Vertretungsmacht II

6. Juli 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B sind einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Mana-GmbH. Geschäfte über €10.000 dürfen sie laut Gesellschaftsvertrag nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung eingehen. Zudem wird in der Gesellschaftsversammlung beschlossen, dass sie künftig Entscheidungen nur noch mit Zustimmung des Prokuristen P treffen dürfen.

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Einordnung des Falls

Vertretungsmacht II

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer einer GmbH darf nicht beschränkt werden.

Nein!

Grundsätzlich ist die Geschäftsführungsbefugnis von Geschäftsführern unbeschränkt. Gemäß § 37 Abs. 1 GmbHG kann diese jedoch durch den Gesellschaftsvertrag oder durch Beschlüsse beschränkt werden. Dies hängt mit der umfassenden Weisungsbefugnis der Gesellschafter gegenüber den Geschäftsführern zusammen.
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2. Schließen A oder B Geschäfte für über €10.000 ab, sind diese unwirksam.

Nein, das ist nicht der Fall!

Geschäftsführer sind nur befugt Geschäfte auszuführen, die sich innerhalb des Rahmens der eingeräumten Geschäftsführungsbefugnis bewegen. Die Beschränkung betrifft jedoch nur die Geschäftsführungsbefugnis und damit das Innenverhältnis. Die Vertretungsmacht im Außenverhältnis ist nach § 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG hingegen nicht beschränkbar. Damit dürfen die Geschäftsführer keine Geschäfte mit einem Wert von über €10.000 ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung vornehmen, sie können es aber. Dies kann zur Abberufung führen (§ 38 Abs. 1 GmbHG) bzw. zur Haftung des Geschäftsführers (§ 43 Abs. 2 GmbhG).

3. Die Bedingung der Zustimmung eines Prokuristen zu Handlungen der Geschäftsführer ist unwirksam.

Ja, in der Tat!

Bei der GmbH herrscht das Prinzip der organschaftlichen Vertretung. Das bedeutet, dass die Gesellschaft durch ihre Organe vertreten wird, nicht etwa durch externe Bevollmächtigte. Es ist daher nicht zulässig, dass die Geschäftsführer ohne das Zutun eines Prokuristen handlungsunfähig sind. Zulässig und in § 35 Abs. 2 S. 1 GmbHG vorgesehen ist aber die gemeinschaftliche Geschäftsführung im Allgemeinen, also der Fall, dass mehrere Geschäftsführer nur gemeinsam Geschäfte abschließen können.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Nils

Nils

25.1.2024, 08:44:31

Die

unechte Gesamtvertretung

geht auch bei der GmbH, da in § 35 II 1 GmbHG explizit die Möglichkeit abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Warum soll hier Unwirksamkeit vorliegen?

Paul

Paul

1.2.2024, 10:23:55

Hallo Nils, ich bin auch etwas über die Formulierung der Aufgabe gestolpert. In dem vorliegenden konkreten Fall ist die Lösung jedoch korrekt. Die

unechte Gesamtvertretung

darf nicht in der Art konstruiert werden, dass die Gesellschaft ohne die Mitwirkung eines Prokuristen nicht handlungsfähig ist. Dies liegt daran, dass dem Prokuristen kein abschließendes Vetorecht für die Gesellschaft zukommen darf. Somit wäre es in dem konkreten Fall unwirksam, die Entscheidungsgewalt aller Gesellschafter an die Mitwirkung eines Prokuristen zu koppeln. Möglich wäre jedoch, dass bspw. nur eine

unechte Gesamtvertretung

für einen Gesellschafter vereinbart wird. Ich hoffe ich konnte dir weiterhelfen.

prohibido.fumar

prohibido.fumar

11.10.2024, 23:10:44

In der Aufgabe wird im Zusammenhang mit § 37 GmbHG von der

Geschäftsführungsbefugnis

gesprochen, wobei sich dieser doch auf die Vertretungsbefugnis bezieht. Ist das ein Fehler, oder wird die Trennung zwischen Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis - anders als bei der GbR, OHG... - hier bei der GmbH weniger streng gehandhabt?

