Öffentliches Recht
Grundrechte
Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 Alt. 2 GG)
Begriff Wissenschaftliche Lehre
Begriff Wissenschaftliche Lehre
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M ist Mitarbeiterin einer universitären Fakultät, die sich mit den Strukturen der deutschen Sprache beschäftigt. Sie veröffentlicht für diese Fakultät Bücher für Germanistik-Studierende und hält Vorlesungen zu mittelalterlicher Lyrik.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Begriff Wissenschaftliche Lehre
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M ist Wissenschaftlerin im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist Ms Veröffentlichung von Büchern für Germanistik-Studierende Lehre im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG?
Genau, so ist das!
3. Sind Ms Vorlesungen zu mittelalterlicher Lyrik Lehre im Sinne von Art. 5 Abs. 3 S. 1 Var. 2 GG?
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Joana
3.10.2023, 17:54:49
Wo zieht man denn hier die Grenze? Ich frage mich, ob ein gewisser Kenntnisstand oder ein gewisses methodisches Vorgehen erforderlich ist… oder ob sich jeder „Hans und Franz“ darauf berufen kann, also ohne universitären Kontext.
ChefMarcelo
3.10.2023, 18:10:52
Ich würde sagen „Ernsthaftigkeit“ iSd Art 5 setz das inzident voraus. Ich kann nur ernsthaft forschen, wenn ich ansatzweise dazu befähigt bin und die Mittel dafür habe oder aufbringen kann. Einzelfallentscheidung
Nora Mommsen
4.10.2023, 14:01:12
Hallo ihr Beiden, danke für den Austausch. Die grundrechtliche Abwägung ist wie richtigerweise schon angemerkt wurde letztlich immer eine Einzelfallentscheidung. Es ist aber doch einiges zu beachten. Zum einen unterliegt Art. 5 Abs. 3 GG nicht der Schranke des Art. 5 Abs. 2 GG. Vielmehr bleiben allein verfassungsimmanente Schranken. Der Schutzbereich ist großzügig auszulegen. Es kommt tatsächlich auf ein methodisches und systematisches Vorgehen an. Dabei muss nicht der herrschenden L
ehreoder dem wissenschaftlichen "Mainstream" gefolgt werden. Vielmehr entsteht wissenschaftliche Erkenntnis ja oft zur Abweichungen und neue Wege. Eine Grenze ist aber erreicht, wenn die wissenschaftliche Tragfähigkeit sich positiv unter Heranziehung allgemein anerkannter Rationalitätsstandards evident widerlegen lässt. Das systematische Ausblenden von Qualitätsstandards, anerkannten Fakten und und Ergebnissen kann ein Indiz dafür sein. Ihr merkt aber schon: Auch an dieser Stelle ist es nur eine Näherung an den Begriff, den man im Einzelfall herausarbeiten muss. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
Amelie7
14.11.2024, 15:00:22
Wo liegt hier der Unterschied zu Schulunterricht?
Leo Lee
16.11.2024, 10:00:43
Hallo Amelie7, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! In der Tat kann man das, was man in der Schule macht, nicht immer pauschal als "nicht wissenschaftlich" abtun, da auch in der Schule die kritische Auseinandersetzung mit einem bestimmten Thema gefördert und auch im Unterricht umgesetzt wird. Der hauptsächliche Unterscheid besteht jedoch darin, dass die Schule immer noch sehr viel mehr anwendungsbezogen ist als die Uni. d.h., die Materie ist auf universitärer Stufe abstrakter und deshalb auch wissenschaftlicher, während auf der schulischen Ebene die Anwendung im echten Leben (auch wenn man manchmal das gegenteilige Gefühl hat) im Vordergrund steht. Dies wird auch dadurch bekräftigt, dass das Schulwesen separat im Art. 7 geregelt ist. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom Jarass/Pieroth GG 18. Auflage, Jarass Art. 5 Rn. 136 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo