Einwilligung

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A bittet den B, ihm sein altes Ruderboot anzuzünden. B erfüllt den Wunsch des A.

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Einordnung des Falls

Einwilligung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B hat den Tatbestand der Brandstiftung (§ 306 Abs. 1 Nr. 4 StGB) erfüllt, wenn er "ein fremdes Wasserfahrzeug in Brand gesetzt hat".

Ja, in der Tat!

§ 306 StGB ist eine Qualifikation der Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB). Man spricht auch von einer "Sachbeschädigung durch Feuer". § 306 StGB ist - anders als die systematische Stellung suggeriert - nicht Grundtatbestand der Brandstiftungsdelikte.
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2. Das Ruderboot des A ist für B "fremd" (§ 306 Abs. 1 StGB).

Ja!

Die Fremdheit des Tatobjektes richtet sich nach den zivilrechtlichen Eigentumsverhältnissen. Danach ist eine Sache für den Täter fremd, wenn sie weder in dessen Alleineigentum steht noch herrenlos ist. A ist Eigentümer des Ruderboots. Das Boot ist für B eine fremde Sache.

3. B hat das Ruderboot "in Brand gesetzt" (§ 306 Abs. 1 StGB).

Genau, so ist das!

Eine Sache ist in Brand gesetzt, wenn sie in einer Weise vom Feuer erfasst ist, dass ein Weiterbrennen aus eigener Kraft möglich ist. Erforderlich ist das Brennen eines für den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Objekts wesentlichen Teils. Das Boot hat so Feuer gefasst, dass es aus eigener Kraft weiter brennt.

4. Infolge der Einwilligung des A ist das Handeln des B gerechtfertigt.

Ja, in der Tat!

Nach h.M. ist die Einwilligung im Rahmen des § 306 Abs. 1 StGB Rechtfertigungsgrund. Eine Einwilligung setzt voraus: (1) ein disponibles Rechtsgut, (2) Einwilligungsfähigkeit des Berechtigten, (3) ausdrückliche oder konkludente Erklärung der Einwilligung, (4) vor der Tatbegehung, (5) frei von Willensmängeln, (6) Täter handelt in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung. Als Eigentümer steht dem A die Dispositionsbefugnis über das Ruderboot zu (vgl. § 903 BGB). A hat die Einwilligung konkludent vor der Tat erteilt, indem er B um das Inbrandsetzen bat. B handelte auch in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung.

5. B hat sich durch das Inbrandsetzen des Ruderboots wegen Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht.

Nein!

Der objektive Tatbestand der Sachbeschädigung setzt voraus (1) eine fremde Sache und (2) die Beschädigung oder Zerstörung der Sache. Eine Sache ist zerstört, wenn sie auf Grund der Einwirkung in ihrer Existenz vernichtet oder so wesentlich beschädigt ist, dass sie ihre bestimmungsgemäße Brauchbarkeit völlig verloren hat. B hat zwar den objektiven Tatbestand des § 303 Abs. 1 StGB erfüllt. Auch eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) scheidet aufgrund der rechtfertigenden Einwilligung des A aus.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ELE

Elena

15.11.2023, 10:34:18

ich dachte man kann in eine Brandstiftung nicht einwilligen, weil das Ausmaß eines Brandes so gefährlich ist und schlecht beherrschbar sein kann

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.11.2023, 10:49:48

Hallo Elena, danke für deine Rückfrage! In der Tat ist die Antwort nicht ganz einfach. Voraussetzung einer rechtfertigenden Einwilligung ist, dass das geschützte Rechtsgut

disponibel

ist. Die

Brandstiftungsdelikte

sind bei den "

Gemeingefährlich

en Straftaten" geregelt. Sie schützen das Universalrechtsgut der Sicherheit der Allgemeinheit, dies ist nicht

disponibel

. Ganz konkret zu § 306 StGB sieht die herrschende Meinung diesen aber als Spezialfall der Sachbeschädigung an. Demnach schützt dieser primär das Eigentum. Dies wird auch dadurch deutlich, dass der seine eigene Sache

in Brand setzen

de Eigentümer - trotz der auch in diesen Fällen anzunehmenden

Gemeingefährlich

keit - sich nicht nach § 306 strafbar machen kann, da das

Tatobjekt

für ihn nicht fremd ist. Daraus kann man ersehen, dass es dem Gesetzgeber in erster Linie wohl um den Eigentumsschutz ging, zumindest bei § 306 StGB. Beste Grüße, Nora - für das Juraschutz-Team

TAS

Tash

26.6.2024, 06:29:07

In der Aufgabenlösung heißt es, dass der Eigentümer

konkludent

seine Einwilligung erteilt hat, aber er hat doch den Täter ausdrücklich, um die Inbrandsetzung gebeten, ist die Einwilligung damit nicht sogar ausdrücklich erklärt worden?

AG

agi

13.10.2024, 16:36:37

Liegt hier nur eine

konkludent

e Einwilligung vor, weil nicht B auf A zugeht, sondern A B bittet?


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