Deliktische Haftung der GmbH

24. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Geschäftsführer G begeht bei einem Geschäft für die Brada GmbH grob fahrlässig eine Urheberrechtsverletzung gegenüber P. P möchte die Brada GmbH auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

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Einordnung des Falls

Deliktische Haftung der GmbH

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P könnte wegen der Urheberrechtsverletzung ein deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zustehen.

Genau, so ist das!

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgutsverletzung, (2) Verletzungshandlung, (3) haftungsbegründende Kausalität, (4) Rechtswidrigkeit, (5) Verschulden und (6) Schaden.
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2. Bei dem verletzten Urheberrecht handelt es sich um ein von § 823 Abs. 1 BGB geschütztes Recht.

Ja, in der Tat!

Geschützt sind die in § 823 Abs. 1 BGB genannten absoluten Rechtsgüter und Rechte. Neben den dort explizit genannten Rechten zählen hierzu auch sonstige Rechte, die den explizit genannten Rechten gleichen und absolute Wirkung entfalten. Als Immaterialgüterrecht ist auch das Urheberrecht ein absolutes Recht und fällt damit unter den Schutz des § 823 Abs. 1 BGB.

3. P kann unmittelbar den Geschäftsführer G nach § 823 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen.

Ja!

Dazu müssen die Voraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB vorliegen. Ein verletztes Rechtsgut liegt vor. Die Verletzung ist auch kausal durch die Verletzungshandlung des G entstanden. Von der Rechtswidrigkeit ist auszugehen. G handelte grob fahrlässig und hat die Verletzung somit auch verschuldet. Insbesondere gilt die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG nur für vertragliche Ansprüche, nicht jedoch für deliktische Ansprüche. Damit kann P unmittelbar von G Schadensersatz verlangen.

4. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB gegen die Brada GmbH scheidet dagegen mangels eigener Verletzungshandlung aus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Unter dem Handeln im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB ist jedes menschliche beherrschbare Tun zu verstehen. Als juristische Person kann die Brada GmbH zwar nicht selbst handeln. Ihr werden allerdings sämtliche Handlungen ihrer Organe, die in Ausführung ihrer Tätigkeiten begangen wurden, gemäß § 31 BGB analog zugerechnet. Damit besteht der Anspruch auch gegen die Brade GmbH, da sie sich das Verhalten des G zurechnen lassen muss. Die GmbH und ihr Geschäftsführer haften insoweit also gesamtschuldnerisch (§ 840 Abs. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kai

Kai

6.6.2024, 08:35:28

Das UrhG erlaubt zwar gem. § 102a die Anwendung anderer gesetzlicher Vorschriften. Ich meine allerdings, dass deliktische Schadensersatzansprüche aus den BGB durch die spezielleren Normen des UrhG verdrängt werden. Dementsprechend müsste in der Aufgabe statt § 823 BGB § 97 I, II UrhG stehen.

Kai

Kai

6.6.2024, 11:32:20

Vgl. dazu Schricker/Loewenheim, UrhG, § 102a Rn. 6: §§ 823 ff. BGB sind nur soweit auf Urheberrechtsverletzungen anwendbar, wie sie über das UrhG hinausgehen. Dazu gehört nach § 823 Abs. 1 der widerrechtliche Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Der Weg über das sonstige Recht dürfte dann aber eigentlich gerade nicht eröffnet sein, weil es hier gerade die spezielleren Regelungen des UrhG gibt.

HEXC

hexchenm

7.10.2024, 23:54:15

In der Subsumtion der letzten Frage heißt es BradE statt Brada :)

Linne_Karlotta_

Linne_Karlotta_

8.10.2024, 17:51:38

Hallo hexchenm, vielen Dank für Deinen Hinweis! Wir haben den Fehler auf unsere Liste gesetzt und werden ihn im nächsten Korrekturgang beheben. Deine Aufmerksamkeit hilft uns, die Qualität unserer Inhalte hochzuhalten. Wir werden diesen Thread als erledigt markieren, sobald wir den Fehler behoben haben. Beste Grüße, Linne_Karlotta_, für das Jurafuchs-Team

Eileen 🦊

Eileen 🦊

28.10.2024, 08:51:49

Könntet ihr bitte die Vertiefung erläutern? Ich nahm an, dass Gesellschaft und Gesellschafter nicht gleichstufig haften. LG

Tobias Krapp

Tobias Krapp

28.10.2024, 22:58:02

Hallo @[Eileen 🦊](190132), Vorsicht, es geht hier um die gesamtschuldnerische Haftung von Gesellschaft und Geschäftsführer (nicht Gesellschafter). Grundsätzlich haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern gegenüber nur das Gesellschaftsvermögen, § 13 II GmbHG, womit normalerweise im Außenverhältnis allein die GmbH haftet (und nicht die Gesellschafter oder die Geschäfstführer), und diese ggf. im Innenverhältnis Regress nehmen kann. Haftet allerdings sowohl der Geschäftsführer als auch die Gesellschaft auf Grundlage des Deliktsrechts, ordnet § 840 I BGB hier die gesamtschuldnerische Haftung an. So liegt der Fall hier. Daher haften Geschäftsführer und Gesellschaft gesamtschuldnerisch. Viele Grüße - für das Jurafuchsteam - Tobias

Eileen 🦊

Eileen 🦊

29.10.2024, 09:09:33

Vielen Dank! Es ist mir jetzt klarer geworden. Wie begründet man die Gleichstufigkeit von Geschäftsführer und Gesellschaft?

Tobias Krapp

Tobias Krapp

6.11.2024, 09:56:07

@[Eileen 🦊](190132) Da Gesellschaft und Geschäftsführer hier aufgrund § 840 I BGB gesamtschuldnerisch haften, folgt die volle Haftung im Außenverhältnis direkt aus § 421 S. 1 BGB :)


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