Öffentliches Recht
VwGO
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Aussagen eines Politikers
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Aussagen eines Politikers
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Oberbürgermeister O ist Politiker der P-Partei. Während einer Wahlkampfrede vor dem Rathaus, auf der er als "Oberbürgermeister" begrüßt wird, preist er seine Amtsführung und ruft zum Boykott seiner Gegner auf. Die oppositionelle G-Partei will sich das nicht bieten lassen und klagt.
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Einordnung des Falls
Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO): Aussagen eines Politikers
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Für die Streitigkeit gibt es eine aufdrängende Sonderzuweisung zum Verwaltungsrechtsweg.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Äußerungen von Politikern sind stets öffentlich-rechtlich.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Os Auftritt und seine Äußerungen erfolgten hier in seiner Eigenschaft als Mitglied der P-Partei. Die Äußerung ist als privatrechtlich zu qualifizieren.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Tr(u)mpeltier junior
28.11.2020, 10:21:38
Angesichts der neueren Rechtsprechung des BVerfG im Fall Seehofer, müsste man diesen Fall mE ggfs updaten und zu dem Schluss kommen, dass allein die Begrüßung mit der amtsbezeichnung und die räumliche Nähe zum Rathaus nicht genügen, sofern nicht auch öffentliche Mittel eingesetzt werden. Hier einige Kriterien, die das BVerfG zur Abgrenzung nennt: Für ein Handeln als Regierungsmitglied sprechen offizielle Publikationen, Pressemitteilungen, Veröffentlichungen auf der Internetseite des Ministeriums, die Verwendung von Staatssymbolen oder die Nutzung der Amtsräume. Das gilt auch, wenn Sach- und Finanzmittel eingesetzt werden, die an das Regierungsamt gebunden sind oder wenn ein Bundesminister sich im Rahmen einer Regierungsveranstaltung äußert.
Tr(u)mpeltier junior
28.11.2020, 10:22:02
Anders ist es dagegen bei Parteiveranstaltungen, Talkrunden und Interviews. Dabei schadet es nichts, dass dabei in aller Regel auch die Amtsbezeichnung genannt wird. Auch wenn die dpa ihr Interview etwa als "Interview mit Bundesinnenminister Horst Seehofer" bezeichnet, kann Seehofer sich darin sowohl als Minister als auch als Parteipolitiker - und ggf. als Privatmann - äußern.
Tr(u)mpeltier junior
28.11.2020, 10:22:58
Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Urt. v. 09.06.2020, Az. 2BvE 1/19
TeamRahad 🧞
26.12.2020, 09:46:36
@Tr(u)mpeltier junior, daran habe ich auch gedacht und finde deine Ausführungen auf den ersten Blick überzeugend. Ob das Ruthig in Kopp/Schenke auch so sieht, bleibt abzuwarten. Nachdem die aktuelle 26. Auflage das Urteil wohl zeitlich noch nicht berücksichtigen konnte, deckt sich die angegebene Fundstelle von 2017 inhaltlich mit der aktuellen 🤷
Lukas_Mengestu
22.7.2021, 17:12:13
Hallo zusammen, wir haben den Fall nun im Hinblick auf das Urteil des BVerfG noch einmal überarbeitet. Tatsächlich dürften in der vorliegenden Konstellation nicht genügend Anhaltspunkte für eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegen, da eben keinerlei spezifischen Amtsmittel genutzt wurden (anders zB bei dem Aufruf des ehemaligen Düsseldorfer Bürgermeisters Thomas Geisel im Hinblick auf die Aktion "Lichter aus - Düsseldorf setzt ein Zeichen gegen Intoleranz", die auf der Internetseite: www.duesseldorf.de veröffentlicht worden war, vgl. BVerwG, NVwZ 2018, 433). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
PrüfungsProfi
4.6.2024, 09:50:52
Entspricht die Frage bei der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder eine priatrechtliche Äußerung eines Amtsträgers handelt, der Frage im Staatsrecht, ob sich eine Person in ihrer Funktion als Mitglied des Bundestags oder als Parteipolitiker geäußert hat?