Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Leistungskondiktion

Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)

Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)

6. Februar 2025

20 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M kündigt seinen Mietvertrag mit V und zieht aus. Bei Übergabe erstellt V ein Abnahmeprotokoll. Obwohl die Wohnung Mängel hat, die M eigentlich beseitigen müsste, hält V fest, dass keine Mängel erkennbar seien. M und V unterzeichnen das Protokoll.

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Einordnung des Falls

Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. V und M haben ein negatives Schuldanerkenntnis vereinbart (§ 397 Abs. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Ein negatives Schuldanerkenntnis (§ 397 Abs. 2 BGB) ist ein Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, der feststellt oder regelt, dass eine jurafuchs.de/definitionen/jqrgr9j/schuld-vor-%C2%A7-12-stgb" class="underline">Schuld nicht mehr besteht. Auf das negative Schuldanerkenntnis ist § 397 Abs. 2 BGB (Erlass) anzuwenden (nicht: § 780ff. BGB). Indem V im Abnahmeprotokoll festhält, dass keine Mängel bestünden (obwohl tatsächlich noch welche bestehen), vereinbart er mit M, dass M keine die bestehenden Mängel nicht beseitigen muss.
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2. Durch das negative Schuldanerkenntnis des V hat M „etwas erlangt“ (§ 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB).

Ja!

„Etwas“ im Sinne von § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist jeder vermögenswerte Vorteil. Der Vorteil muss tatsächlich in das Vermögen des Schuldners übergegangen sein. Man kann vier Kategorien unterscheiden: (1) Rechte (z.B. Eigentum), (2) vorteilhafte Rechtsstellungen (z.B. Besitz), (3) Befreiung von Verbindlichkeiten, (4) erlangte Nutzungen. V hat anerkannt, dass M keine Mängel beseitigen muss. Dadurch wurde M von seiner Verbindlichkeit frei, die Mängel zu beseitigen (3).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Pilea

Pilea

19.8.2023, 09:29:53

Kommt es hier darauf an, ob V die Mängel bemerkt hat?

LELEE

Leo Lee

19.8.2023, 10:43:49

Hallo Pilea, die Pflicht des V, etwaige Mängel zu beseitigen, hängt nicht davon ab, ob er sie auch bemerkt. Denn gem. § 535 I 1, 2 BGB besteht die Pflicht unabhängig davon, ob sie - vom Mieter oder Vermieter - bemerkt werden. Ich vermute, dass du mit "bemerken" meinst, inwiefern die Wahrnehmung und die "Meldung" der Mängel bedeutend sind. Hier musst du beachten, dass etwa im Kaufrecht die Rechte i.d.R. ausgeübt werden müssen (etwa bei

Nacherfüllung

muss der Käufer diese verlangen). Aber auch beim Mietvertrag muss der MIETER diese anzeigen (ansonsten wird er seines Rechtes verlustig, etwa gem. § 563c BGB). Aber die Pflicht, die Mängel überhaupt zu beheben (also der Verkäufer oder Vermieter) bestehen schon "kraft Gesetzes" :). Liebe Grüße - für das

Jurafuchs

team - Leo

Pilea

Pilea

19.8.2023, 23:24:49

Danke! Ich präzisiere nochmal: kommt es für den wirksamen Abschluss eines

Schuld

aufhebungsvertrags darauf an, dass dem V bewusst ist, dass er dem Mieter das Beheben von Mängeln erlässt? Oder reicht es aus, wenn die beiden den Vertrag "vorsorglich" schließen, V aber (noch) keine Kenntnis der Mängel hat?

BENED

Benedikt

27.9.2023, 14:48:31

Ich denke das ist Auslegungssache. Grundsätzlich hat Mieter ein Interesse an Rechtssicherheit und der Vermieter an möglichen Ansprüchen. Wenn sowas in der Klausur kommt, würde ich es über die

Auslegung von Willenserklärungen

lösen. Wenn zB keine Mängel festgestellt worden sind, wäre ein Vertragsschluss, der nur die

Schuld

für festgestellte Mängel erlässt unnütz.

