Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Abgabe und Zugang von Willenserklärungen

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

7. Juli 2025

17 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

B will der krankgeschriebenen S kündigen. Die Kündigung muss fristgerecht am 30.6. zugehen. Fahrer (F) des B wirft die Kündigung am 30.6. um 20.30 Uhr in den privaten Briefkasten der S. S hatte an diesem Tag, wie beim Aufenthalt zu Hause üblich, schon um 11 Uhr den Briefkasten geleert.

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Einordnung des Falls

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kündigung an S ist wirksam geworden, als B den Fahrer damit beauftragt hat, die Kündigung in den Briefkasten der S einzuwerfen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dem Abschluss des Erklärungsvorgangs (Phase 1) ist die Abgabe (Phase 2) erfüllt, wenn der Erklärende die Erklärung willentlich in Richtung auf den Empfänger in Bewegung setzt, sodass er bei Zugrundelegung normaler Verhältnisse mit dem Zugang beim Empfänger rechnen darf. Dazu genügt, dass er die Erklärung einem (Erklärungs-)Boten aushändigt und diesen beauftragt, die adressierte Erklärung zu übermitteln. Wirksamkeit setzt bei empfangsbedürftigen WE darüber hinaus Zugang voraus (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB).Indem B die an S gerichtete Kündigung an F ausgehändigt und F damit beauftragt hat, den Brief in den Briefkasten der S einzuwerfen, hat er die Willenserklärung abgegeben. Die Kündigung ist mangels Zugang (Brief noch nicht im Briefkasten) noch nicht wirksam geworden.
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2. Die Kündigung an S ist wirksam geworden, als F sie am 30.6. in den persönlichen Briefkasten der S geworfen hat.

Nein!

Bei verkörperten WE liegt Zugang (Phase 3) vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Briefe gehen zu, sobald nach der Verkehrssitte mit der Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Zusteller wie die Post AG stellen auch nachmittags zu. Daher ist bei bis 18 Uhr eingeworfenen Briefen die Leerung am selben Tag zu erwarten.Hier wurde der Brief erst sehr spät eingeworfenen, um 20.30 Uhr, dann ist mit der Leerung erst am nächsten Tag zu rechnen. Die Kündigung wurde also am Morgen des 1.7. wirksam.
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