+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Nach dem Kauf des Pizzaofens vereinbaren A und B, die Gesellschafterinnen der Royal-Pizza OHG, im Gesellschaftsvertrag, dass sie die OHG ab sofort nur noch zusammen vertreten können. Noch bevor dies ins Handelsregister eingetragen wird, kauft A im Namen der OHG 1000 Stück Pizzaboxen bei D, der nichts von der neuen Regelung weiß.
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Einordnung des Falls
Gesamtvertretung und Eintragung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Grundsätzlich sind OHG-Gesellschafter einzelvertretungsbefugt.
Genau, so ist das!
Der gesetzliche Normalfall geht von der Einzelvertretungbefugnis eines jeden Gesellschafters der OHG aus (§ 124 Abs. 1 HGB). Diese Vertretungsmacht gegenüber Dritten ist unabhängig von der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis, die sich nach den §§ 116 Abs. 1, Abs. 3 HGB richtet.
MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 114 Abs. 1 HGB a.F. = § 116 Abs. 1 HGB n.F.; § 115 Abs. 1 HGB a.F. = § 116 Abs. 3 HGB n.F.; § 125 Abs. 1 HGB a.F. = § 124 Abs. 1 HGB n.F.
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2. A und B konnten wirksam eine Gesamtvertretung vereinbaren.
Ja, in der Tat!
Die Gesellschafter der OHG können einerseits einzelne Gesellschafter gesellschaftsvertraglich von der Vertretung ausschließen (§ 124 Abs. 1 Hs. 2 HGB). Umgekehrt können sie auch – abweichend vom Grundsatz der Einzelvertretung nach § 124 Abs. 1 HGB – vereinbaren, dass alle oder mehrere Gesellschafter nur gemeinschaftlich zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sind (§ 124 Abs. 2 S. 1 HGB, Gesamtvertetung). Die Vertretungsmacht der Gesellschafter und nachträgliche Änderungen müssen zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden (§§ 106 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 6 HGB) und bekannt gemacht werden (§ 10 HGB). Dadurch wird das Interesse des Rechtsverkehrs an klar umrissenen Zuständigkeiten gewahrt. A und B konnten gem. § 124 Abs. 2 S. 1 HGB Gesamtvertretung vereinbaren.
MoPeG-Änderung (ab 1.1.2024): § 125 Abs. 1, Abs. 2 HGB a.F. = § 124 Abs. 1, Abs. 2 HGB n.F.; § 107 HGB a.F. = § 106 Abs. 6 HGB n.F.
3. D kann von der OHG Kaufpreiszahlung verlangen.
Ja!
Für die Vertretung der OHG gelten die allgemeinen Grundsätze der §§ 164ff. BGB, sodass der handelnde Gesellschafter im Namen der OHG und im Rahmen seiner Vertretungsmacht handeln muss (§ 164 Abs. 1, 2 BGB). A hatte keine Vertretungsmacht für den Kauf, denn A und B haben Gesamtvertretung vereinbart (§ 124 Abs. 2 S. 1 HGB). Die fehlende Eintragung ins Handelsregister ändert daran nichts, denn sie ist nur deklaratorisch. Jedoch kann die OHG sich gegenüber D nicht auf die fehlende Vertretungsmacht der A berufen: Denn die Änderung der Vertretungsmacht ist eine eintragungspflichtige, die nicht eingetragen und bekanntgemacht ist (§ 15 Abs. 1 HGB).