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Europäische Bankenunion verfassungskonform
Europäische Bankenunion verfassungskonform
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Als Reaktion auf die Finanzkrise entwickelte die EU das Konzept einer Europäischen Bankenunion. Damit wurden weitreichende Befugnisse zur Bankenaufsicht sowie zur Abwicklung gescheiterter Banken auf Unionsorgane übertragen. Jura-Professor P erhebt dagegen Verfassungsbeschwerde.
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Einordnung des Falls
Europäische Bankenunion verfassungskonform
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 15 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Aufsicht über Banken und deren Abwicklung ist allein Aufgabe der nationalen Behörden.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Erlass von Rechtsnormen durch Organe der EU ist nur möglich, wenn diese durch die EU-Verträge dazu explizit ermächtigt sind.
Ja, in der Tat!
3. Unionsrecht und nationales Recht stehen gleichrangig nebeneinander.
Nein!
4. Bei der Ultra-vires-Kontrolle prüft das BVerfG, ob die EU beim Erlass des angefochtenen Rechtsakts außerhalb ihrer Kompetenzen gehandelt hat.
Genau, so ist das!
5. Bei der Identitätskontrolle prüft das BVerfG, ob durch den angegriffenen Hoheitsakt der EU die Normen des GG verletzt wurden.
Nein, das trifft nicht zu!
6. EU-Verordnungen können mittelbar Beschwerdegegenstand einer Verfassungsbeschwerde sein (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).
Ja!
7. Die Beschwerdebefugnis (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) des einzelnen Bürgers bei der Identitäts- und Ultra-vires-Kontrolle ergibt sich aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 79 Abs. 3 GG.
Genau, so ist das!
8. Der ermächtigende Kompetenztitel für die Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB (sog. SSM) ist Art. 127 Abs. 6 AEUV.
Ja, in der Tat!
9. Die EU handelte beim Erlass der SSM-Verordnung ultra vires, da sie die Grenzen der Ermächtigung (Art. 127 Abs. 6 AEUV) in offensichtlicher Weise überschritten hat.
Nein!
10. Die SSM-Verordnung berührt die durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Verfassungsidentität, da die EZB gänzlich unabhängig handelt und daher nicht demokratisch legitimiert ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
11. Die Verfassungsidentität ist aber dadurch beeinträchtigt, dass auch alle nationalen Bankaufsichtsbehörden unabhängig handeln und somit die Bankenaufsicht demokratischer Kontrolle komplett entzogen ist.
Nein, das trifft nicht zu!
12. Die Schaffung eines EU-weiten Abwicklungsmechanismus für gescheiterte Banken (sog. SRM) kann kompetenzrechtlich auf die Vorschrift zum EU-Binnenmarkt gestützt werden (Art. 114 Abs. 1 AEUV).
Ja!
13. Die Schaffung einer einheitlichen Abwicklungsbehörde im Rahmen des SRM auf der Grundlage von Art. 114 Abs. 1 AEUV stellt eine offensichtliche Kompetenzüberschreitung dar.
Nein, das ist nicht der Fall!
14. Die Übertragung von Aufgaben und Befugnissen der Bankenabwicklung auf eine unabhängige Behörde berührt die durch Art. 79 Abs. 3 GG geschützte Verfassungsidentität.
Nein, das trifft nicht zu!
15. Ein nationales letztinstanzliches Gericht hat bei Fragen über die Auslegung von Unionsrecht stets die Pflicht, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen (Art. 267 Abs. 3 AEUV).
Nein!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Flohm
17.10.2024, 08:43:43
Wieso ergibt sich die Beschwerdebefugnis (§ 90 Abs. 1 BVerfGG) des einzelnen Bürgers bei der Identitäts- und Ultra-vires-Kontrolle aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 79 Abs. 3 GG? Ich verstehe nicht, wieso die Normen (insb. Art. 38 GG Wahl?) hier relevant sind.
louisaamaria
9.11.2024, 08:12:15
Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG schützt nicht nur das aktive Wahlrecht, sondern auch den demokratischen Einfluss auf die politische Willensbildung. Die Bundesregierung und der Bundestag sind zur Wahrung ihrer Integrationsverantwortung verpflichtet, um sicherzustellen, dass die EU-Organe, ihre Kompetenzen nicht überschreiten. Wird diese Pflicht verletzt, könnte das demokratische Mitwirkungsrecht der Bürger eingeschränkt sein.
Sebastian Schmitt
12.11.2024, 10:18:58
Hallo @[Flohm](210957), @[louisaamaria](249303) hat Deine Frage schon genau richtig beantwortet. Hinter Art 38 I 1 GG steht nach dem BVerfG die Idee, dass Bürgerinnen und Bürger durch Wahlen Einfluss auf politische Entscheidungen oder zumindest die politische Entscheidungsbildung nehmen können. Handelt nun eine EU-Institution außerhalb der ihr nach Art 23 GG übertragenen Befugnisse, wird insoweit der Einfluss der Bürgerinnen und Bürger entgegen unserer Verfassung verkürzt (im Einzelnen BVerfG 151, 202, 274 ff). Das soll nicht sein, das BVerfG spricht insoweit von einer "Erosion der Gestaltungsmacht des Deutschen Bundestages" (BVerfG 151, 202, 275). Diesen demokratischen Strukturgedanken entnimmt das BVerfG eben Art 38 I 1 GG im Zusammenspiel mit Art 20 I, II, 79 III GG. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Josephinee
23.10.2024, 09:24:12
Liebes JuraFuchs-Team, bei einer der Erklärungen zu dieser Frage steht Art. 5 Abs. 2 S. 1 EU, statt EUV.
Linne_Karlotta_
23.10.2024, 09:59:28
Hallo Josephinee, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team