Ausschluss von der Geschäftsführung

23. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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inkl. MoPeG

Die Fuchs-OHG besteht aus den Gesellschafterinnen A, B und C. A leitet wiederholt Verkaufserlöse auf ihr Privatkonto um. Als die anderen Gesellschafterinnen B und C davon erfahren, wollen sie A von der Geschäftsführung ausschließen.

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Einordnung des Falls

Ausschluss von der Geschäftsführung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist bisher geschäftsführungsbefugt.

Ja, in der Tat!

Grundsätzlich steht in der OHG die Führung der Geschäfte der Gesellschaft den Gesellschaftern jeweils einzeln zu (§ 116 Abs. 1, Abs. 3 HGB, Einzelgeschäftsführung). Als Gesellschafterin ist A einzelgeschäftsführungsbefugt. MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 114 Abs. 1 HGB a.F. = § 116 Abs. 1 HGB n.F.; § 115 Abs. 1 HGB a.F. = § 116 Abs. 3 HGB n.F.
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2. B und C können der A deren gesetzliche Geschäftsführungsbefugnis durch einseitige Willenserklärung gegenüber der A entziehen.

Nein!

In der GbR kann die Geschäftsführung eines Gesellschafters durch einseitige Erklärung der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (§ 715 Abs. 5 S. 1 BGB). In der OHG reicht eine solche Erklärung nicht. Hier müssen die Mitgesellschafter auf die Entziehung der Geschäftsführung klagen (§ 116 Abs. 5 HGB, gesellschaftsrechtliche Gestaltungsklage). Kläger ist dann nicht die OHG, sondern die übrigen Gesellschafter als notwendige Streitgenossen (§ 62 Abs. 1 Fall 2 ZPO). Sinn der richterlichen Mitwirkung ist es, klare Verhältnisse zu schaffen, die nicht vorliegen, wenn nach der Entziehung noch Streit über die Wirksamkeit herrscht. B und C müssen auf Entziehung der Geschäftsführung klagen. MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 712 Abs. 1 BGB a.F.= § 715 Abs. 5 S. 1 BGB n.F.; § 117 HGB a.F. = § 116 Abs. 5 HGB n.F.

3. Die Klage auf Entziehung der Geschäftsführung wäre erfolgreich.

Genau, so ist das!

Voraussetzung einer erfolgreichen Klage ist nach § 116 Abs. 5 S. 1 HGB ein wichtiger Grund für die Entziehung. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist notwendig eine Einzelfallentscheidung, bei der die Bindung aller Gesellschafter, auch die der klagenden, durch die gesellschaftsrechtliche Treupflicht zu beachten ist. § 116 Abs. 5 S. 2 HGB nennt beispielhaft grobe Pflichtverletzung oder die Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung. Die Untreue der A stellt eine grobe Pflichtverletzung dar, sodass ein wichtiger Grund iSd § 116 Abs. 5 S. 2 HGB HGB vorliegt.MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 117 HGB a.F. entspricht § 116 Abs. 5 HGB n.F.

4. A könnte die Geschäftsführung nicht selbst kündigen, sondern müsste auf Niederlegung der Geschäftsführung klagen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 116 Abs. 6 S. 1 HGB kann der OHG-Gesellschafter die Geschäftsführung aus wichtigem Grund kündigen. Eine Klage ist hierbei weder erforderlich noch unmittelbar möglich. A muss nicht klagen, sondern könnte gegenüber den anderen Gesellschafterinnen die Kündigung erklären. MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 116 Abs. 6 HGB wurde neu eingeführt. Durch den Verweis auf das GbR-Recht hatten die OHG-Gesellschafter aber auch vor der Reform bereits ein eigenständiges Kündigungsrecht (§ 105 Abs. 3 HGB a.F. iVm § 712 Abs. 2 BGB a.F.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

INDUB

InDubioProsecco

26.5.2023, 14:46:45

Wäre dies im Falle der gerichtlichen Durchsetzung ein Actus pro Socius? Oder beantragen die Gesellschafter in ihrer Stellung als Gesellschafter die Entziehung?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

27.5.2023, 09:20:42

Hallo InDubioProsecco, danke für deine Frage. Eine

actio pro socio

kann kommt in der folgenden Konstellation zum Tragen: es gibt keinen (einzel-)vertretungsberechtigten Gesellschafter aber eine Notsituation. Vorliegend sind die anderen beiden Gesellschafter noch einzelvertretungsberechtigt und könnten im Namen der OHG die Klage erheben. Dafür braucht es also keine

actio pro socio

. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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