Bsp aus Medicus/Lorenz

25. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A einigt sich mit B, ihr Montag ein Rührgerät zu leihen, da B Plätzchen für den Weihnachtsmarkt backen und verkaufen will. Aufgrund leichter Fahrlässigkeit kann A der B das Rührgerät erst Dienstag verleihen, wodurch B einen Verlust von €100 macht. Als B das Gerät bei A dann am Dienstag abholen möchte, rutscht sie auf der vereisten Treppe der A aus und bricht sich ein Bein.

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Einordnung des Falls

Bsp aus Medicus/Lorenz

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B könnte gegen A Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung der Leistung, sowie wegen Verletzung einer Schutzpflicht haben.

Ja, in der Tat!

Bestehen verschiedene Schadensposten, ist es ratsam die jeweils in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu sammeln. Sie unterscheiden sich jeweils in den unterschiedlichen Pflichtverletzungen des Schuldners. A könnte sich durch ihre Verspätung gemäß § 286 BGB im Schuldnerverzug befinden. Zudem hat sie durch die vereiste Treppe Schutzpflichten iSv. § 241 Abs. 2 BGB gegenüber B verletzt. B könnten daher Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB), sowie wegen Verletzung einer Nebenpflicht zustehen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB).
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2. Beide Ansprüche setzen Vertretenmüssen voraus. Was der Schuldner zu vertreten hat, richtet sich stets nach § 276 BGB.

Nein!

Schadensersatzansprüche setzen nach § 280 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Er muss sich entlasten, um dem Schadensersatz zu entgehen. Nach § 276 BGB hat der Schuldner grundsätzlich Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn keine strengere oder mildere Haftung vorgesehen ist. Die beiden Schadensersatzansprüche setzen voraus, dass A die Pflichtverletzungen auch zu vertreten hat. A hat Vorsatz und Fahrlässigkeit nach § 276 BGB zu vertreten, soweit keine mildere oder strengere Haftung vorgesehen ist.

3. Für den Schadensersatz wegen Verzögerung haftet A nach § 599 BGB nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, sodass A die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Genau, so ist das!

§ 599 BGB privilegiert den uneigennützigen Verleiher, indem dieser nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet und so die Haftung für einfache Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist. Die Haftungsbeschränkung gilt für das vertragliche Erfüllungsinteresse des Entleihers, also z.B. für Schadensersatzansprüche wegen Verzögerung der Leistung oder Unmöglichkeit der Leistung. B haftet nach § 599 BGB nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Da A die Verzögerung der Leistung leicht fahrlässig verursachte, hat sie diese nicht zu vertreten und B daher keinen Schadensersatzanspruch.

4. Für den Schadensersatz wegen Verletzung einer Schutzpflicht haftet A ebenfalls milder nach § 599 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

§ 599 BGB privilegiert den uneigennützigen Verleiher, indem dieser nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit haftet. Nach h.M. gilt dies aber nicht für Verletzungen von Schutzpflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, die mit dem überlassenen Gegenstand in keiner Weise zusammenhängen. Für sie bleibt § 276 BGB anwendbar. Die Haftungsprivilegierung findet also nur Anwendung, wenn die Pflichtverletzung mit dem Leihgegenstand zusammenhängt. Da die vereiste Treppe nicht mit dem Rührgerät zusammenhängt, haftet B für diese Schutzpflichtverletzung nach h.M. weiter nach dem Maßstab des § 276 BGB. Der gleiche Streitstand stellt sich bei der Haftungsprivilegierung gemäß § 521 BGB bei der Schenkung.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Luisa

Luisa

20.7.2022, 19:45:06

Was der Schuldner zu vertreten hat richtet sich doch stets nach 276, halt

Vorsatz

und Fahrlässigkeit, wenn es keine strengere oder mildere Haftung gibt 🤔

Nora Mommsen

Nora Mommsen

9.8.2022, 12:30:10

Hallo Luisa, genau das ergibt sich auch aus der Aussage. Es gilt grundsätzlich

§ 276 BGB

- aber eben nicht stets. Denn immer dann nicht wenn sich aus Gesetz oder Vertrag eine strengere oder mildere Haftung ergibt. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

5.9.2023, 19:03:17

Ich verstehe das ebenso wie Luisa, wenn man § 276 quasi als "Verweisnorm" mitzitiert oder ist das sehr schräg? Und der Maßstab für die

Haftungsprivilegierung

für die Verletzung von Nebenpflichten entspricht dann quasi derjenigen der Schenkung?

L.G

L.Goldstyn

27.7.2024, 22:46:50

Hallo @NoraMommsen, ich kann mir vorstellen, dass Luisa hier darauf hinaus wollte, dass die Frage unklar oder zumindest missverständlich ist. Gefragt ist, ob sich das Vertretenmüssen des Schuldners stets nach

§ 276 BGB

richtet. Es ist meines Erachtens nicht völlig falsch, diese Frage zu bejahen: Denn selbst, wenn eine

Haftungsprivilegierung

einschlägig ist, lässt sich sagen, dass sich das Vertretenmüssen weiterhin insoweit nach

§ 276 BGB

richtet, als dieser Haftung für

Vorsatz

und Fahrlässigkeit eben nur dann vorsieht, wenn keine strengere oder mildere Haftung bestimmt ist. Diesem Gedanken folgend gilt

§ 276 BGB

demnach weiterhin, und zwar als Verweisnorm „in“ die

Haftungsprivilegierung

. Das kann man mit dem Gedanken, dass die

Haftungsprivilegierung

snorm in diesem Fall lex specialis ist und

§ 276 BGB

mithin von vornherein nicht zur Anwendung kommt, natürlich sehr gut vertretbar auch anders sehen. Allerdings würde es sich vor diesem Hintergrund möglicherweise anbieten, über eine Umformulierung der Frage nachzudenken. Vielen Dank und beste Grüße!

Burumar🐸

Burumar🐸

28.10.2024, 08:38:39

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