Strafrecht

BT 8: Ausssagedelikte

Beleidigung, § 185 StGB

Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung

Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
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Klassisches Klausurproblem

T postet auf Facebook, dass alle Beamten des Bauamts der Stadt Coesfeld bestechlich seien. Das Bauamt hat dort fünf Beamte.

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Einordnung des Falls

Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. § 185 StGB setzt ein taugliches Tatobjekt, also die Beleidigungsfähigkeit des Betroffenen voraus.

Ja, in der Tat!

Die Beleidigung (§ 185 StGB) setzt die passive Beleidigungsfähigkeit des Tatobjekts voraus. Beleidigungsfähig sind insbesondere alle lebenden natürlichen Personen als Ehrträger. Besondere Fallgruppen sind die Beleidigung eines Kollektivs als Kollektiv und die Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung.
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2. T beleidigt durch die Formulierung jeden einzelnen Beamten des Bauamts.

Ja!

Eine Beleidigung Einzelner unter einer Kollektivbezeichnung liegt vor, wenn sich der Täter in ehrverletzender Weise über eine Personengemeinschaft äußert, wobei seine Aussage nicht den Geltungswert der Personengemeinschaft als solcher in Frage stellt, sondern die Ehre aller darin versammelten Individuen. Beleidigungen unter einer Kollektivbezeichnung sind strafrechtlich nur relevant, wenn (1) sie sich auf einen deutlich aus der Allgemeinheit hervortretenden Personenkreis beziehen, (2) der klar abgrenzbar und überschaubar ist und (3) dessen Mitglieder sich zweifelsfrei bestimmen lassen. Ansonsten verliert sich die Beleidigung in der Anonymität. Die Beleidigung bezieht sich nur auf die Beamten des Bauamts. Dieser Personenkreis besteht aus fünf Personen und ist somit überschaubar. Die einzelnen Beamten lassen sich auch zweifelsfrei bestimmen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JC1909

jc1909

10.9.2024, 07:37:51

ist das hier nicht eher eine Tatsachenbehauptung und damit § 186?

TI

Timurso

10.9.2024, 08:13:01

Ist imo ein Grenzfall "Die Beamten haben sich in der Vergangenheit der Bestechlichkeit strafbar gemacht" wäre auf jeden Fall eine Tatsache. "sind bestechlich" ist dagegen deutlich weicher, es ist nicht ganz klar, was "bestechlich sein" jetzt genau ausmacht, zumal es sich um eine nicht wirklich beweisbare innere Einstellung der Beamten handelt. Man könnte daher meiner Meinung durchaus vertreten, dass es ein Werturteil ist. Vergleichbar halte ich das mit der Aussage "

Soldaten sind Mörder

", die trotz einem sehr objektiven Anschein von den Gerichten als Werturteil eingeordnet wurde. Allerdings sprechen durchaus auch gewichtige Gründe dafür, es als Tatsachenbehauptung einzuordnen. Einerseits gibt es eben auch innere Tatsachen, andererseits führt die schwierige Beweisbarkeit ja nicht dazu, dass es keine Tatsache mehr ist, sondern im Zweifel eben zur Strafbarkeit nach § 186 StGB. Im Endeffekt ist das ganze auch nicht so relevant, da § 185 StGB sowohl bei Tatsachenäußerungen als auch bei Werturteilen greift und die Frage ja nur auf die Beleidigungsfähigkeit von Kollektiven abzielt, für die bei § 185 und § 186 StGB das gleiche gilt. § 186 wäre nur neben § 185 einschlägig.


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