Deliktische Schadensersatzpflichten

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Der nächste Kunde der Autoreparatur-GbR von S1 und S2 übergibt S1 seinen BMW zur Reparatur. Wieder ist sie bei der Probefahrt unachtsam und schaut auf ihr Handy, statt auf die Straße. Sie baut einen Unfall, indem sie Radfahrer R anfährt und verletzt, und dabei auch noch den BMW beschädigt.

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Einordnung des Falls

Deliktische Schadensersatzpflichten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Schuldner des Schadensersatzanspruchs des K (§§ 631, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) ist die GbR selbst.

Ja!

Vertragliche Schadensersatzpflichten richten sich gegen die Gesellschaft, nicht gegen ihre Gesellschafter. Denn das Handeln der Gesellschafter wird der Gesellschaft nach hM analog § 31 BGB als eigenes Verhalten zugerechnet; § 278 BGB kommt nach hM nicht zur Anwendung. Nach § 31 BGB ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den seine Repräsentanten anderen zufügen. Jedoch regelt § 31 BGB über seinen Wortlaut hinaus analog für jede Gesellschaftsform die Zurechnung pflichtwidrigen oder deliktischen Verhaltens und Verschuldens. Das Schuldverhältnis besteht zwischen der GbR und K, die Verhaltenspflichtverletzung und das Verschulden der S1 wird der GbR analog § 31 BGB zugerechnet, sodass K einen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen die GbR hat.
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2. R hat gegen die GbR einen Anspruch aus § 831 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Eine Haftung des Geschäftsherrn (GbR) nach § 831 BGB setzt voraus, dass er „einen anderen zu einer Verrichtung bestellt hat“. Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und von den Weisungen des Geschäftsherrn abhängig ist. Zwischen einer Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer bzw. Gesellschafter besteht jedoch kein Über-/Unterordnungsverhältnis, so dass es an der erforderlichen Weisungsgebundenheit fehlt. Da S1 als Gesellschafterin mangels Weisungsgebundenheit keine Verrichtungsgehilfin der GbR ist, ist § 831 BGB nicht einschlägig.

3. R hat gegen die GbR einen Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB.

Ja, in der Tat!

Die Außen-GbR ist rechtsfähig, kann daher auch Schuldner deliktischer Schadensersatzansprüche sein. Hierbei wird das Handeln und Verschulden der Gesellschafter der GbR analog § 31 BGB zugerechnet. S1 hat fahrlässig R durch das Anfahren verletzt, was der Autoreparatur-GbR analog § 31 BGB als eigenes schuldhaftes Verhalten zugerechnet wird, sodass ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB iVm § 31 BGB analog gegen die GbR besteht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Klima-Kleber

Klima-Kleber

31.5.2023, 10:53:15

§ 31 BGB analog

mit in die AGL?

LUC1502

luc1502

20.9.2024, 12:10:19

Hi @[Klima-Kleber](119317) bisher habe ich §

31 BGB analog

auch immer mit der AGL zitiert und auch die Falllösungen, die ich bisher gesehen habe, zitieren im Obersatz auch immer "iVm §

31 BGB analog

" - falsch ist es daher auf jeden Fall nicht; Man sollte natürlich später in der Lösung schon deutlich machen, dass es sich bei §31 nur um eine Zurechnungsnorm handelt. Hoffe, das hilft dir weiter!

robse27

robse27

8.10.2024, 00:59:39

Moin, würde es tatsächlich weglassen, da, wie @[luc1502](95177) richtig sagte, es eine Zurechnungsnorm ist, die man *innerhalb* einer AGL prüft. Der Korrektor würde sonst auf den Gedanken kommen können (bei Jura weiß man ja nie), dass er denkt, du würdest §

31 analog

für eine AGL halten. Würde es als reine Vorsichtsmaßnahme daher eher lassen (zumal man ja idR auch § 278 nicht mit in einer AGL zitiert). LG :)

ri

ri

19.3.2024, 22:20:39

Ist

31 BGB

nicht auf 18 StVG anwendbar, weil der klare

Wortlaut

"Führer" eine Analogie ausschließt?

PK

P K

20.3.2024, 08:42:15

Ich verstehe deine Frage nicht so ganz. Aufgrund des

§ 31 BGB

tut man so als wären die Handlungen der Gter. und anderen Repräsentanten (zumindest auch) solche der Gesellschaft, denn diese kann ja nur durch ihre Gter. und Repräsentanten handeln. Handlungen der Gter. sind Handlungen der Gesellschaft. Wenn ein Gter. im Zshg. mit seiner Tätigkeit in der Gesellschaft ein Fahrzeug führt, dann führt die Gesellschaft auch ein Auto. Insoweit steht der

Wortlaut

des § 18 StVG nicht entgegen.

§ 31 BGB

wird deswegen analog angewendet, weil er im Vereinsrecht steht und eine umfassende "Zurechnung"snorm - von Regelungen über die Zurechnung von Willenserklärungen abgesehen - im

GbR

Recht fehlt.

ri

ri

20.3.2024, 09:20:59

So habe ich auch gedacht, aber keine Entscheidung gefunden, bei der

31 BGB

auf 18 StVG angewendet wurde und auch hier im Fall wurde darauf nicht eingegangen. Ich dachte das liegt vielleicht daran, dass 18 StVG von „der Führer“ als Eigenschaft spricht, die nicht über

31 bgb analog

zugerechnet werden kann, da es nach dem

Wortlaut

keine Handlung ist. Aber letztendlich geht es ja darum, dass durch das Führen ein Schaden entstanden ist.

Merle_Breckwoldt

Merle_Breckwoldt

26.3.2024, 12:00:03

Hallo ihr drei, danke für die Diskussion! Tatsächlich wird auch das "Führen" eines Fahrzeugs durch einen Gesellschafter der Gesellschaft gem.

§ 31 BGB analog

zugerechnet. Dementsprechend besteht hier auch ein Anspruch des R gegen die Autoreparatur-

GbR

aus § 18 StVG (vgl. § 16 StVG). Ein Urteil habe ich zu dieser Konstellation leider auch nicht finden können, s. aber Falllösung unter Buck-Heeb/Dieckmann, JuS 2016, 723. Beste Grüße, Merle für das Jurafuchs-Team @[Lukas_Mengestu](136780)


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