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Entscheidungen von 2020

Verbot der Vollverschleierung für Schülerin im Unterricht

Verbot der Vollverschleierung für Schülerin im Unterricht

23. November 2024

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Muslimin M ist Mutter der 16-jährigen T und hat für T das alleinige Sorgerecht. Die Behörde fordert M – unter formell rechtmäßiger Anordnung der sofortigen Vollziehung – auf, dafür zu sorgen, dass T ohne Vollverschleierung zum Unterricht erscheint. M begehrt Eilrechtsschutz.

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Einordnung des Falls

Verbot der Vollverschleierung für Schülerin im Unterricht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 18 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthafte Antragsart ist hier ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO).

Genau, so ist das!

Richtig, dies entspricht dem Begehren der M (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO). Gegen die Anordnung zur Einwirkung auf T wären grundsätzlich Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft, da es sich hierbei um einen belastenden Verwaltungsakt handelt. Diese Rechtsbehelfe haben vorliegend jedoch ausnahmsweise keine aufschiebende Wirkung, da die Schulbehörde die sofortige Vollziehung angeordnet hat (§ 80 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO). Damit ist ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO) statthaft. Gegen die Zulässigkeit des Eilantrags bestehen insoweit keine Bedenken.
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2. Der Antrag der M ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der M das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.

Ja, in der Tat!

Bei formell fehlerfreier Anordnung der sofortigen Vollziehung ist der Antrag (§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO) begründet, wenn das Interesse der M an der Aussetzung des Verwaltungsakts das öffentliche Interesse an dessen Vollzug überwiegt. Hierbei ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen. Diese richtet sich in erster Linie nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Insbesondere überwiegt das Aussetzungsinteresse, wenn der VA bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO), denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen VA kann kein öffentliches Interesse bestehen.

3. Bei einer summarischen Prüfung werden Sachverhaltsfragen umfassend geprüft, Rechtsfragen jedoch nicht abschließend geklärt.

Nein!

Im vorläufigen Rechtsschutz kann aufgrund der Eilbedürftigkeit nur eine summarische Prüfung des Hauptsacheverfahrens stattfinden. Das bedeutet, dass die gerichtliche Prüfungsdichte insoweit verdichtet wird, als Sachverhaltsfragen nicht erschöpfend geklärt werden müssen. Rechtsfragen sind jedoch, vor allem im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG), umfassend zu prüfen.

4. Rechtsgrundlage für die Anordnung gegen M ist § 41 Abs. 1 S. 1 Hamburgisches Schulgesetz (HmbSG).

Genau, so ist das!

§ 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG bestimmt: "Die Sorgeberechtigten sind dafür verantwortlich, dass die Schulpflichtigen am Unterricht und an den Unterrichtsveranstaltungen der Schule regelmäßig teilnehmen." Dies kommt hier als Ermächtigungsgrundlage für die Anordnung gegen M in Betracht, denn T ist schulpflichtig (§ 37 HmbSG) und auch verpflichtet, regelmäßig am Unterricht teilzunehmen (§ 28 Abs. 2 HmbSG). M ist zudem richtige Adressatin der Anordnung, da sie das alleinige Sorgerecht für T hat (§§ 1626, 1671 BGB).

5. Der Tatbestand des § 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG ist hier erfüllt, denn mit einer Vollverschleierung (sog. Niqab) kann T nicht am Unterricht "teilnehmen".

Nein, das trifft nicht zu!

OVG: Die "Teilnahme" (§ 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG) beinhalte über die bloße Anwesenheit hinaus eine aktive Mitwirkung am Unterricht. Der VGH München entschied 2014, dass das Tragen eines Niqab das Bildungsziel der Schule abstrakt gefährde und die effektive Unterrichtsteilnahme unmöglich mache oder jedenfalls erheblich erschwere. OVG: T könne auch mit Niqab am Unterricht "teilnehmen": Die verbale Unterrichtsteilnahme sowie non-verbale Kommunikation über einen Augenkontakt und Teilnahme durch Gestik (z.B. Melden, Nicken) seien möglich. Angesichts dessen bestehe keine Veranlassung von M zu verlangen, entsprechend der behördlichen Anordnung auf T einzuwirken (RdNr. 18f.).

