„Jauchegruben-Fall“
9. Mai 2023
29 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Im Streit stopft T dem O mit Tötungsvorsatz einige Hände voll Sand in den Mund. T hält den bewusstlosen O für tot. Tatsächlich lebt O noch und ertrinkt in der Jauchegrube, in der T – wie von vornherein geplant – die vermeintliche Leiche versenkt.
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Einordnung des Falls
Obwohl der Jauchegruben-Fall bereits vor über 60 Jahren vom BGH entschieden wurde, zählt er noch heute zu den absolut examensrelevanten Strafrechts-Klassikern. Zu entscheiden hatte der BGH, inwieweit sich ein Täter strafbar macht, der glaubt, sein Opfer bereits durch eine Ersthandlung (z.B. Ersticken) getötet zu haben, wenn das Opfer tatsächlich erst durch eine sich daran anschließende Zweithandlung (z.B. Wurf in eine Jauchegrube) stirbt. Die zentrale Problematik liegt darin, dass der Vorsatz jeweils zum Zeitpunkt der Tathandlung vorliegen muss (§§ 8, 16 StGB). Hieran fehlte es bei der Zweithandlung. Indem der BGH den Tod durch die Zweithandlung aber lediglich als unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf der Ersthandlung wertet, kommt er im Ergebnis dennoch zu einer Strafbarkeit wegen vorsätzlichen Tötung.
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. War für den Tod des O (neben dem Versenken in der Jauchegrube) auch der Vorgang, bei dem T dem O Sand in den Mund gestopft hat, kausal?
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hatte T Tötungsvorsatz, als er O Sand in den Mund stopfte? Hat er dadurch zudem (mittelbar) den Tod des O verursacht und sich strafbar gemacht nach § 212 Abs. 1 StGB)?
Ja, in der Tat!
3. Lassen Abweichungen des tatsächlichen vom vorgestellten Kausalverlauf automatisch den Vorsatz entfallen?
Nein!
4. Stellt es eine wesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf dar, dass O erst durch das Versenken in der Jauchegrube gestorben ist?
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Jonas Sauer
14.12.2019, 08:09:12
Etwas unglücklich, dass man den
Vorsatzerst ablehnen soll um später in der Erklärung zu lesen, er habe bedingt
vorsätzlichgehandelt. Ansonsten aber schön aufbereitet.
ultimaratio
16.12.2019, 11:16:39
Die Ablehnung bezog sich doch nur auf die Tathandlung des Versenkens.

Christian Leupold-Wendling
19.12.2019, 12:15:31
@Jonas, danke für das Lob! Ultimaratio hat es auf den Punkt gebracht: T fehlt
Tötungsvorsatzfür das Versenken in der Jauchegrube. Wäre das anders, wäre der Fall sehr einfach: Totschlag durch Versenken in der Jauchegrube (+). Ist er aber nicht. Deshalb musste der BGH sich damit auseinandersetzen, ob man an die frühere Tathandlung anknüpfen kann, bei der T noch
Tötungsvorsatzhatte.

*~{Zhene4ka}~*
21.1.2021, 09:41:43
Würde man die Lösung auch so in der Klausur schrieben? Also an die frühere Tathandlung (hier das in-den-Mund-Stopfen) anknüpfen, wo T ja noch
Tötungsvorsatzhatte. Oder kann man dies ablehnen und dann Versuch und Fahrlässigkeit prüfen?

