Zivilrecht

Kreditsicherungsrecht

Unwirksamkeit des Sicherungsvertrages

Fehleridentität zwischen Sicherungsabrede und dinglicher Einigung bezüglich der Realsicherheit

Fehleridentität zwischen Sicherungsabrede und dinglicher Einigung bezüglich der Realsicherheit

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Um einen Feinkostladen zu eröffnen, möchte S ein Darlehen (€100.000) bei G aufnehmen. G verlangt hierzu aus eigensüchtigen Gründen, dass S ihm ihr Segelboot (realisierbarer Wert bei Vertragsschluss: €500.000) zur Sicherheit übereigne. Der Besitz verbleibt bei S. S kann das Darlehen nicht tilgen.

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Einordnung des Falls

Fehleridentität zwischen Sicherungsabrede und dinglicher Einigung bezüglich der Realsicherheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Sicherungsabrede ist aufgrund der anfänglichen Übersicherung nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB).

Ja!

Sittenwidrigkeit in Form der anfänglichen Übersicherung liegt vor, wenn im Verwertungsfall ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem realisierbaren Wert des Sicherungsgutes und dem Wert der zu sichernden Forderung besteht (Schätzwert des Sicherungsgegenstandes weit über 150% der zu sichernden Forderung). Zudem bedarf es einer verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers. Die Darlehensrückzahlungsforderung beträgt €100.000, während der realisierbare Wert des Sicherungsgutes bei €500.000 liegt. Die Grenze des auffälligen Missverhältnisses ist eindeutig überschritten (Sicherung liegt 500% über dem Nennwert der zu sichernden Forderung). G handelt aus eigensüchtigen Gründen und damit verwerflich.
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2. Die Sicherung des Darlehens sollte hier in Form der Sicherungsübereignung erfolgen (§§ 929, 930 BGB).

Genau, so ist das!

Die Sicherungsübereignung ist eine Mobiliarsicherheit. Der Eigentümer eines Gegenstandes (Sicherungsgeber) übereignet dem Gläubiger (Sicherungsnehmer) das Eigentum an diesem Gegenstand (Sicherungsgut) als Sicherung für eine Forderung. Der unmittelbare Besitz (§ 854 BGB) des Gegenstandes verbleibt beim Sicherungsgeber. Die Sicherungsübereignung erfolgt im Wege der Übereignung nach §§ 929, 930 BGB. Zur Sicherung der Darlehensforderung soll das Eigentum des Segelbootes auf G übertragen werden. Das Segelboot soll dabei im unmittelbaren Besitz der S verbleiben. Hierfür müssen die Voraussetzungen der §§ 929, 930 BGB erfüllt sein.

3. Ist die dingliche Einigung über den Eigentumsübergang hinreichend bestimmt?

Ja, in der Tat!

Die Parteien müssen sich zunächst über die Eigentumsübertragung einigen. Hierbei ist der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz zu wahren. S und G haben sich darüber geeinigt, dass das Eigentum an dem Segelboot auf G von S auf G übergehen soll. Der Gegenstand der Übereignung ist das Segelboot und hinreichend bestimmt.

4. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede hat immer auch die Unwirksamkeit der dinglichen Einigung zur Folge.

Nein!

Die Sicherungsabrede bezeichnet die schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Sicherungsnehmer und Sicherungsgeber. Hiervon zu abstrahieren ist die Bestellung der Sicherheit als Erfüllungsgeschäft. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede führt nicht zwingend auch zur Unwirksamkeit der dinglichen Einigung. Dies folgt aus dem Abstraktionsprinzip. Die Unwirksamkeit der Sicherungsabrede zwischen S und G muss insofern nicht zwingend auch zur Unwirksamkeit der dinglichen Einigung gemäß §§ 929, 930 BGB über die Sicherungsübereignung führen.

5. Vorliegend ist die dingliche Einigung aber ebenfalls gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig.

Genau, so ist das!

Es kann sein, dass die Bestellung der Sicherheit (Erfüllungsgeschäft) aus demselben Grund unwirksam ist, wie die Sicherheitsabrede (Kausalgeschäft). Diese Fallkonstellation wird auch als Fehleridentität bezeichnet.´Grundsätzlich sind Erfüllungsgeschäfte sittlich neutral. Bei sittenwidrigen Sicherungsübereignungen kommt der sittenwidrige Charakter aber ausnahmsweise auch im Vollzug der Sicherungsabrede zum Tragen. Damit ist auch die dingliche Einigung nach § 138 BGB unwirksam, weshalb G kein Eigentum an dem Segelboot nach §§ 929, 930 BGB erlangt hat.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

NI

Nils

18.10.2023, 14:39:56

Wäre hier nicht auch der Sicherungsvertrag das vereinbarte Besitzkonstitut, was dann somit auch nicht vorhanden wäre?


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