Zivilrecht

BGB Allgemeiner Teil

Abgabe und Zugang von Willenserklärungen

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

B will der krankgeschriebenen S kündigen. Die Kündigung muss fristgerecht am 30.6. zugehen. Fahrer (F) des B wirft die Kündigung am 30.6. um 20.30 Uhr in den privaten Briefkasten der S. S hatte an diesem Tag, wie beim Aufenthalt zu Hause üblich, schon um 11 Uhr den Briefkasten geleert.

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Einordnung des Falls

Zugang verkörperter Erklärungen unter Abwesenden – Einwurf nach gewöhnlicher Briefkastenentleerung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Kündigung an S ist wirksam geworden, als B den Fahrer damit beauftragt hat, die Kündigung in den Briefkasten der S einzuwerfen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach dem Abschluss des Erklärungsvorgangs (Phase 1) ist die Abgabe (Phase 2) erfüllt, wenn der Erklärende die Erklärung willentlich in Richtung auf den Empfänger in Bewegung setzt, sodass er bei Zugrundelegung normaler Verhältnisse mit dem Zugang beim Empfänger rechnen darf. Dazu genügt, dass er die Erklärung einem (Erklärungs-)Boten aushändigt und diesen beauftragt, die adressierte Erklärung zu übermitteln. Wirksamkeit setzt bei empfangsbedürftigen WE darüber hinaus Zugang voraus (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB).Indem B die an S gerichtete Kündigung an F ausgehändigt und F damit beauftragt hat, den Brief in den Briefkasten der S einzuwerfen, hat er die Willenserklärung abgegeben. Die Kündigung ist mangels Zugang (Brief noch nicht im Briefkasten) noch nicht wirksam geworden.
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2. Die Kündigung an S ist wirksam geworden, als F sie am 30.6. in den persönlichen Briefkasten der S geworfen hat.

Nein!

Bei verkörperten WE liegt Zugang (Phase 3) vor, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass er von ihr Kenntnis nehmen kann und wenn unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Briefe gehen zu, sobald nach der Verkehrssitte mit der Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Zusteller wie die Post AG stellen auch nachmittags zu. Daher ist bei bis 18 Uhr eingeworfenen Briefen die Leerung am selben Tag zu erwarten.Hier wurde der Brief erst sehr spät eingeworfenen, um 20.30 Uhr, dann ist mit der Leerung erst am nächsten Tag zu rechnen. Die Kündigung wurde also am Morgen des 1.7. wirksam.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Jurakatze1987

Jurakatze1987

28.11.2019, 21:19:53

Die Antwort passt nicht zum Fall. Es wird von Leerungszeiten der Post geredet, aber nicht davon dass der Brief bereits bei S angekommen ist und diese um 11 Uhr schon geleert hat. Wie das bei Privatpersonen ist wird nicht gesagt. Man kann theoretisch sagen, daß man die Post immer um 9 Uhr leert und dann nicht mehr zum Postkasten geht. Ist das realistisch oder nicht eher willkürlich?

Christian Leupold-Wendling

Christian Leupold-Wendling

11.12.2019, 14:47:15

Hi, nein: Der F wirft den Brief in den PRIVATEN Briefkasten der S, nicht in einen öffentlichen Briefkasten der Post.

Jurakatze1987

Jurakatze1987

11.12.2019, 15:39:13

Das weiß ich, aber es wird trotzdem von Leerungszeiten geredet, obwohl der Einwurf in den normalen Briefkasten erfolgt. Lest die Antwort

Eriiic1994

Eriiic1994

4.1.2020, 12:00:16

Es wird nicht von Leerungszeiten der Post geredet, es wird lediglich gesagt, dass die Deutsche Post AG auch nachmittags liefert. Es geht um die Leerung des privaten Briefkasten und nicht um die Leerung eines öffentlichen Briefkasten. Wird der Brief bis 18 Uhr in den privaten Briefkasten eingeworfen, gilt sie noch am selben Tag als zugegangen. Wird der Brief später eingeworfen, gilt er erst am nächsten Tag als zugegangen.

Isabell

Isabell

12.1.2020, 18:10:08

Das Wort Leerungszeiten kommt tatsächlich vor 🤔

Isabell

Isabell

12.1.2020, 18:11:41

*nicht Vergessen.

MAM

Manu München

17.2.2020, 08:48:11

Ich finde es problematisch, dass in der Antwort derzeit steht, dass die Kündigung am 01.07. wirksam werden würde. Die Kündigung hätte gemäß der Angaben im Sachverhalt nur bis zum 30.06. fristgerecht zugehen können. Dies ist nicht erfolgt. Daher dürfte die Kündigung unwirksam sein. Die Kündigung geht lediglich am 01.07. zu. Allenfalls könnte eine Wirksamkeitsfiktion eintreten, sofern nicht rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben wird.

Gerald von Trivia

Gerald von Trivia

10.3.2021, 12:28:39

Das stimmt tatsächlich Manu. Der Brief geht zwar am 1.7. zu, aber die Kündigung ist nicht mehr wirksam zugegangen. Die Frist ist verstrichen. Somit im Ergebnis. Brief geht zu aber unwirksame Kündigung, wegen verstrichener Frist.

CR7

CR7

23.2.2023, 22:11:21

Bitte überarbeiten

MWA

mwally

25.12.2023, 19:24:20

Warum sollte die Kündigung unwirksam sein? Sie geht nur später zu und wird daher zu spät wirksam. In der Regel geht es bei Fristen zur Kündigung darum, dass man dem Arbeitnehmer zu einem bestimmten Termin kündigen will.

nullumcrimen

nullumcrimen

15.5.2024, 15:03:54

Weil Kündigungen idR zum 1. oder 15. des Monats wirksam werden

MWA

mwally

15.5.2024, 15:09:19

Das müssen sie aber nicht. Oder gibt es dazu eine Norm, die ich nicht kenne?

CR7

CR7

15.5.2024, 15:10:22

622 I BGB

MWA

mwally

15.5.2024, 15:11:35

Danke 👍

kaan00

kaan00

29.1.2024, 17:23:54

Fehlt hier in der Lösung/Erklärung nicht noch die entsprechende Norm? (§ 130 I BGB) =)


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