Eigentum verpflichtet 🏔️
12.3.2021, 10:52:08
Hi Zhena4ka, danke für deine Frage. In der Klausur beginnst du, mit der Tötung durch Werfen in die Jauchegrube. Die musst du mangels
Vorsatzim subjektiven Tatbestand verneinen. Anschließend prüfst du die Tötung durch das Sandstopfen und kommst da auf die Probleme des Kausalverlaufes zu sprechen. Folgst du der hM (BGH + hL) dann bejahst du den Mord/Totschlag an dieser Stelle (halte ich auch aus Zeitgründen für dringend geboten) und kommst dann gar nicht mehr auf Versuch und fahrlässige Tötung zu sprechen. Hier nochmal eine Übersicht: https://www.iurastudent.de/leadingcase/jauchegruben-fall-bgh-urteil-v-26041960-5-str-7760-bghst-14-193-f-njw-1960-1261 LG Für das Jurafuchs-Team Eigentum verpflichtet
🦊LEXDEROGANS
17.12.2019, 22:47:43
Der S.V. sagt nicht explizit, dass O ohne Sand im Mund noch hätte atmen können und deswegen nicht gestorben wäre, als er in die Grube geworfen wurde. Daher ist anzunehmen, dass O in jedem Fall ertrunken wäre, egal ob mit Sand im Mund oder ohne.
Kumulative Kausalitätscheidet also aus. Dann ist aber echt ungünstig zu behaupten, T habe den obj. T.b. durch das Stopfen mit Sand und das Werfen in die Grube erfüllt... Nur letztere Handlung erfüllt den obj. T.b.

Christian Leupold-Wendling
19.12.2019, 12:16:21
@lexderogans, bin nicht sicher, ob wir Dich richtig verstehen. Uns scheint wichtig, die einzelnen Ebenen im Tatbestand auseinanderzuhalten, hierzu im Einzelnen: - Kausalität: Sand in Mund Stopfen & Werfen in die Grube waren jeweils für sich genommen kausal (stimme Dir zu: keine
kumulative Kausalität. - Erfolg: O ist tot. -
Vorsatz: T hatte
Tötungsvorsatz, als er dem O Sand in den Mund stopfte. Dass der Tod nicht bereits dadurch, sondern erst durch das Werfen in die Grube eintrat, lässt den
Vorsatznicht entfallen. Insofern unwesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf. Hilft das? Besten Gruß
🦊LEXDEROGANS
18.1.2020, 14:47:44
Wenn man
kumulative Kausalitätverneint, sollte man nur eine Handlung als strafrechtliche Tötungshandlung bezeichnen (die andere ist lediglich i. S. d. Kontributionstheorie kausal). Man würde andernfalls ja eine doppelte Tötung haben (einmal durch den Sand und einmal durch das Ertränken). M. E. liegt es nahe die zeitlich letztere hier als strafrechtliche Tötungshandlung zu qualifizieren (schon das Wort “ertränken” spricht hierfür). Dann ist aber auch nur der
Vorsatzdiesbzgl. relevant. Genau an dem mangelt es, also:
§ 222 StGBund § 212, 22, 23 Abs. 1 StGB.

Simon
21.9.2020, 00:13:16
Ich finde, die Lösung ist hier völlig richtig. Kausal ist eine Handlung dann, wenn sie nicht
hinweggedachtwerden kann, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele. Dächte man sich das In-den-Mund-Stopfen des Sandes aber hinweg, so hätte T nicht gedacht, dass O tot sei und ihn auch nicht in die Jauchegrube geworfen. Kausalität daher (+).

Simon
21.9.2020, 00:18:20
Zu beachten bleibt, dass die Kausalität nur einen sehr groben Filter darstellt, der über die obj. Zurechnung korrigiert wird. Doch liegt auch diese mE hier vor: T hat durch das In-den-Mund-Stopfen des Sandes die rechtl. missbilligte Gefahr geschaffen, dass O stirbt. Zwar hat sich diese Gefahr nicht in O's Tod durch die Jauchegrube verwirklicht. Doch da T von Anfang an entschlossen war, O dort hineinzuwerfen, hat er durch die erste Aktion mit dem Sand eben auch die Gefahr geschaffen, dass er sein Opfer anschließend in die Grube verfrachtet, und dieses dadurch stirbt. Anders könnte man mE evtl argumentieren, wenn T den O aufgrund eines nachträglichen Entschlusses in der Grube "entsorgt" hätte.

