Eigenverantwortliche Selbstgefährdung („Heroinspritzenfall“)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A berichtet dem ebenfalls drogenerfahrenen B, dass er Heroin habe, das man zusammen drücken könne. Daraufhin besorgt B die Spritzen. Nachdem sich beide eine Spritze mit großer Menge Heroin gesetzt haben, werden sie bewusstlos. B wird durch Dritte gerettet. A stirbt.
Einordnung des Falls
Heroinspritzenfall (BGHSt 32, 262 - eigenverantwortliche Selbstgefährdung)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat den Tod des A kausal verursacht.
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Ja, in der Tat!
2. B ist der Tod des A objektiv zuzurechnen.
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Nein!
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Anonym
7.4.2021, 04:01:22
Ein Drogensüchtiger mit Heroin wird es auch nehmen, daher ist es doch unerheblich, ob ein anderer die Spritzen besorgt. In Zweifel steht nicht die konkrete Kausalität Spritzen gekauft -> Heroin konsumiert, sondern ob das Kausalitätsprinzip in diesem Einzelaspekt des Falles maßgeblich für eine Entscheidung sein könnte.

Lukas_Mengestu
8.4.2021, 09:08:15
Hallo Nathan, im Ergebnis hast du recht, dass eine Strafbarkeit ausscheidet. Allerdings kommt es in Prüfungen maßgeblich darauf an, Schritt für Schritt dahin zu gelangen. Dabei ist sauber zwischen verschiedenen Ebenen zu differenzieren. Auf Ebene der Kausalität sind hypothetische Ersatzursachen idR unbeachtlich. Auch wenn A also das Heroin auch mit anderen Spritzen hätte konsumieren können, so hat er es im konkreten Fall mit den Spritzen des E getan, weshalb dessen Beitrag kausal war. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Sparvey Hecter
6.7.2023, 20:42:04
Ich sehe das eher so, dass im Sachverhalt lediglich drogenerfahren, aber nicht abhängig steht. Ändert aber an der Fallfrage im Endeffekt nichts.

lennart20
10.4.2023, 11:47:02
Wie grenzt man grundsätzlich die eigenverantwortliche Selbstgefährdung von der rechtfertigenden Einwilligung ab?

SanyaM
21.8.2023, 17:46:57
Ich denke, dabei ist auf die Tatherschafft abzustellen. Liegt diese zumindest nicht alleinig beim Täter, dann liegt eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vor.

WilliWillsWissen
21.9.2023, 10:09:26
Sofern B nicht drogenerfahren wäre, müsste man dann ggf. die Einwilligung verneinen aufgrund einer Überschreitung der Grenze der Sittenwidrigkeit, da B dann evlt nicht einschätzen konnte wie gefährlich eine zu große Menge Heroin ist? Oder macht man das nur in Fällen der einverständlichen Fremdgefährdung?
Leo Lee
24.9.2023, 13:30:56
Hallo WilliWillsWissen, sofern man die Einwilligung ansprechen würde, würde man wahrscheinlich bereits bei der Einwilligungsfähigkeit feststellen, dass aufgrund der Unerfahrenheit der Einwilligende (also B) nicht die Einsichtsfähigkeit hatte, die Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken. Allerdings könnte man auch. Hierzu kann ich die Lektüre von Rengier AT 21. Auflage, § 23 Rn. 9 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo