3. Die Rspr. und hM. bejaht indes auch bei Berufswaffenträgern die Anwendbarkeit des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) Var. 1 StGB.

Genau, so ist das!

Die Rspr. und hM. bejaht einen Diebstahl mit Waffen auch bei zum Tragen einer Waffe verpflichteten Tätern. Der Tatbestand biete gerade keine Kriterien zur Unterscheidung von denjenigen, die ihre Waffen legal tragen und denen, die dies illegal tun. Auch eine (abstrakte) Gefährlichkeit bliebe gleich. Denn auch etwa ein Polizist könne durch plötzlich auftretende Probleme zum Einsatz der Schusswaffe verleitet werden. Allerdings fordert der BGH, dass der Täter das Tatmittel “bewusst gebrauchsbereit” bei sich führt. Insofern muss also auch dem Berufswaffenträger im Zeitpunkt der Tatbegehung bewusst sein, dass er eine Waffe bei sich trägt. Der P ist stets bewusst, dass sie eine Pistole trägt. Nach dieser Ansicht hat sie sich also wegen Diebstahls mit Waffen strafbar gemacht.Für die Bejahung des Vorsatzes genügt entsprechend das „parate Wissen“.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

I-m-possible

I-m-possible

9.8.2022, 17:33:43

Reicht hierfür das sachgedankliche Mitbewusstsein auch aus oder muss es wie im Fall „bewusst“ der Fall sein ? Danke vorab

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.8.2022, 18:59:06

Hallo I-m-possible, sofern dem Beamten nicht "aktiv" klar ist, dass er eine Waffe bei sich führt, muss das entsprechende Bewusstsein aus den Gesamtumständen abgeleitet werden. Liegt ein entsprechendes Bewusstsein quasi auf der Hand (vgl. BGH, Beschluß vom 27. 9. 2002 - 5 StR 117/02 = NStZ-RR 2003, 12), ist der entsprechende

Vorsatz

zu bejahen. Dies dürfte bei Berufswaffenträgern, die ihre Waffe ja außen am Körper tragen, regelmäßig der Fall sein. Um dieses abzulehnen, bedarf es schon konkreter Hinweise. So hatte das OLG Hamm ein entsprechendes Bewusstsein in dem Fall eines schusseligen Polizeibeamten, der zudem gerade Ehekrach hatte und spontan bei einer Durchsuchung m

ehre

re Armbanduhren im Gesamtwert von etwa 43€ gestohlen hatte, im Ergebnis abgelehnt (OLG Hamm, NStZ 2007, 473). Die Entscheidung dürfte mit Blick auf den vergleichsweise geringen Wert der Waren dabei aber durchaus auch vom Ergebnis her gedacht worden sein :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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