6. Im Übrigen kann die Anordnung auch rechtswidrig sein, weil eine inhaltsgleiche Anordnung nicht gegenüber T ergehen dürfte. Dann besteht auch keine Mitwirkungspflicht der M (§ 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG).

Ja!

Richtig! Unabhängig vom Begriff der "Teilnahme" (§ 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG) ist die Anordnung auch dann rechtswidrig, wenn die Schulbehörde den Verzicht auf eine Vollverschleierung von T rechtlich nicht verlangen könnte. Dann bestünde auch keine entsprechende Mitwirkungspflicht der M. Das OVG prüft hier, ob eine (hypothetische) Anordnung gegenüber T nach der aktuellen Gesetzeslage – insbesondere wegen des damit verbundenen Grundrechtseingriffes – überhaupt möglich wäre.

7. Die Grundrechte sind auf T während des Schulbesuchs nicht anwendbar, da sie dabei in einem besonderen Näheverhältnis zum Staat steht (vgl. § 28 Abs. 1 HmbSG).

Nein, das ist nicht der Fall!

T steht zwar während des Schulbesuchs in einem besonderen Näheverhältnis zum Staat (§ 28 Abs. 1 HmbSG). Gleichwohl ist anerkannt, dass die Grundrechte auch in derartigen Sonderrechtsverhältnissen gelten (grundlegend dazu BVerfGE 33, 1 (10f.) - Strafgefangene). Die Grundrechtsberechtigung der T wird durch ihre Eingliederung in den staatlichen Bereich nicht von vornherein oder grundsätzlich infrage gestellt.

8. Die Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) schützt auch die Freiheit, den Glauben nach außen zu bekunden und sein Verhalten daran auszurichten.

Ja, in der Tat!

Die Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) schützt als einheitliches Grundrecht nicht nur die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben (forum internum), sondern auch die äußere Freiheit, den Glauben zu bekunden und zu verbreiten (forum externum). Dazu gehört auch das Recht der Einzelnen, ihr Verhalten an den Lehren ihres Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln und zu leben. Dazu zählt auch das Befolgen religiöser Bekleidungsvorschriften.

9. Eine bestimmte Verhaltensweise ist nur dann von der Glaubensfreiheit erfasst, wenn sie in der jeweiligen Glaubensgemeinschaft weit verbreitet ist.

Nein!

OVG: Was im Einzelfall als Religionsausübung zu betrachten ist, richtet sich allein nach dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft und der einzelnen Grundrechtsträger. Entscheidend ist, dass der/die Betroffene ein Verhaltensgebot für sich für verbindlich hält. Der Staat darf Glaubensüberzeugungen nicht bewerten. Somit darf sich ein Gericht nicht damit befassen, ob eine bestimmte Verhaltensweise nachvollziehbar ist oder von einer großen Zahl von Gläubigen vertreten wird. Die gerichtliche Prüfung muss sich darauf beschränken, ob es plausibel erscheint, dass eine bestimmte Verhaltensweise religiös fundiert ist (vgl. RdNr. 24).

10. Das Tragen einer Vollverschleierung ist von der Glaubensfreiheit der T (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) umfasst.

Genau, so ist das!

OVG: Nach dem Selbstverständnis des Islam bzw. der T ist das Tragen eines gesichtsverhüllenden Schleiers als Religionsausübung im Sinne der Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) zu betrachten, obwohl dies nur von einer Minderheit im Islam als religiöses Gebot begriffen wird. T ist im Übrigen auch religionsmündig, da in Deutschland ab Vollendung des 14. Lebensjahres eine uneingeschränkte Religionsmündigkeit besteht (vgl. § 5 des Gesetzes über die religiöse Kindererziehung) (RdNr. 24).

11. Ein Verbot, den Niqab zu tragen, ist ein Eingriff in die Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) der T.

Ja, in der Tat!

Richtig – eine etwaige Anordnung eines Verbots der Vollverschleierung gegenüber T stellt einen klassischen Grundrechtseingriff dar. T ist noch schulpflichtig und sie könnte die Schule nur besuchen, wenn sie ihre religiösen Überzeugungen zurückstellt.

12. Die Rechtfertigung eines Eingriffs in das vorbehaltlos gewährleiste Grundrecht der Glaubensfreiheit (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) scheidet von vornherein aus.