Veterator
12.6.2021, 10:22:49
Aber ist der Clou an der objektiven Zurechnung nicht gerade, dass sich g e n a u der tatbestandliche Erfolg durch die Schaffung des rechtlich missbilligten Risikos verwirklicht? Durch die Handlung mit dem Sand hat sich das Risiko der Tötung nicht realisiert, sondern erst durch die Handlung mit der Grube. Da wurde objektiv eine Gefahr geschaffen, die sich realisiert hat. Aber hier fehlt dann der
Vorsatz. Dass ich die Kausalität weit ziehe, verstehe ich, aber die
objektive Zurechnungsoll doch gerade so einer langen Verklammerung entgegenwirken, oder? Ist das o.g. zumindest vertretbar, wenn auch offensichtlich nicht BGH, oder stehe ich komplett auf dem Schlauch?

Simon
13.6.2021, 10:56:23
Da die obj Zurechnung eine Betrachtung anhand normativer Kriterien vornimmt, besteht hier wohl durchaus Argumentationsspielraum. Natürlich hat T die Gefahr, dass O in der Jauchegraube stirbt, durch das Hineinwerfen in die Grube geschaffen. Da es bei der obj Zurechnung jedoch um die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen geht, muss hier gefragt werden, ob er nicht schon durch seine Ersthandlung (mit dem Sand) ein Ausgangsrisiko für die Zweithandlung (Jauchegrube) gesetzt hat, sodass sich diese noch als "Werk" der Ersthandlung darstellt. Dies ist hier mE zu bejahen: T hat durch seine Zweithandlung keine neue, eigenständige Gefahr geschaffen, sondern sich vielmehr der Ausgangsgefahr untergeordnet. Er verfolgte keine neuen Ziele, sondern hatte das weitere Vorgehen sogar schon von Anfang an mit einkalkuliert. Dass O noch am Leben war und erst in der Jauchegrube sterben würde, liegt nicht außerhalb aller Lebenserfahrung und stellt daher auch keinen atypischen Kausalverlauf da. Ich denke, es lassen sich hier Parallelen ziehen zu den Fällen des Dazwischentretens Dritter. Hätte T den O nach der Ersthandlung liegen lassen, sodass ein Dritter ihn gefunden und aus Mitleid die Tat des T zu Ende gebracht hätte, würde die hM wohl auch die obj Zurechnung bejahen, da sich noch ein ein vom T gesetztes Ausgangsrisiko realisierte. Dass hier der T als "Dritter" agierte, rechtfertigt für mich noch keine abweichende Beurteilung. Aber nochmal: Andere Ansicht (wie so oft) wohl gut vertretbar :)

MsFox
19.1.2020, 17:20:48
Ich finde es etw. missverständlich ausgedrückt, wenn es heißt, der T habe den O
vorsätzlichgetötet, indem er ihm den Sand in den Mund gestopft hat. Auch wenn der
Tötungsvorsatzda war, war ja nicht der Sand kausal für den Tod. "..getötet, indem Sand..." würde ja bedeuten, dass der Sand ihn getötet hat. Wäre nicht vllt. besser, etwas wie "Der Tatbestand des
Tötungsvorsatzes erfüllte sich, als O Sand in Ts Mund stopfte... " (?)

Christian Leupold-Wendling
22.1.2020, 13:11:18
Danke für die Anmerkung! Wir haben die Aussage umformuliert. Dein Vorschlag ging allerdings uE nicht weit genug, denn es kommt uns hier nicht nur auf den
Vorsatzan, sondern darauf, dass T durch das Sand in den Mund Stopfen eine Kausalkette in Gang gesetzt hat und deshalb durch diese Handlung (mittelbar) den Tod des herbeigeführt hat.

DeliktusMaximus
21.8.2022, 03:26:51
Ist das nicht die berühmte Entscheidung, in der der BGH den
dolusgeneralis, also den andauernden
Tötungsvorsatzangenommen hat? Falls ja, sollte erwähnt werden, wie umstritten der
dolusgeneralis ist, falls er nicht sogar schon aufgegeben wurde.

Lukas_Mengestu
23.9.2022, 11:38:37
Hallo DeliktusMaximus, der BGH befasst sich in dem
Jauchegrubenfallin der Tat mit dem sogenannten "
dolusgeneralis". Er lehnt in in dieser Entscheidung indes explizit ab. Dass hier eine Strafbarkeit dennoch bejaht wurde, hat er allein damit begründet, dass es sich bei dem Umstand, dass das Opfer nicht an dem Sand, sondern in der Jauchegrube erstickte, lediglich um einen unwesentliches Abweichen vom geplanten Geschehen handele, dass immer noch vom
Vorsatzumfasst war. Anknüpfungspunkt bleibt aber nach dem BGH die Ersthandlung. Es wird nicht auf den gesamten Geschensablauf abgestellt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Skinnynorris
20.4.2024, 12:21:05
Hallo, wie würde ich den Jauchegruben-Fall in der Klausur lösen? Ich hätte für einen besseren Spannungsbogen antichronologisch erst den Beseitigungsakt angeprüft und mangels
Vorsatzes verneint, und erst danach die vermeintliche Töutungshandlung geprüft und dann dort die Strafbarkeit aufgrund der zu Zurechnung bejaht. Ist das so vertretbar?

Lukas_Mengestu
22.4.2024, 14:13:41
Hallo Skinnynorris, grundsätzlich solltest Du einen Klausuraufbau wählen, bei dem Du alle angelegten Probleme ansprichst und löst. In der Regel bietet sich hierfür ein chronologischer Aufbau an, was aber nicht immer zwingend ist, wie der
Jauchegrubenfalltrefflich beweist. In der Tat bietet sich hier an, zunächst an den Wurf in die Grube anzuknüpfen und erst im Anschluss den Sand zu prüfen. Dadurch tritt die Problematik auf Ebene des
Vorsatzes klarer hervor. Es bietet sich insofern der folgende Aufbau an: A. Totschlag durch das Werfen in die Jauchegrube? --> obj. TB (+) --> subj. TB (-), da zu diesem Zeitpunkt kein
Vorsatzmehr (ging davon aus, dass er Leiche entsorgt), insb. ist "
dolusgeneralis" unzulässig B. Totschlag durch das Stopfen des Sandes --> BGH: obj. TB (s), da der Sand kausal und objektiv zurechenbar zur Bewusstlosigkeit und letztlich auch zum Tod in der Grube führte --> subj. TB (str.), laut BGH lediglich
unwesentliche Abweichung vom Kausalverlauf, ob Tod durch Sand/Jauchegrube eintritt, somit vollendeter Totschlag (fahrlässige Tötung durch das Werfen in die Grube tritt zurück), a.A. nimmt lediglich Versuch an, dann wäre noch fahrlässige Tötung zu prüfen und zu bejahen (durch Wurf in die Jauchegrube). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Alfonso_Nitti
26.5.2024, 15:47:00
So wie @[
Lukas Mengestu](221887) den Klausuraufbau vorschlägt, lässt sich dieser unweigerlich strukturieren. Auch kann folgender Aufbau zum Ziel führen: Strafbarkeit des T I. Totschlag, 212 I StGB Sand und Versenken des O 1. Objektiver Tatbestand a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolges (+) b) Kausalität (+) c)
Objektive Zurechenbarkeit(+) 2. Subjektiver Tatbestand (P): Irrtum des T: e.A.: Lehre vom
dolusgeneralis => vollendetes
Vorsatzdelikt a.A.: Auftrennen des Gesamtgeschehens in zwei vollkommen selbständige Handlungen => versuchtes
Vorsatzdelikt und Fahrlässigkeitdelikt, 53 StGB BGH: Lösung nach den Regeln über den
Irrtum über den Kausalverlauf=> unbeachtlicher Irrtum, wenn Abweichung des tatsächlichen Kausalverlaufs vom vorgestellten unwesentlich hier: vollendes
Vorsatzdelikt 3.
Rechtswidrigkeit(+) 4. Schuld (+) II. Ergebnis: 212 I StGB (+)
MaxTh2710
14.6.2024, 02:17:17
@[Alfonso_Nitti](230041) Hemmer Fall-Buch lässt grüßen;)

