§ 31 BGB analog

5. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Rechtsanwaltskanzlei Fuchs & Fuchs GbR besteht aus den beiden geschäftsführenden Schwestern S1 und S2. Während S1 mit ihrem VW Polo zu einem Mandanten unterwegs ist, beantwortet sie parallel auf ihrem Handy E-Mails und fährt dadurch fahrlässig Omi O an, die gerade die Straße überquert. O bricht sich die Wirbelsäule.

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Einordnung des Falls

§ 31 BGB analog

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S1 ist Verrichtungsgehilfin der Fuchs & Fuchs GbR, sodass eine Haftung der GbR als Geschäftsherrin nach § 831 Abs. 1 BGB in Betracht kommt.

Nein, das trifft nicht zu!

Erste Voraussetzung für eine Haftung des Geschäftsherrn nach § 831 BGB ist, dass er "einen anderen zu einer Verrichtung bestellt hat". Verrichtungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn in dessen Interesse tätig wird und von den Weisungen des Geschäftsherrn abhängig ist. Zwischen der Gesellschaft und ihrem Geschäftsführer bzw. Gesellschafter besteht kein Über-/Unterordnungsverhältnis, so dass es an der für § 831 BGB erforderlichen Weisungsgebundenheit fehlt. S1 ist Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskanzlei Fuchs & Fuchs GbR und daher nicht weisungsgebunden.
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2. Eine Haftung der GbR nach § 823 Abs. 1 BGB ist möglich.

Ja!

Eine Gesellschaft handelt zwar nicht selbst, sondern durch ihre Organe. Nach allgemeiner Meinung kann aber der Gesellschaft das Fehlverhalten und Verschulden ihrer Gesellschafter analog § 31 BGB zugerechnet werden: Nach § 31 BGB ist der Verein für den Schaden verantwortlich, den seine Repräsentanten anderen zufügen. Jedoch regelt § 31 BGB über seinen Wortlaut hinaus analog für jede Gesellschaftsform die Zurechnung pflichtwidrigen oder deliktischen Verhaltens und Verschuldens.

3. Die Fuchs & Fuchs GbR haftet der O auf Schadensersatz (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 31 BGB analog).

Genau, so ist das!

Der haftungsbegründende Tatbestand von § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) eine Rechtsgutsverletzung beim Anspruchssteller, (2) die durch ein Verhalten des Anspruchsgegners, (3) kausal, (4) rechtswidrig und (5) schuldhaft verursacht wurde, wodurch (6) ein kausaler Schaden entstanden ist. O wurde an ihrem Rechtsgut Körper verletzt. Das kausale schädigende Verhalten der S1 wird der GbR analog § 31 BGB zugerechnet. Die Rechtswidrigkeit ist indiziert; das Verschulden der S1 wird der GbR ebenfalls analog § 31 BGB zugerechnet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AMA

Amastris

3.9.2023, 19:51:56

Wieso wird

§ 31 BGB

"nur" analog angewandt?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

6.9.2023, 13:54:07

Hallo Amastris, die Regelungen der §§ 21 ff. BGB betreffen in direkter Anwendung nur Vereine, wobei es hier um eine GbR geht. Da es aber an einer entsprechenden Regelung für die GbR fehlt - planwidrige Regelungslücke - und eine vergleichbare Interessenlage besteht, wird die Regelung analog auch auf die GbR angewendet. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JES

Jessica

24.6.2024, 16:09:26

Ändert sich daran etwas durch das MoPeg?

Nicolas

Nicolas

19.7.2024, 13:31:54

Nein, die Regelungslücke ist durch das MoPeG nicht geschlossen worden

BRSA

BrSa

25.7.2024, 10:50:12

Haftet S1 selbst auch?

paulmachtexamen

paulmachtexamen

27.7.2024, 13:25:08

Ja, S1 haftet auch (alleine) wegen fahrlässiger Körperverletzung nach 823 I. Tipp: Denk dir einfach die „Geschichte“ mit der GbR weg, dann würde man sicherlich als erstes den 823 I mit S1 prüfen. Die Erweiterung der GbR dient nur dazu, noch mehr Ansprüche prüfen zu können. Denn dann kommt zusätzlich noch 840 (Haftung mehrerer) ins Spiel.

Artimes

Artimes

6.9.2024, 16:08:43

Welche Bedeutung hat

§ 31 BGB analog

im vertraglichen Bereich? Würde man

§ 278 BGB

nicht als speziellere Regelung zur Verschuldenszurechnung heranziehen? Was ist die h.M. und wie sollte man das in der Klausur argumentieren?

Kind als Schaden

Kind als Schaden

20.11.2024, 16:21:05

Auch im vertraglichen Bereich wendet die h.M. §

31 analog

an. Es gibt aber auch eine a.A., welche eine Regelungslücke verneint und daher § 278 anwendet. Argumentativer Startpunkt ist die Frage, ob man mit der a.A. davon ausgeht, dass nicht nur die Angestellten der Gesellschaft Erfüllungsgehilfen sind, sondern auch die Organe bzw. deren Organmitglider. Sofern man dies bejaht, muss man der a.A. folgen.


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