Nein!

Auch Grundrechte, die keine Gesetzesvorbehalte enthalten, können durch verfassungsimmanente Schranken beschränkt werden. Dazu zählen die Grundrechte Dritter sowie Gemeinschaftswerte von Verfassungsrang. OVG: Als kollidierende Verfassungsgüter kommen hier der staatliche Erziehungsauftrag (Art. 7 Abs. 1 GG), das elterliche Erziehungsrecht der M (Art. 6 Abs. 2 GG) sowie die negative Glaubensfreiheit der anderen Schüler (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) in Betracht (RdNr. 32).

13. Auch ein Eingriff in ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht setzt stets eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage voraus.

Genau, so ist das!

Richtig – verfassungsimmanente Schranken können einen Eingriff in ein vorbehaltlos gewährleistetes Grundrecht nur dann rechtfertigen, wenn sie in einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage konkretisiert wurden (Vorbehalt des Gesetzes). Der demokratisch legitimierte Gesetzgeber muss die Grundentscheidung treffen, erst dann kann eine Abwägung zwischen den kollidierenden Grundrechtspositionen im Wege der praktischen Konkordanz erfolgen.

14. Nach der Wesentlichkeitstheorie müssen besonders grundrechtsrelevante Maßnahmen vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst getroffen werden.

Ja, in der Tat!

Aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1-3 GG) folgt der Vorbehalt des Gesetzes. Danach ist eine hoheitliche Maßnahme nur rechtmäßig, wenn sie durch eine Rechtsnorm gestattet wird. Darüber hinaus verlangt die Wesentlichkeitstheorie des BVerfG, dass alle Entscheidungen, die für das Zusammenleben im Staat wesentlich sind, vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst getroffen werden müssen. Dieser Grundsatz gilt auch im Schulrecht: So müssen besonders grundrechtsrelevante Maßnahmen grundsätzlich in einem Parlamentsgesetz geregelt werden und dürfen nicht der Entscheidungsmacht der Schulverwaltung überlassen werden.

15. Aus dem Vorbehalt des Gesetzes folgt auch, dass Eingriffe in vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte einer hinreichend bestimmten, nicht generalklauselartigen Rechtsgrundlage bedürfen.

Ja!

Richtig! Die Wesentlichkeitstheorie des BVerfG betrifft die Frage, welche Rechtsetzungsinstanz (Parlament, Exekutive oder Selbstverwaltungskörperschaften) das erforderliche Gesetz erlassen soll. Im Hinblick auf die Regelungsdichte einer bestimmten Materie gilt grundsätzlich: Je nachhaltiger die Grundrechte des einzelnen Bürgers betroffen sind, desto präziser und enger muss die gesetzliche Regelung sein (Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 RdNr. 3ff.).

16. Ein Niqab-Verbot im Unterricht bedarf nach dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) einer hinreichend bestimmten, spezialgesetzlichen Rechtsgrundlage.

Genau, so ist das!

OVG: Die Glaubensfreiheit der T (Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 GG) würde dadurch erheblich beeinträchtigt, denn T ist schulpflichtig und verbringt an Unterrichtstagen mehrere Stunden in der Schule. Eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage sei vor allem für die Frage erforderlich, wie ein solches Verbot durchgesetzt werden soll. In Hamburg existiere jedoch aktuell keine Rechtsnorm, auf die ein Niqab-Verbot im Unterricht gestützt werden könnte. Dafür bedürfe es "einer über allgemeine Prinzipien hinausreichenden spezialgesetzlichen Ermächtigungsnorm" (RdNr. 34ff.).

17. Die Anordnung der Schulbehörde gegenüber M ist nach Ansicht des OVG rechtswidrig.

Ja, in der Tat!

Zum einen sei laut OVG nicht ersichtlich, warum ein Niqab die Teilnahme am Unterricht verhindere. Zum anderen könne die Schulbehörde mangels spezieller Ermächtigungsgrundlage den Verzicht auf eine Gesichtsverhüllung von T selbst nicht verlangen, sodass auch keine entsprechende Mitwirkungspflicht der M bestehe (§ 41 Abs. 1 S. 1 HmbSG). Die Anordnung erweist sich somit – bei summarischer Prüfung – als rechtswidrig. An deren Vollziehung kann somit kein öffentliches Vollzugsinteresse bestehen, sodass das Aussetzungsinteresse der M überwiegt. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO) ist begründet.

