Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, § 1 Abs. 1 HGB, Gewerbebegriff 2


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Gärtner G betreibt nebenberuflich an den Wochenenden eine Studenten-Kneipe. Er beschäftigt 10 Mitarbeiter, davon sind zwei für Einkauf und Reservierungen zuständig.

Einordnung des Falls

Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, § 1 Abs. 1 HGB, Gewerbebegriff 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB).

Ja, in der Tat!

Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1 HGB) („Ist-Kaufmann“). Die ausgeübte Tätigkeit muss ein Gewerbe in Gestalt eines Handelsgewerbes (§ 1 Abs. 2 HGB) darstellen und der Ausübende muss dessen Betreiber sein. Erfüllt G’s Kneipe die Voraussetzungen eines Handelsgewerbes, ist G als Betreiber Kaufmann (§ 1 Abs. 1 HGB). Ihn treffen dann die auf den Handelsverkehr zugeschnittenen Rechte und Pflichten des HGB.

2. G’s Kneipenbetrieb ist eine offene Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 HGB).

Ja!

Ein Gewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB) ist nach herrschender Meinung jede (1) offene, (2) planmäßige, (3) selbständige, (4) erlaubte, (5) von der Absicht dauernder Gewinnerzielung getragene Tätigkeit mit (6) Ausnahme freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit. Eine Tätigkeit ist offen, wenn sie am Markt in Erscheinung tritt. Dadurch wird der geschäftliche Bereich vom privaten Handeln unterschieden. Hieran fehlt es bei rein privater Wirtschaftstätigkeit. G’s Kneipe ist ein sichtbarer und öffentlich zugänglicher Gastronomiebetrieb, mit dem er am Markt tätig ist.

3. G betreibt die Kneipe als Selbstständiger (§ 1 Abs. 1 HGB).

Genau, so ist das!

Rechtlich selbstständig (§ 1 Abs. 1 HGB) ist, wer über Gestaltung, Einteilung und Dauer der Tätigkeit ohne rechtliche Einschränkungen frei entscheidet (§ 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Abgrenzung erfolgt anhand der Vertragsgestaltung und Handhabung im Einzelfall. G bestimmt selbst über Ablauf und Gestaltung des Kneipenbetriebs. Er ist in keinem rechtlichen Abhängigkeits- oder Weisungsverhältnis. Dass es sich um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt, schadet nicht.

4. G betreibt seine Kneipe planmäßig auf Dauer angelegt (§ 1 Abs. 1 HGB).

Ja, in der Tat!

Eine planmäßig auf Dauer angelegte Tätigkeit ist während eines bestimmten Zeitraums auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften gerichtet und wird nicht nur gelegentlich ausgeübt. G’s Wille, in der Kneipe regelmäßig eine unbestimmte Vielzahl gleichartiger, in einer Kneipe üblicher Geschäfte abzuschließen, tritt durch das Angebot nach außen hervor.

5. G’s Kneipenbetrieb ist auf Gewinnerzielung gerichtet (§ 1 Abs. 1 HGB).

Ja!

Eine Tätigkeit ist nach der Rechtsprechung auf Gewinnerzielung gerichtet, wenn die Absicht besteht, einen Gewinn, also einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen. Dies wird bei Privatunternehmern vermutet, bei Unternehmen der öffentlichen Hand muss es im Einzelfall festgestellt werden. G’s Kneipe ist ein privates Unternehmen. Hier wird Gewinnerzielungsabsicht widerleglich vermutet.

6. Das Betreiben einer Kneipe ist eine freiberufliche, künstlerische oder wissenschaftliche Tätigkeit (§ 1 Abs. 1 HGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Freiberufliche, wissenschaftliche oder künstlerische Tätigkeiten fallen nicht unter den Gewerbebegriff. Hier steht nicht der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, sondern die Erbringung individueller höchstpersönlicher Dienstleistungen im Vordergrund. Beim Kneipenbetrieb des G handelt es sich nicht um einen freien Beruf, bei dem die höchstpersönliche Dienstleistung im Vordergrund steht (vgl. die Berufsgruppen in § 1 Abs. 2 PartGG). In einem Gastronomiebetrieb steht die Bewirtung der Gäste im Vordergrund.

7. Indem G die Kneipe betreibt, übt er eine erlaubte Tätigkeit aus (§ 1 Abs. 1 HGB).

Ja, in der Tat!

Nach herrschender Meinung können verbotene oder sittenwidrige Tätigkeiten (§§ 134, 138 BGB) kein Gewerbe sein. Den Betreibern sollen nicht die privilegierenden Rechte eines Kaufmanns zustehen. Handelsrechtliche Pflichten können ihn nach den Grundsätzen zum Scheinkaufmann trotzdem treffen, sodass auch keine Benachteiligung der Geschäftspartner entsteht. Das Betreiben der Kneipe ist weder sittenwidrig noch verstößt es gegen ein gesetzliches Verbot. Auf eine öffentlich-rechtliche Genehmigung (§ 2 Abs. 1 GastG) kommt es nicht an (§ 7 HGB).

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