Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Abgrenzung Leistungsvornahmeklage / Leistungsunterlassungsklage

Abgrenzung Leistungsvornahmeklage / Leistungsunterlassungsklage

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Bürgermeisterin B ist sauer, weil R grad mit ihrer Exfreundin anbandelt. Deswegen veröffentlicht B eine negative Kritik an Rs Restaurantbetrieb auf der offiziellen Internetseite der Stadt. R will, dass B die Veröffentlichung löscht.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung Leistungsvornahmeklage / Leistungsunterlassungsklage

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde klagt R. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage, wenn R ein schlichtes hoheitliches Handeln oder ein Unterlassen von hoheitlichem Handeln begehrt.

Ja, in der Tat!

In Abgrenzung zur spezielleren Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist die allgemeine Leistungsklage statthaft, wenn der Bürger ein schlichtes hoheitliches Handeln oder ein Unterlassen eines hoheitlichen Handelns begehrt. Das begehrte Handeln darf dabei nicht die Qualität eines Verwaltungsakts haben, sonst ist die Verpflichtungsklage statthaft. B veröffentlicht die Kritik als Bürgermeisterin auf der offiziellen Internetseite der Stadt. Das Handeln ist damit nicht privatrechtlicher, sondern hoheitlicher Natur. Zudem erlässt B durch die Veröffentlichungen mangels Regelungswirkung keinen Verwaltungsakt, sondern handelt schlicht hoheitlich (Realakt).
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2. R will, dass B zukünftige Veröffentlichungen unterlässt. Es handelt sich um eine Unterlassungsklage.

Nein!

Die allgemeine Leistungsklage enthält zwei Unterformen: Die Leistungsvornahmeklage und die Unterlassungsklage. Diese sind voneinander abzugrenzen. Die Leistungsvornahmeklage ist dann statthaft, wenn der Kläger will, dass ein (weiteres) hoheitliches Realhandeln vorgenommen wird. Die Unterlassungsklage hingegen ist einschlägig, wenn ein hoheitliches Realhandeln unterlassen werden soll. Das hoheitliche Handeln - die Veröffentlichung einer Kritik - hat bereits stattgefunden. Es kann daher nicht mehr unterlassen werden. R geht es darum, dass die Kritik gelöscht wird. Die Löschung der Kritik auf der Internetseite der Stadt durch die Bürgermeisterin ist ein weiteres hoheitliches Handeln.

3. Die Abgrenzung zwischen der Leistungsvornahmeklage und der Unterlassungsklage ist vor allem materiell-rechtlich relevant. Hier ist die Leistungsvornahmeklage einschlägig.

Genau, so ist das!

Welcher Unterfall der allgemeinen Leistungsklage statthaft ist, ist im Rahmen der Statthaftigkeit nicht weiter von Bedeutung. Allerdings wird bereits durch die richtige Einordnung in der Statthaftigkeit der Weg für eine saubere Prüfung weiterer Zulässigkeitsfragen und vor allem für die Begründetheitsprüfung bereitet. R will, dass B hoheitlich tätig wird und die bereits veröffentlichte Kritik löscht. Statthaft ist die Leistungsvornahmeklage.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TOB

Tobi1900

13.12.2022, 11:54:58

Bei der vorletzten Frage geht es doch um das Verhindern zukünftiger Veröffentlichungen. Warum ist hier die Vornahmeklage statthaft? Es wird doch keine Löschung begehrt.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

16.12.2022, 14:53:20

Hallo Tobi1900, das hoheitliche Handeln - die Veröffentlichung einer Kritik - hat bereits stattgefunden. Es kann daher nicht mehr unterlassen werden. R geht es darum, dass die Kritik gelöscht wird. Die Löschung der Kritik auf der Internetseite der Stadt durch die Bürgermeisterin ist ein weiteres hoheitliches Handeln. Darauf ist die Frage auch ausgerichtet. Die Vornahmeklage ist somit statthaft. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

10.3.2023, 08:03:38

"R will, dass B zukünftige Veröffentlichungen unterlässt." Das Gemeine ist, dass sich das liest wie eine neue Information. In Wirklichkeit ist es aber Teil der Frage und daher zu verneinen.


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