18. In Deutschland bestehen bereits in einigen Bereichen gesetzliche Gesichtsverhüllungsverbote, z.B. für Richter.

Ja!

Solche Verbote bestehen z.B. für Richter und Beamte bei Ausübung des Dienstes (§ 61 Abs. 1 S. 4 BBG, § 34 S. 4 BeamtStG) oder – seit dem 13.12.2019 – für an Gerichtsverhandlungen Beteiligte (§ 176 Abs. 2 GVG). Ein grundsätzliches Verhüllungsverbot für Schüler besteht in Bayern (Art. 56 Abs. 4 S. 2 BayEUG). Auch in Hamburg ist geplant, ein entsprechendes Verbot im HmbSG zu verankern. Ob solche Regelungen verfassungskonform sind, bleibt bis zu einer endgültigen Entscheidung des BVerfG abzuwarten. Erwähnenswert ist schließlich auch, dass der EGMR in Frankreich und Belgien Vollverschleierungsverbote im öffentlichen Raum gebilligt hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

EDA

Eda

16.6.2020, 12:14:58

Meiner Meinung nach ist dennoch die Teilnahme der T beeinträchtigt, da sie so von jemand anderem, der vollverschleiert ist nicht mehr zu unterscheiden wäre. Somit müsste jemand jeden Tag, wenn sie zur Schule kommt kontrollieren, ob es sie unter dem Niqab ist, um die regelmäßige Teilnahme am Unterricht zu gewährleisten. Dies wäre dann auch eine erhebliche Beeinträchtigung Ihrer Religionsfreiheit, da sie den Niqab, den Sie nicht ausziehen darf, mindestens einmal am Tag ausziehen müsste.

Trowa Barton

Trowa Barton

11.4.2021, 21:18:40

Die Übrigeb pesonenspezifischen Merkmale wie Stimme, Augen und Statur würde dir da nicht reichen? Alleine wären mir diese zu wenig, aber in der Summe sollten die schon ausreichen.

Marc-Randolph

Marc-Randolph

18.5.2021, 09:39:49

Geschwister sehen sich häufig ähnlich, Täuschungsversuche in Klassenarbeiten ist Klausuren sind mit nicht auszuschließen. Ich finde es auch problematisch mit Vollverschleierung im Unterricht. Auf der anderen Seite natürlich auch problematisch es zu verbieten. Ich persönlich meine aber, das es auch eine Verpflichtung gibt sicherzustellen, dass die richtige Person beschult wird und ihre Leistung erbringt. Ob das über ein generelles Verbot oder auf eine weniger intensive Weise wie kurze Kontrollen geschehen kann vermag ich nicht zu beurteilen.

Trowa Barton

Trowa Barton

18.5.2021, 09:52:30

So ähnlich wirst bei einer Vollverschleierung erst bei zwillingen. Immerhin musst du die Stimme, Körpergröße, Figur und Augen dabei immitieren. Ich durchaus zweifel daran, dass diese Merkmale nicht ausreichen würden, um eine Person für den Unterricht zu identifizieren. Wenn du noch einen Schritt weiter gehen willst: Die meisten Mainstream Mobiltelefone haben einen Fingerabdruckscanner. Lass diese Person ihr Smarphone entsperren und du hast eine weiteres leicht zu überp?üfendes Merkmal.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.7.2021, 17:30:43

Hallo zusammen, in der Tat eine sehr spannende Diskussion, bei der das letzte Wort sicher nicht gesprochen ist. Es handelte sich vorliegend ja um eine Eilentscheidung des OVG, in der es selbst klarstellt, dass nur "nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Eilrechtsschutzverfahrens" eine Teilnahme als möglich erscheine. Hier ist also durchaus noch Spielraum für eine anderslautende Bewertung. Inwieweit die "erkennungsdienstliche Erfassung" über Fingerabdrücke verhältnismäßig ist, lässt sich in diesem Zusammenhang sicher auch noch kontrovers diskutieren :D. Jedenfalls aber solange der Hamburger Senat keine entsprechende

