Grundfall: Begriffsverständnis "Wissenschaft, Forschung und Lehre"


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Biologe B versucht, in umfangreichen Experimenten herauszufinden, wieso Spinnen ihre Netze in bestimmten Formen bauen. Die Ergebnisse seiner Arbeit vermittelt er regelmäßig in Biologie-Vorlesungen an Studierende.

Einordnung des Falls

Grundfall: Begriffsverständnis "Wissenschaft, Forschung und Lehre"

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B betreibt Wissenschaft im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG.

Ja, in der Tat!

Wissenschaft im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. B will herausfinden, wieso Spinnen ihre Netze in bestimmten Formen bauen. Er will insofern die Wahrheit in Bezug auf die Beantwortung dieser Frage herausfinden. Hierfür nutzt er umfangreiche Experimente, welche nach Inhalt und Form einen ernsthaften Versuch zur Ermittlung dieser Wahrheit darstellen. B betreibt somit Wissenschaft im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG.Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG bestimmt, „Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei“. Damit sind nicht drei verschiedene Grundrechte gemeint. Wissenschaft ist der Oberbegriff, der Forschung und Lehre mit umfasst.

2. Die Experimente des B stellen Forschung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG dar.

Ja!

Forschung im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG ist die Erarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sie stellt - zusammen mit der Lehre - eine der Formen wissenschaftlicher Betätigung dar. Als solche ist sie als Teilelement des Oberbegriffs Wissenschaft zu verstehen. Mit den Experimenten erarbeitet sich der B seine Erkenntnisse im Rahmen seiner wissenschaftlichen Betätigung zum Netzbau von Spinnen. Die Experimente stellen damit Forschung dar. Für den Begriff der Forschung i.S.d. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG werden verschiedene Definitionen vertreten. Die hier gewählte Definition der Erarbeitung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist weit zu verstehen. Erfasst ist jede geistige Tätigkeit mit dem Ziel, neue Erkenntnisse zu gewinnen.

3. Die Vorlesungen des B stellen Lehre im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG dar.

Genau, so ist das!

Lehre im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG ist die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Auch sie stellt - zusammen mit der Forschung - eine der Formen wissenschaftlicher Betätigung dar. Als solche ist sie als Teilelement des Oberbegriffs Wissenschaft zu verstehen. Bei den Vorlesungen vermittelt B seine Erkenntnisse seiner wissenschaftlichen Betätigung an Studierende. Sie stellen somit Lehre dar.Für den Begriff der Lehre i.S.d. Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG werden verschiedene Definitionen vertreten. Die hier gewählte Definition der Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist weit zu verstehen. Die Lehre erfasst insbesondere den Inhalt, den methodischen Ansatz und das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen.

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CR7

CR7

14.7.2023, 13:13:05

Ist das Veröffentlichen einer Forschungsarbeit/Doktorarbeit auch „Lehre“ im Sinne dieser Norm?

LEA

Lea

4.9.2023, 12:46:30

Zur Lehre zählt kein Schulunterricht, richtig ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

26.9.2023, 12:21:45

Hallo Lea, in der Tat fällt der Unterricht an allgemeinbildenden Schulen nicht in den Schutzbereich der Norm. Der Lehrbegriff in Art. 5 GG ist eng mit der Forschungsfreiheit verknüpft. Es geht also um die Wiedergabe bzw. Weitergabe des Erforschten. An dieser Verbindung fehlt es dem Unterricht an Schulen, sodass dieser nicht in den Schutzbereich fällt (näher dazu: BeckOK GG/Kempen, 56. Ed. 15.8.2023, GG Art. 5 Rn. 183). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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