Zivilrecht
Examensrelevante Rechtsprechung ZR
Entscheidungen von 2021
Analogie zum Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer (§ 566 BGB)
Analogie zum Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer (§ 566 BGB)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M schließt mit V 2010 einen bis Ende 2020 befristeten „Pachtvertrag“ über ein Grundstück mit Zustimmung des Eigentümers E, ohne ein Fruchtziehungsrecht zu vereinbaren. E veräußert das Grundstück 2011 an K. Seitdem zahlt M an K. 2021 erklärt K mündlich die ordentliche Kündigung.
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Einordnung des Falls
Analogie zum Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" bei fehlender Identität zwischen Vermieter und Veräußerer (§ 566 BGB)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 9 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Haben M und V 2010 einen Pachtvertrag iSv § 581 BGB geschlossen?
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist K kraft rechtsgeschäftlicher Vertragsübernahme in den Mietvertrag zwischen M und V eingetreten?
Nein, das ist nicht der Fall!
3. K ist kraft Gesetzes in den Mietvertrag zwischen M und V eingetreten (§§ 566 Abs. 1, 578 Abs. 1 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
4. Allerdings gilt § 566 Abs. 1 BGB in bestimmten Fällen analog, auch wenn Veräußerer und Vermieter personenverschieden sind.
Ja!
5. § 566 Abs. 1 BGB gilt auch dann analog, wenn der veräußernde Eigentümer einer Vermietung durch einen Dritten zwar zugestimmt, aber kein wirtschaftliches Interesse an ihr hat (z.B. berechtigte Untervermietung).
Nein, das ist nicht der Fall!
6. Damit ist K nicht nach § 566 Abs. 1 BGB analog in den Mietvertrag zwischen M und V eingetreten.
Ja, in der Tat!
7. Allerdings haben K und M konkludent einen Mietvertrag geschlossen.
Ja!
8. Konnte dieser konkludent geschlossene Mietvertrag ordentlich gekündigt werden?
Genau, so ist das!
9. K hat den konkludent geschlossenen Mietvertrag ordentlich gekündigt (§ 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB).
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Rick-energie🦦
11.6.2022, 09:28:38
Sehe ich richtig, dass M vor der Kündigung seitens M letztlich zwei Mietverträge (einen mit K und einen mit V) über die selbe
Mietsachehat?
Philipp Paasch
11.6.2022, 23:32:34
Das ist wirklich eine interessante Frage. Sehe ich auch so. Allerdings kann V durch dem Verkauf nicht mehr erfüllen, da
subjektive Unmöglichkeit(§ 275 Abs. 1 Alt. BGB) eingetreten ist. Diese hat er auch zu verschuldet durch die
Übereignung(nicht: Verkauf) und nicht der M. Denn m.E. kann er als Nichtberechtigter die
Mietsachenicht mehr "überlassen" bzw. weiterhin dafür Sorge tragen. Für den M ändert sich aber insofern nichts, da der Vertrag dennoch erfüllt wird. (
Vertrag zugunsten Dritter?) Ich konnte es mir nicht verkneifen: "Die Kündigung seitens des K" natürlich. 😬
cemawo
12.6.2022, 19:25:49
Wieso soll V die Unmöglichkeit verschuldet haben? Eigentümer und Übereigner war ja der E.
Nora Mommsen
13.6.2022, 14:25:35
Hallo Rick-dich, ganz richtig - es liegen zwei verschiedene Mietverträge über dieselbe Sache vor. Die Unmöglichkeit wird aber nicht unbedingt durch die
ÜbereignungE an K hervorgerufen. Denn geschuldet ist beim Mietvertrag nur die Überlassung, nicht die
Übereignung. Hier hat K konkludent einen eigenen Mietvertrag mit M geschlossen, wodurch V nicht mehr überlassen kann. Also tritt dadurch letztendlich die
subjektive Unmöglichkeitgem. § 275 I BGB ein. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Rick-energie🦦
15.6.2022, 21:49:15
Toop - dann passt meine Ausgangsthese soweit🥳
Blackpanther
6.7.2022, 20:12:12
M könnte gegen V also einen ganz normalen Schadenersatzanspruch aus §§ 280 I, III, 283 BGB geltend machen? Oder gibt es da vorrangige mietrechtliche Vorschriften?
David.
11.6.2023, 09:22:54
Sehe ich es richtig, dass durch die Kündigung der K, ein Schadensersatzanspruch des M gegen V nach §§ 280 I, III, 283 entsteht? Die
subjektive Unmöglichkeitentsteht für V ja schon in dem Moment, indem K mit M konkludent einen neuen Mietvertrag abschließt, aber ein Schaden entsteht dem M ja erst durch den Ausspruch der Kündigung durch K (etwa weil M jetzt ein teureres Grundstück mieten muss), sodass der Anspruch auch noch nicht verjährt wäre oder? Die Verjährungsfrist beträgt ja 3 Jahre erst mit Beginn des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist.
Simon
1.1.2024, 22:10:51
Wo soll das Vertretenmüssen von V liegen? Unmöglichkeit tritt ja dadurch ein, dass K dem M das Grundstück überlässt, sodass dies V nun nicht mehr möglich ist.
IsiRider
11.6.2023, 15:32:15
Muss die Früchteziehung immer gesondert vereinbart werden? Ein zusammenfassendes Prüfungsschema wäre am Ende schön.
CR7
25.8.2023, 22:08:33
Examenstreffer ZR2 2023/II Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (Abgewandelt)
Mimmi A.
26.8.2023, 22:34:28
Examenstreffer auch in Rheinland-Pfalz
Diaa
12.10.2023, 20:05:09
Ich versteh gerade nicht, wieso erhält/hat E kein wirtschaftliches Interesse? Es ist sein Eigentum und sollte im Gegenzug für die Nutzungsüberlassung an einen Dritten Miete erhalten. Ich verstehe nur die 4 Personenverhältnis nicht. Könnte es jemand erklären 🫣
Sherwien
13.10.2023, 09:23:36
Lief August 23 in Hamburg
Lukas_Mengestu
13.10.2023, 18:09:23
Lieben Dank für die Meldung, Sherwien!
Irina95
15.12.2023, 20:42:52
Ich versteh nicht ganz, wieso der konkludent geschlossene Mietvertrag mündlich gekündigt werden konnte und § 568 BGB nicht angewendet wird.
Simon
1.1.2024, 22:06:17
§ 568 BGB ist im Falle der Miete von Grundstücken über die Brückennorm des § 578 I BGB nicht anwendbar. Systematisch gilt § 568 unmittelbar nur für die Wohnraummiete (s. Stellung im UT 2).
falktghl
1.1.2024, 13:19:42
so
Lukas_Mengestu
3.1.2024, 19:01:19
Vielen Dank, falktg!
Simon
1.1.2024, 22:17:13
Liegt eigentlich ein Vertragsverhältnis zwischen E und V vor (bspw. ein
unechter Vertrag zugunsten Dritter), oder kann der E seine Zustimmung einfach jederzeit widerrufen? Bei einem unechten VzD könnte man mE §
566 BGBdurchaus analog anwenden, dann aber im Verhältnis V-K, sodass K ggü. V verpflichtet ist, dem M das Grundstück zur Verfügung zu stellen. Wenn E jederzeit seine Zustimmung widerrufen könnte, würde doch der Mieterschutz umgangen werden, da für V dann eine - von ihm nicht zu vertretende - Unmöglichkeit vorliegt. M stünde dann iErg ohne Ansprüche da.