Ermächtigungsgrundlage

schafft, dürfte ein Ausschluss weiterhin rechtswidrig bleiben. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Dua

Dua

24.8.2021, 09:43:19

Puhh, das mit Geschwistern kann schon schwierig sein. Ich erinnere mich daran, dass eine Klassenkammeradin, damals 16, für eine Schulaufgaben ihre 25jährige Schwester in dir Schule geschickt hat. Die beiden sahen trotz des Altersunterschieds aus wie eineiige Zwillinge. Der L

ehre

r hat es nicht gemerkt. Was mir bei dem Them auffällt, ist, dass die Schulbesuchspflicht (auch) mit dem Erziehungsauftrag des Staates begründet wird. Die Schüler sollen dabei in der schulischen Gemeinschaft sozialisiert werden. Dieser Zweck wird aber vermutlich erheblich erschwert, wenn sich SchülerInnen das Gesicht bis auf die Augen verdecken. Das zeigt sich derzeit auch an der Maskenpflicht, wobei da natürlich auch Abstandsregeln dazukommen. Es ist daher aus meiner Sicht grds. geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, zu diesem Zweck eine Vollverschleierung zu untersagen. Andererseits muss man sich dann fragen, ob man betroffene Schülerinnen bzw. deren Eltern damit nicht zu einem vorzeitigen Abgang von einer Regelschule animiert (Hauptschulabschluss statt Abi). Auch damit würde der Zweck der Sozialisierung verfehlt werden.

Melanie 🐝

Melanie 🐝

12.9.2021, 12:25:27

Immerhin ist es interessant hier in den Kommentaren zu lesen, was die Gegenargumente wären, auch um das im Rahmen einer Klausur besser darstellen zu können

Trowa Barton

Trowa Barton

12.9.2021, 13:50:49

Zumindest die Sachverhalte, die man mir im öffentlichen Recht vorgesetzt hat, enthielten solche Hinweise immer. Es bedarf natürlich etwas Erfindungsgeist sie zu erkennen, aber am Ende sind es ja doch die Grundgedanken der Verfassung, welche da die Argumentation tragen sollen. Insofern vielleicht nett zu lesen um die andere Seite mal gehört zu haben, aber hat am Ende keine wirklichen juristischen Mehrwert in meinen Augen.

Dua

Dua

24.8.2021, 09:26:36

Ich wollte nur anmerken, dass ich mich gerade schlapp gelacht habe, als im Rahmen des Falls, der den Schulunterricht betrifft, auf den Strafgefangenen-Beschluss verwiesen wurde. Das vergesse ich jetzt nie wieder, so geht effektives Lernen! Danke :D

Wendelin Neubert

Wendelin Neubert

24.8.2021, 17:57:16

Hallo Dua, ja, wie schön, dass das Lernen mit Jurafuchs auch zu so viel Freude führt! 😊 Nur zur Klarstellung: In der Strafgefangegenen-Entscheidung stellt das BVerfG klar, dass die Grundrechte auch in sog. besonderen Gewaltverhältnissen - Strafanstalt, Schule (!), Militär etc. - gelten. Deshalb der Verweis auf die Entscheidung! 🙂 Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

Dua

Dua

24.8.2021, 19:32:38

Genau, das wurde auch bei einer Erklärung der Aufgaben von euch so dargestellt :) der juristische Vergleich von Schule und Gefängnis ist jedenfalls sehr amüsant :D

DEPA

Der Paragraf

9.2.2022, 17:50:05

Zu Frage 2: m.E. ist - umgekehrt - der Antrag bereits dann begründet, wenn das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse NICHT überwiegt (Arg. Regel-Ausnahme-Verhältnis § 80 II VwGO)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.2.2022, 19:09:37

Hallo Der Paragraf, das Regel-Ausnahme-Verhältnis des § 80 II VwGO wird innerhalb der Prüfung der Interessenabwägung berücksichtigt. Das Aussetzungsinteresse überwiegt nur dann, wenn der Verwaltungsakt OFFENSICHTLICH rechtmäßig ist und ein besonderes Vollzugsinteresse. Ist dagegen der VA offensichtlich rechtswidrig oder fehlt es am Vollzugsinteresse, so ist der Antrag begründet. Kann dagegen weder festgestellt werden, dass der VA offensichtlich rechtmäßig bzw. offensichtlich rechtswidrig ist, nimmt das Verwaltungsgericht eine Folgenabschätzung vor. Das Vollzugsinteresse überwiegt dann bereits, wenn die Folgen des Vollzuges für den Antragssteller schwerer sind, als die Folgen des Nichtvollzuges. Insofern kann letztlich immer ein Überwiegen festgestellt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.2.2022, 19:10:55

*immer ein Überwiegen des Aussetzungsinteresses oder des Vollzugsinteresses festgestellt werden.