GVE

gottloser Vernunftsjurist

24.1.2024, 22:06:56

Nicht erkennbare oder sogar von Mieter kaschiert Schäden werden grds nicht von dem negativen

Schuld

anerkenntnis erfasst. Hierzu bedarf es wenn dann eine ausdrückliche Vereinbarung. Für die

Erkennbarkeit

kommt es im Übrigen nicht auf den Wissensstand eines Fachwerkers an. (Streyl, in: Schmidt-Futterer, § 546 BGB Rn. 57)

STE

Stella2244

25.6.2024, 15:37:51

@[Leo Lee](213375) deine Antwort bezieht sich nicht wirklich auf die Frage von pilea

Steinfan

Steinfan

3.4.2024, 14:20:26

Hier könnte man noch § 812 II BGB zitieren. LG

in persona

in persona

15.6.2024, 10:04:55

ist das

Bereicherungsrecht

überhaupt noch anwendbar,wenn ein

negatives Schuldanerkenntnis

gegeben ist? Das würde doch in der Konsequenz dazu führen,dass das

Schuld

anerkenntnis durch das

Bereicherungsrecht

umgangen wird.

STE

Stella2244

17.6.2024, 18:17:15

Das

Schuld

anerkenntnis stellt dann den Rechtsgrund da würde ich sagen

Mephisto

Mephisto

8.10.2024, 10:14:23

Dass ein

negatives Schuldanerkenntnis

über das

Bereicherungsrecht

kondizierbar ist zeigt allein § 812 II BGB. Der dem negativen

Schuld

anerkenntnis als causa zugrundeliegende Schenkungsvertrag stellt bei dessen Wirksamkeit den Rechtsgrund dar. Denke an das Trennungsprinzip @[Stella2244](227540)!

STE

Stella2244

25.6.2024, 15:40:33

aus welcher Norm ergibt sich, dass M die Mängel beheben muss?

RO80

Ro80t59

18.7.2024, 15:18:41

Moin Stella, mE wird es bei gewöhnlichen Mängeln in der Regel auf die vertragliche Vereinbarung zwischen der Vermieter:in und der Mieter:in, bei "außergewöhnlichen Mängeln" dagegen auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht ankommen. Im Grundsatz besteht die Erhaltungspflicht der

Mietsache

während der

Mietzeit

dem Vermieter, dieser kann allerdings in gewissen Grenzen eine Übertragung von Erhaltungspflichten auf die Mieter:in vertraglich vereinbaren. (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 535 Rn. 124 ff. sowie 132 ff.) Darüber hinaus gilt dies auch nicht für vom Mieter zu vertretende Mängel, die sich außerhalb des normalen Gebrauchs ergeben. Dazu der ebenfalls der Müko: "Die Erhaltungspflicht besteht ferner nicht für vom Mieter zu vertretende Mängel (arg. e § 538). Der Mieter ist insoweit gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 zur Wiederherstellung der Sache verpflichtet. Nimmt man derartige Veränderungen nicht bereits aus dem Bereich der Erhaltung der

Mietsache

heraus, hat der Vermieter zumindest Anspruch auf Freistellung von der aus § 535 Abs. 1 S. 2 resultierenden Pflicht (→ § 536 Rn. 43)." (Rn. 130). Im Fall der Rückgabe der

Mietsache

kann dann entweder auf die ordnungsgemäße Rückgabepflicht aus § 546 BGB i.V.m. der vertraglichen

Konkretisierung

abgestellt werden (BeckOK BGB/Wiederhold, 70. Ed. 1.5.2024, BGB § 546 Rn. 19) oder man stellt auf ein entsprechendes SE-Verlangen ab, wobei hier dann selbstverständlich die kurze Verjährungsfrist des § 548 zu beachten ist. Vielleicht hilft das ja schon weiter :)


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