Bewerbungsgespräch (Vorstrafen)
26. April 2025
16 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Unternehmer U sucht einen Fahrer für Geldtransporte. Ex-Knacki E bewirbt sich. Auf die Frage nach Vorstrafen verschweigt E Verurteilungen wegen (1) Unterschlagung, (2) Körperverletzung, (3) Trunkenheit im Verkehr. Letzteres wurde bereits aus dem Bundeszentralregister gelöscht.
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Einordnung des Falls
Bewerbungsgespräch (Vorstrafen)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E hat U arglistig getäuscht (§ 123 Abs. 1 BGB).
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. U kann wegen der arglistigen Täuschung über die Unterschlagung (§ 246 StGB) anfechten.
Genau, so ist das!
3. U kann wegen der arglistigen Täuschung über die Körperverletzung (§ 223 StGB) anfechten.
Nein, das trifft nicht zu!
4. U kann wegen der arglistigen Täuschung über die Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) anfechten.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
silasowicz
7.8.2023, 22:46:40
Würde sich eine zwischenzeitliche Löschung von einschlägigen Vermögensdelikten aus dem Bundeszentralregister in irgendeiner Weise wie im Falle der Trunkenheit im Verkehr auf die Lösung hier auswirken? Bedeutet das im Umkehrschluss aber, dass letztere nicht verschwiegen werden dürfte, sofern sie noch im Bundeszentralregister steht?
Leo Lee
9.8.2023, 16:04:23
Hallo silasowicz, hinsichtlich deiner ersten Frage: Hier gibt es - i.Ü. auch lt. Urteil - keine feste Antwort. ES kommt nämlich - Überraschung - immer auf den Einzelfall an. Grundsätzlich müssen Vorstrafen dann mitgeteilt werden, wenn Sie einen Bezug haben zur Tätigkeit und zudem noch nicht getilgt sind im BZR, § 53 BZRG. Ansonsten ist immer entscheidend, ob im Einzelfall obj. Zweifel an der Eignung begründet wird. Wenn also der Bewerber sich schon fünf Mal wegen
Unterschlagungin Millionenhöhe strafbar gemacht hat, werden auch 5 Jahre, die seitdem verstrichen sind, nicht ausreichen. Hat er sich aber nur ein Mal vor 30 Jahren wegen Untreue i.H.v. 1.000 Euro (oder auch DM) strafbar gemacht, wird dies eher für die Bejahung eines Schweigerechts sprechen. Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage, Armbruster § 123 Rn. 47 und Seite 9 der hier zitierten Entscheidung sehr empfehlen (https://www.prinz.law/urteile/BAG_1_AZR_594-56):). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
Shark
25.3.2025, 12:00:43
@[Leo Lee](213375) Aber würde man das heute auch noch so bewerten? Indem Urteil wird ja auch klargestellt, die Ausführungen über die Schwangerschaft würden ja heute wohl auch nicht mehr so getroffen werden.

Felix_99
26.10.2023, 18:24:41
Warum eine Anfechtung wegen Trunkenheit im Verkehr nicht möglich sein, erschließt sich mir nicht.

Nora Mommsen
27.10.2023, 14:43:10
Hallo Warda, danke für deine Rückfrage. Die Anfechtung wegen einer Lüge über eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr ist nicht per se ausgeschlossen. Aber auch verurteilten Straftätern soll eine Resozialisierung möglich gemacht werden, und sie sollen nicht ein Leben lang daran aufgehalten werden. Bei Delikten, die mit einem Eintrag ins Bundesfahreignungsregister einhergehen, nimmt man die Tilgung der Punkte als Zeitgrenze, ab der nicht mehr darüber informiert werden muss. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
jingerale
19.1.2024, 14:37:41
Ich dachte, ich hätte mal gelesen (ich glaube als ich StrafR gelernt habe), dass
Geldtransport-Fahrer i.d.R. bewaffnet sind, um das Transportgut notfalls beschützen zu können, weshalb eine Vorstrafe im Bereich der Körperverletzungsdelikte eben doch relevant wäre...? Kann mir da jemand weiterhelfen?
Leo Lee
20.1.2024, 06:53:24
Hallo jingerale Vielen Dank für dein Feedback! In der Tat hast du völlig Recht, dass manche
Geldtransporterfahrer mit einer Waffe ausgestattet sein können. In diesem Fall gibt es sehr wohl eine Eskalationsgefahr, weshalb ein Bezug der Vorstrafe im Bereich der Körperverletzung zu der Tätigkeit sehr gut vertretbar ist mMn. Wir haben diese Konstellation nun als Vertiefung bei der entsprechenden Aufgabe ergänzt und danken dir vielmals dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

DDoubleYou
13.6.2024, 15:10:22
Liebes Jurafuchs-Team, warum kann hier wegen der
Unterschlagungangefochten werden, aber nicht wegen der Trunkenheit? Also warum das wegen der Trunkenheit nicht geht, erschließt sich mir aus den Antworten der anderen hier gestellten Fragen. Müsste der Resozialisierungsgedanke dann nicht auch für die
Unterschlagunggelten? Danke :)
Timurso
13.6.2024, 16:04:26
Der Unterschied ist, dass die Trunkenheit schon aus dem BZR gelöscht ist. Daraus folgt, dass E deswegen nicht mehr als vorbestraft gilt. Insofern muss er sie auch nicht angeben. Die
Unterschlagungsteht jedoch noch drin. Die muss er daher angeben. Für den Job relevant sind sie beide, der Knackpunkt ist hier die BZR-Eintragung. Natürlich gilt der Grundgedanke der Resozalisierung auch bezüglich der
Unterschlagung. Allerdings überwiegt hier aufgrund des geringen Zeitablaufs seit der Verurteilung noch der Schutz des Rechtsverkehrs, da hier noch mit höherer Wahrscheinlichkeit mit einem Rückfall zu rechnen ist.
Timurso
13.6.2024, 16:06:22
Beziehungsweise scheint es nicht starr am BZR zu hängen, sondern eine Abwägung im Einzelfall zu sein, siehe den Thread zwei weiter unten.

DDoubleYou
13.6.2024, 16:19:00
Danke für die schnelle und hilfreiche Antwort!

Charles "Chuck" McGill
12.2.2025, 17:47:21
Muss die Strafe wirklich aus dem BZR gelöscht sein, oder genügt es, wenn sie aus dem Führungszeugnis gelöscht ist, um sich als nicht vorbestraft bezeichnen zu dürfen?

Louicay
11.4.2025, 16:52:49
Hi Jura-Fuchs Team, könntet ihr die Aufgabenstellung vllt etwas anpassen, da sie so wie sie gestellt ist m.A. nicht ganz richtig ist. Dies resultiert aus dem Umstand, dass der AG sein Fragerecht hinsichtlich der Vorstrafen des pot. AN so konkretisieren muss, dass für den AN klar erkennbar ist, dass nur nach Vorstrafen, die einen Arbeitsplatz-Bezug aufweisen und deren Abgeltungsfrist gem. BZRG noch nicht abgelaufen ist gefragt wird. Ist die Frage allerdings zu abstrakt gefasst steht dem AN grundsätzlich ein Recht zur Lüge zu. So wie ich die Aufgabenstellung interpretiere wird im gegenständlichen SV allerdings zu abstrakt gefragt. LG