LI

lisi99

26.5.2022, 10:47:05

Hallo, inwiefern kann das Erziehungsrecht der Mutter als kollidierendes Verfassungsrecht in Betracht kommen? Die Mutter vertritt ihre Tochter und scheint das Verbot ebenfalls als unrichtig auszufassen? Oder war das eher allgemein bezogen darauf, dass Eltern allgemein anderer Auffassung als die Kinder sein können, so dass dann Art. 6 II GG zu berücksichtigen ist?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

21.6.2022, 10:40:10

Hallo lisi99, das Erziehungsrecht der Eltern kann als kollidierendes Verfassungsrecht in Betracht kommen, als dass es die Freiheit der Erziehung im Sinne der wertebezogenen Sorge für die seelisch-geistige Entwicklung des Kindes umfasst. Insbesondere ist dadurch auch die die religiöse und weltanschauliche Erziehung umfasst, also wie und in welcher Form das Kind den Glauben lernt und lebt. (BeckOK GG/Uhle GG Art. 6 Rn. 51 ff.). Das kann mitunter auch bedeuten, dass sie anderer Auffassung sind als die Kinder - aber in diesem Fall auch, dass sie nicht nur die Glaubensfreiheit des Kindes vorbringen kann sondern auch das eigene Erziehungsrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

SUL

Sultan43

5.6.2022, 13:55:50

Hallo,wie ihr sieht mussten wir alle in der Pandemie einen Niqap tragen. Und es gab keine Probleme in der Schule wegen der Erkennung 🙃

PPAA

Philipp Paasch

10.10.2022, 23:58:43

Ich würde fast behaupten, als Sultan müsstest du dich besser mit islamischen Bekleidungsvorschriften auskennen. ^^

Johannes Nebe

Johannes Nebe

25.10.2022, 07:43:36

In der Erklärung zu Aufgabe 14 schreibt Ihr, dass die Einschränkung eines Grundrechtes eines Parlamentgesetzes bedarf und nicht nur einer Entscheidung der Schulverwaltung. Ich fände hier den Begriff Rechtsverordnung hilfreich. Denn die Verwaltung kann ja sowohl eine

Allgemeinverfügung

erlassen, als auch kann sie ggf. durch Gesetz zu einer Rechtsverordnung ermächtigt sein.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.10.2022, 09:49:02

Hallo Johannes, vielen Dank für Deinen Hinweis. Hier stehe ich allerdings wohl etwas auf dem Schlauch. In der Tat stehen der Verwaltung verschiedene Handlungsformen zur Verfügung. Im konkreten Fall hat sich die

Behörde

sich für einen (konkret-individuellen) Verwaltungsakt entschieden, was neben dem Erlass einer (konkret-generellen)

Allgemeinverfügung

bzw. einer (abstrakt-generellen) Rechtsverordnung ein weiteres Handlungsinstrument ist. Den Begriff Entscheidung haben wir hier gewählt, da dieser alle drei Handlungsformen umfasst. An welcher Stelle würdest Du hier denn Rechtsverordnung ergänzen wollen? Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

25.10.2022, 10:01:25

Hallo Lukas, ich verstehe es so, dass eine Grundrechtseinschränkung nur durch ein Parlamentsgesetz (formelles Gesetz), nicht durch eine Rechtsverordnung (

materielles Gesetz

) getroffen werden darf. Dann darf die Einschränkung erst recht nicht der "Entscheidungsmacht der Schulverwaltung" per

Allgemeinverfügung

oder Verwaltungsakt überlassen werden. Die Formulierung traf für meinen Geschmack daher nicht den Punkt. Vielleicht war ich aber auch zu kleinlich.


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