Grundfall 1

12. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T hasst seinen Nachbarn N. Als dieser gerade mit einer lauten Heckenschere die Hecke schneidet, schreit T ihn an: „Verpiss dich aus meiner Straße du Bastard!“ N fühlt sich angegriffen.

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Einordnung des Falls

Grundfall 1

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. T hat den N beleidigt (§ 185 StGB).

Ja!

Eine Beleidigung ist der Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung. Sie hat vier Bestandteile: Es wird (1) eine Tatsachenbehauptung gegenüber dem Betroffenen bzw. ein Werturteil gegenüber dem Betroffenen oder einem Dritten (2) kundgegeben, (3) die Äußerung hat ehrverletzenden Inhalt und (4) wird vom Adressaten wahrgenommen. T hat sich mündlich geäußert. Der Begriff Bastard wird heutzutage vorwiegend als Schimpfwort bezeichnet. Es stellt die persönliche herabwürdigende Bewertung eines anderen Menschen dar und ist somit ein ehrverletzendes Werturteil. Dieses hat der Betroffene N wahrgenommen.Nicht maßgeblich ist insofern die frühere Verwendung des Begriffes Bastard als Bezeichnung für nichteheliche Kinder bzw. Kinder von Eltern unterschiedlicher Stände.
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2. N ist ein taugliches Tatobjekt.

Genau, so ist das!

Die Beleidigung (§ 185 StGB) setzt die passive Beleidigungsfähigkeit des Tatobjekts voraus. Beleidigungsfähig sind insbesondere alle lebenden natürlichen Personen als Ehrträger. Besondere Fallgruppen sind die Beleidigung eines Kollektivs als Kollektiv und die Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung. N ist als Mensch beleidigungsfähig. Damit ist der objektive Tatbestand der Beleidigung erfüllt.

3. T handelte vorsätzlich.

Ja, in der Tat!

Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz, der wenigstens in Form des dolus eventualis vorliegen muss. Eine besondere Kränkungsabsicht ist nicht erforderlich. Ausreichend ist deshalb das Bewusstsein, dass die Äußerung nach ihrem objektiven Erklärungswert einen beleidigenden Inhalt hat. Von einem solchen Bewusstsein ist bei T auszugehen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BL

Blotgrim

8.7.2022, 11:36:04

Ich würde vielleicht noch einen kleinen Hinweis ergänzen, dass es hier nicht relevant ist, dass das Wort "Bastard" eigentlich ein uneheliches Kind bezeichnet und somit theoretisch eine

Tat

sachenbehauptung wäre, was aber aufgrund seiner heutigen Verwendung nicht mehr der Fall ist

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

12.7.2022, 13:04:37

Den haben wir ergänzt. Danke DIr :-)

GNU

Gnu

14.1.2023, 18:57:55

Ich wäre hier davon ausgegangen, dass bei Zuruf über den lauten Geräuschpegel einer Motorsäge hinweg nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Betroffene einen hört oder versteht - ergo, dass der

Vorsatz

bezüglich des Kundgabeerfolgs fehlt. Was meint ihr? :)

Cosmonaut

Cosmonaut

23.1.2024, 19:46:10

Ein kurzer Hinweis, wie mit solchen

Kollektivbeleidigung

en umzugehen ist wäre toll.


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