Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohendes Verwaltungshandeln ohne VA-Qualität

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohendes Verwaltungshandeln ohne VA-Qualität

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

Bürgermeisterin B ist sauer, weil R immer noch mit ihrer Exfreundin zusammen ist. Deswegen droht sie R, von der offiziellen Webseite der Stadt erstmals eine Gesundheitswarnung bezüglich Rs Restaurant zu veröffentlichen. R will das verhindern.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohendes Verwaltungshandeln ohne VA-Qualität

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Antrag bei der Behörde klagt R gegen die bevorstehende Warnung der Bürgermeisterin. Die VwGO ist gerichtet auf solche Konstellationen vorbeugenden Rechtsschutzes.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die VwGO enthält Rechtsschutzarten für die nachträgliche Kontrolle hoheitlichen Handelns (repressiver Rechtsschutz). Die Rechtsschutzsuchende ist grundsätzlich darauf verwiesen, erst dann gegen die hoheitliche Handlung vorzugehen, wenn diese in der Welt ist. In der überwiegenden Anzahl von Fällen bietet der repressive Rechtsschutz - v.a. in Kombination mit vorläufigem Rechtsschutz (§§ 80 Abs. 5, 80a, 123 Abs. 1, 47 Abs. 6 VwGO) - hinreichend effektiven Schutz. Vorbeugender Rechtsschutz ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Rechtsschutzsuchende nicht in zumutbarer Weise auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis). Dies ist v.a. dann der Fall, wenn irreparable Folgen des Verwaltungshandelns drohen.
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2. Statthaft ist die Anfechtungsklage, wenn R begehrt, dass B ein zukünftiges hoheitliches Handeln unterlässt.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Anfechtungsklage ist nur statthaft, wenn bereits ein Verwaltungsakt besteht. Es gibt keine vorbeugende Anfechtungsklage. Selbst, wenn das zukünftige hoheitliche Handeln im Erlass eines Verwaltungsakts bestünde, könnte sich der Kläger dagegen nicht mit einer vorbeugenden Anfechtungsklage wehren. Wenn der Kläger das Unterlassen einer zukünftigen hoheitlichen Handlung begehrt, ist die vorbeugende Unterlassungsklage statthaft. Diese ist nach h.M. eine Form der allgemeinen Leistungsklage. Achtung: Es geht an dieser Stelle nur um die Statthaftigkeit. Die weitere Zulässigkeit der vorbeugenden Unterlassungsklage ist angesichts in der VwGO normierten Systems des repressiven Rechtsschutzes besonders begründungsbedürftig. Dies ist v.a. eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses. Du kannst aber in der Statthaftigkeit bereits darauf hinweisen, um den Prüfern Deine Sensibilität für die Problematik frühzeitig anzuzeigen.

3. Die von B angedrohte Veröffentlichung hat die Qualität eines Verwaltungsakts.

Nein!

Ein Verwaltungsakt ist ist eine (1) hoheitliche Maßnahme einer (2) Behörde auf dem (3) Gebiet des öffentlichen Rechts (4) zur Regelung (5) eines Einzelfalls (6) mit Außenwirkung. In Abgrenzung dazu handelt es sich um schlichtes Realhandeln, wenn die hoheitliche Maßnahme nicht auf einen Rechtserfolg (= Regelung) sondern einen tatsächlichen Erfolg gerichtet ist. Wenn B als Bürgermeisterin auf der offiziellen Seite der Stadt Warnungen veröffentlicht, handelt sie damit hoheitlich. Die Veröffentlichung von Warnungen würde aber keinen Rechtserfolg herbeiführen. Warnungen sind auf einen tatsächlichen Erfolg gerichtet. Es handelt sich um hoheitliches Realhandeln.

4. R begehrt, dass die erstmalige Veröffentlichung einer Gesundheitswarnung durch B unterlassen wird. Statthaft ist die vorbeugende Unterlassungsklage.

Genau, so ist das!

Wenn der Kläger das Unterlassen einer zukünftigen hoheitlichen Handlung begehrt, ist die vorbeugende Unterlassungsklage statthaft. Die Literatur unterscheidet zwischen den Fällen, in denen der Kläger gegen erstmalig zu erwartendes hoheitliches Handeln vorgeht (= vorbeugende Unterlassungsklage) und den Fällen, in denen das Handeln bereits zum wiederholten Male auftritt ("normale" Unterlassungsklage). R begehrt, dass B die erstmalige Veröffentlichung einer Gesundheitswarnung auf der Seite der Stadt unterlässt. Die vorbeugende Unterlassungsklage - also gerichtet gegen in der Zukunft erstmalig zu erwartendes hoheitliches Handeln - wirft weitere Zulässigkeitsfragen auf, v.a. ob die Klägerin nicht doch auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. Dies ist im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses zu klären.
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