TOB

Tobias

30.11.2024, 12:24:31

auch bei der GmbH ist zwischen rechtlichem Können, also Vertretung im Aussenverhältnis (unbeschränkt!) und dem rechtlichen Dürfen (Innenverhältnis) streng zu unterscheiden; 37 II GmbhG : Gegen dritte Personen hat eine Beschränkung der Befugnis der Geschäftsführer, die Gesellschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung

HARD

hardymary

3.2.2025, 11:01:33

Das Außenverhältnis kann bei einer GmbH aber doch auch in der Weise beschränkt werden, dass ein Geschäftsführer eben nicht alleine vertretungsberechtigt ist. Nur der Umfang kann lediglich im Innenverhältnis beschränkt werden. Ist allerdings im Handelsregister eingetragen, dass Gesellschafter A nur mit Prokuristen B Vertretungsmacht hat, dann hat das auch für Dritte Wirkung, oder? § 37 II GmbHG erklärt ja selbst explizit, dass sich die Beschränkungen auf bestimmte Arten von Geschäften etc. bezieht, dies gegenüber Dritten unwirksam ist. Aber nicht die Vertretungsmacht als solche

BEN

benjaminmeister

8.5.2025, 18:17:25

@[hardymary](202321) man kann in der Tat eintragen lassen, dass ein Geschäftsführer nur mit einem Prokuristen zur Geschäftsführung befugt ist (gemischte Gesamtvertretungsmacht). Die Gesellschaft muss aber immer (!) auch nur durch ihre Organe vertreten werden können (das wird in der Aufgabe auch näher erklärt). Möglich wäre also, dass A Geschäftsführer mit Einzelvertretungsmacht ist und B Geschäftsführer ist, dessen Vertretungsmacht im Außenverhältnis an die Mitwirkung eines Prokuristen gebunden ist. Im vorliegenden Fall werden aber sowohl A als auch B an die Mitwirkung des Prokuristen gebunden. Aus dem Sachverhalt geht gerade nicht hervor, dass A und B eine Gesamtvertretungsmacht haben und zusätzlich A + Prokurist und B + Prokurist vertreten können (das wäre möglich). Deshalb ist die Regelung im Gesellschaftsvertrag unwirksam.

sk_bln

sk_bln

18.4.2025, 13:03:50

Aus welchem Grund wird bei der Frage nach der

Geschäftsführungsbefugnis

bzw. der Beschränkung der

Geschäftsführungsbefugnis

auf die Regelung zur Beschränkung der Vertretungsbefugnis verwiesen? Etwa weil eine entsprechende Regelung zur

Geschäftsführungsbefugnis

im GmbHG fehlt?

BEN

benjaminmeister

8.5.2025, 18:21:28

Der Wortlaut von § 37 Abs. 1 GmbHG ist nicht ganz eindeutig, er regelt eben gerade nur das Innenverhältnis (also die

Geschäftsführungsbefugnis

), während § 37 Abs. 2 GmbHG sagt, dass Einschränkungen nicht im Außenverhältnis (für die Vertretungsmacht) wirken.

OKA

okalinkk

2.6.2025, 21:31:38

ich dachte Kapitalgesellschaften können auch komplett von anderen Personen geführt werden? Warum soll die Vertretung zusammen mit dem Prokuristen nicht möglich sein? Es gilt doch dort nicht der Grundsatz der Selbstorganschaft?

BEN

benjaminmeister

15.6.2025, 21:24:21

Fremdorganschaft bedeutet nur, dass die Organe aus gesellschafterfremden Personen bestehen können. Auch eine Kapitalgesellschaft muss aber nur von ihren Organen (bei der GmbH den Geschäftsführern) vertreten werden können. Wenn immer der Prokurist mitwirken muss, ist das zur Vertretung berechtigte Organ handlungsunfähig und das ist unzulässig.

OKA

okalinkk

15.6.2025, 23:14:42

Oh okay. Ich hatte das so abgespeichert, dass der Grundsatz der Selbstorganschaft nur für Personengesellschaften gilt. @[benjaminmeister](216712)


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