Alfonso_Nitti
5.7.2024, 23:18:58
Grüße zurück!
hagenhubl
17.9.2024, 11:07:58
Ist der Fall vergleichbar mit dem Fall von euch, wo T und O Alkohol trinken und O dem T in sexueller Absicht in den Schritt packt. T schlägt O und O erstickt am Erbrochenem. Jetzt schneidet T dem O mit bedingtem
Tötungsvorsatzden Penis ab. Ich habe die Frage schon bei dem entsprechenden Fall gestellt.
Api M.
18.9.2024, 21:01:27
Wie ist die
objektive Zurechnungzu begründen? Schließlich hat sich ja nicht das Risiko an dem Sand zu ersticken verwirklicht, sondern das Risiko des Werfens in die Jauchegrube.
BenRie
4.11.2024, 18:50:32
Sehe ich hier auch als problematisch: der Erfolg ist nicht durch das Sand-Stopfen eingetreten. Insofern kann sich der Täter hier nicht wegen eines vollendeten Totschlags strafbar gemacht haben. Es bliebe - betrachtet man diese Handlung isoliert - nur eine Versuchsstrafbarkeit (neben vollendeter KV-Delikte).

Susan
24.11.2024, 20:25:18
@[Api M.](227183)@[BenRie](256893) Habe gerade im Jäger nachgeschaut, und die
Objektive Zurechnungwäre auf jeden Fall zu problematisieren. Eine Ansicht vertritt wohl die Meinung, dass keine
objektive Zurechnungbesteht, wodurch durch das Sand-Stopfen nur eine Versuchte Tötung und durch das Werfen in Jauchegrube eine fahrlässige Tötung zu sehen ist (beides in Tatmehrheit zueinander). ABER: die herrschende Meinung bejaht wohl eine
objektive Zurechnung: Der Täter hat bei dem Sand-Stopfen schon die Gefahr geschaffen, dass er irrtümlich annimmt, dass das Opfer tot wäre und in der Folge durch die tatsächlich tödliche Handlung den vermeintlichen Tod verdecken möchte. Hierbei wird angeführt, dass die Verwechslung von Bewusstlosigkeit und Tod, aber auch die Tötung durch nachfolgende Beseitigung einer vermeintlichen Leiche eben noch typisch sei.

Markus Weinzettl
20.1.2025, 13:13:30
Es steht, ohnehin geplant ihm in dir jauche zu werfen. wieso sollte das mit dem sand dann eine rolle spielen? das ist irrelevant wenn er es so oder so schon geplant hat. Das ist unlogisch und falsch.

Sinan
24.1.2025, 15:57:35
Das ist kein logischer Fehler, sondern gerade Voraussetzung für die Sinnhaftigkeit des Falls!! Der Wurf in die Jauchegrube ist nicht nach § 212 StGB strafbar gewesen, weil er keinen
Tötungsvorsatzmehr in diesem Moment hatte. Die Anknüpfung an das "Sand in den Mund schieben" funktioniert gleichsam nur, wenn der Tod durch die Jauchegrube keine wesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf war. Und das wiederrum ist nur der Fall, wenn der Täter auch schon bereits bei der ersten Handlung vorhatte, die Person in die Jauchegrube zu werfen. Ansonsten hat man ja nur versuchten Totschlag und fahrlässige Tötung...
QuiGonTim
8.3.2025, 14:44:49
Wäre hier auch noch eine fahrlässige Tötung durch das Versenken in der Jauchegrube zu prüfen?
Leo Lee
10.3.2025, 22:22:52
Hallo QuiGonTim, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Es wäre nicht nur, sondern es MUSS sogar - in einer Klausur - die Mgl. der fahrlässigen Tötung angesprochen werden. Denn eine m.M. "
Versuchslösung" behandelt die Zufuhr des Sandes als versuchten Totschlag (weil nicht vollendet zu dem Zeitpunkt) und das Werfen selbst als fahrlässige Tötung. Die h.M. hingegen nimmt eine (einzige) Vollendung an, weshalb kein Raum mehr für eine zweite (fahrlässige) Tat mehr bleibt. Wenn du also der h.M. folgst (was zu empfehlen ist), dann würdest du nur die Vollendung prüfen und bejahen, indem du die unerhebliche
Abweichung vom Kausalverlaufannimmst. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-StGB 5. Auflage, Kulhanek § 16 Rn. 101 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo