Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs.1 VwGO): Rechtsnatur des Hausverbots (Maskenverweigerung)


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Querdenker Q braucht einen Reisepass. Allerdings will er sich nicht an die Maskenpflicht im städtischen Bürgerbüro der Gemeinde G halten. Zum Schutz der Mitarbeiter erlässt Bürgermeisterin B gegenüber Q ein Hausverbot. Q möchte sich hiergegen wehren.

Einordnung des Falls

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs (§ 40 Abs.1 VwGO): Rechtsnatur des Hausverbots (Maskenverweigerung)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Streitigkeit zwischen Q und S gibt es eine aufdrängende Sonderzuweisung zum Verwaltungsrechtsweg.

Nein, das trifft nicht zu!

Aufdrängende Sonderzuweisungen haben Vorrang vor der Generalklausel des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO. Für die Streitigkeit zwischen Q und S gibt es jedoch keine aufdrängenden Sonderzuweisungen. Es kommt also auf die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO an. Aufdrängende Sonderzuweisungen gibt es z.B. für Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen: § 126 Abs. 1 BBG bzw. § 54 Abs. 1 BeamtStG für Beamte (des Bundes bzw. des Landes), § 46 DRiG für Richter. Liegt keine aufdrängende Sonderzuweisung vor, genügt die Feststellung: "Aufdrängende Sonderzuweisungen sind nicht ersichtlich."

2. Für den Ausspruch eines Hausverbotes in öffentlichen Gebäuden kommen stets nur öffentlich-rechtliche Vorschriften in Betracht.

Nein!

Wird ein Hausverbot gegen Störer in öffentlichen Gebäuden erlassen, so ist problematisch, auf welche streitentscheidenden Normen (Sonderrechtstheorie) sich dieses stützt. Denn auch öffentliche Sachen unterstehen der zivilrechtlichen Eigentums- und Besitzordnung. Dem Staat können deshalb zum einen zivilrechtliche Abwehransprüche zur Verfügung stehen (§§ 861 ff. BGB, § 1004 BGB). Andererseits ist anerkannt, dass - selbst wenn keine explizit normierte öffentlich-rechtliche Ermächtigung besteht - jedenfalls aus der Zuweisung der Verwaltungsaufgabe an die Behörde zugleich als (gewohnheitsrechtlich anerkannte) Annexkompetenz das Hausrecht folge. Hierzu gehört auch das Recht, ein (öffentlich-rechtliches) Hausverbot auszusprechen. Explizite Regelungen des Hausrechts finden sich z.B. für Parlamentspräsidenten (Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 S. 2 SHVerf).

3. Die heute h.M. stellt bei der Abgrenzung, auf welche Vorschriften das Hausverbot gestützt ist, auf den Zweck ab, den der Besucher verfolgt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach einer früher auch von der Rechtsprechung vertretenen Ansicht war bei der Bestimmung der streitentscheidenden Norm auf den Zweck des Besuchs der vom Hausverbot Betroffenen abzustellen. Nach der heute vorherrschenden Ansicht ist dagegen der von der Behörde mit dem Hausverbot verfolgte Zweck entscheidend. Solange das Hausverbot der Sicherung des Zwecks der öffentlichen Widmung des (Verwaltungs-)Gebäudes dient (=Funktionsfähigkeit der Verwaltung), ist es als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.Für die hM spricht, dass das Betreten eines öffentlichen Gebäudes auf verschiedenen Motiven beruhen kann und die ausschlaggebende Intention des Besuchs im Augenblick der Aussprache des Hausverbots regelmäßig nicht bekannt ist.

4. Da das ausgesprochene Hausverbot dem Schutz der Mitarbeiter dienen soll, ist es entsprechend seiner Zwecksetzung als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.

Ja, in der Tat!

Nach der heute vorherrschenden Ansicht ist für die Frage, ob ein Hausverbot in öffentlichen Gebäuden auf privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Vorschriften gestützt wird, der Zweck des Hausverbotes entscheidend. Dient das Hausverbot der Sicherung des Zwecks der öffentlichen Widmung des (Verwaltungs-)Gebäudes (=Funktionsfähigkeit der Verwaltung), ist es als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren.Hier dient das Hausverbot dem Schutz der Mitarbeiter und damit der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Bürgerbüros. Als streitentscheidende Normen sind somit öffentlich-rechtliche Vorschriften heranzuziehen (Annexkompetenz).

5. Stellt man auf den Zweck von Qs Besuch (Verlängerung des Reisepasses) ab, ist das Hausverbot als privatrechtlich einzustufen.

Nein!

Früher stellte die Rechtsprechung bei der Einordnung des Hausverbotes teilweise auf den Zweck des Besuchs der vom Hausverbot Betroffenen ab. Betrete der Besucher das Gebäude mit öffentlich-rechtlicher Zielsetzung, also im Rahmen des Widmungszwecks, so sei auch das Hausverbot als öffentlich-rechtlich einzustufen. Gehe es dagegen um private Interessen außerhalb des Widmungszwecks, liege ein privatrechtliches Hausverbot vor.Q will im Bürgerbüro einen Reisepass beantragen. Damit entspricht sein Interesse dem Widmungszweck des Büros, das gerade dafür da ist, dass Bürger Anträge stellen können. Auch nach dem Zweck stützt sich das Hausverbot auf öffentlich-rechtliche Vorschriften, sodass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Kommen beide Abgrenzungen zu identischen Ergebnissen, musst Du in der Klausur keinen Streitentscheid führen.

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