Wahrnehmung / Vollendung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Der Italiener I beschimpft den O auf Italienisch. O versteht kein Wort und weiß nicht, was I von ihm will.
Einordnung des Falls
Wahrnehmung / Vollendung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Beleidigung (§ 185 StGB) setzt die Wahrnehmung der Äußerung voraus.
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Ja!
2. O hat die Beleidigung wahrgenommen.
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Nein, das ist nicht der Fall!
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iustus
15.2.2021, 18:20:36
Heißt das dann auch, dass man auf Deutsch jemanden beleidigen kann, der kein Wort Deutsch versteht, ohne rechtliche Konsequenzen?
Machegenga
9.3.2021, 15:54:50
Ich verstehe die Lösung so: man ist auf der sicheren Seite, solange niemand anderes dabei ist, der die Äußerung als Beleidigung versteht.
Blotgrim
10.7.2022, 10:25:47
Hätte ich jetzt auch gesagt, wenn Leute da sind die die Beleidigung verstehen besteht ja die Möglichkeit die Person in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen
alivic
19.2.2023, 13:00:46
Wie wäre es, wenn O sich die Beleidigung merkt, seinen Kumpel fragt (welcher italienisch spricht) und dann sich beleidigt fühlt? Könnte da O gegen I vorgehen?

Lukas_Mengestu
1.3.2023, 16:04:17
Hallo alivic, grundsätzlich ist die Tathandlung mit der Kundgabe an den anderen vollendet (MüKoStGB/Regge/Pegel, 4. Aufl. 2021, StGB § 185 Rn. 37). Sofern er diese Beleidigung nicht versteht, kommt nach der hM insoweit allein eine versuchte Beleidigung in Betracht. In der von Dir gebildeten Abwandlung ist das strafbare Handeln bereits abgeschlossen. Die nachträgliche Kenntnis über die Bedeutung der Beschimpfung ändert insoweit daran nichts mehr. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team