Zivilrecht
Bereicherungsrecht
Die Leistungskondiktion
Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)
Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)
6. Februar 2025
20 Kommentare
4,8 ★ (17.252 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M kündigt seinen Mietvertrag mit V und zieht aus. Bei Übergabe erstellt V ein Abnahmeprotokoll. Obwohl die Wohnung Mängel hat, die M eigentlich beseitigen müsste, hält V fest, dass keine Mängel erkennbar seien. M und V unterzeichnen das Protokoll.
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Einordnung des Falls
Befreiung von einer Verbindlichkeit (negatives Schuldanerkenntnis)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V und M haben ein negatives Schuldanerkenntnis vereinbart (§ 397 Abs. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Durch das negative Schuldanerkenntnis des V hat M „etwas erlangt“ (§ 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Pilea
19.8.2023, 09:29:53
Kommt es hier darauf an, ob V die Mängel bemerkt hat?
Leo Lee
19.8.2023, 10:43:49
Hallo Pilea, die Pflicht des V, etwaige Mängel zu beseitigen, hängt nicht davon ab, ob er sie auch bemerkt. Denn gem. § 535 I 1, 2 BGB besteht die Pflicht unabhängig davon, ob sie - vom Mieter oder Vermieter - bemerkt werden. Ich vermute, dass du mit "bemerken" meinst, inwiefern die Wahrnehmung und die "Meldung" der Mängel bedeutend sind. Hier musst du beachten, dass etwa im Kaufrecht die Rechte i.d.R. ausgeübt werden müssen (etwa bei
Nacherfüllungmuss der Käufer diese verlangen). Aber auch beim Mietvertrag muss der MIETER diese anzeigen (ansonsten wird er seines Rechtes verlustig, etwa gem. § 563c BGB). Aber die Pflicht, die Mängel überhaupt zu beheben (also der Verkäufer oder Vermieter) bestehen schon "kraft Gesetzes" :). Liebe Grüße - für das
Jurafuchsteam - Leo

Pilea
19.8.2023, 23:24:49
Danke! Ich präzisiere nochmal: kommt es für den wirksamen Abschluss eines
Schuldaufhebungsvertrags darauf an, dass dem V bewusst ist, dass er dem Mieter das Beheben von Mängeln erlässt? Oder reicht es aus, wenn die beiden den Vertrag "vorsorglich" schließen, V aber (noch) keine Kenntnis der Mängel hat?
Benedikt
27.9.2023, 14:48:31
Ich denke das ist Auslegungssache. Grundsätzlich hat Mieter ein Interesse an Rechtssicherheit und der Vermieter an möglichen Ansprüchen. Wenn sowas in der Klausur kommt, würde ich es über die
Auslegung von Willenserklärungenlösen. Wenn zB keine Mängel festgestellt worden sind, wäre ein Vertragsschluss, der nur die
Schuldfür festgestellte Mängel erlässt unnütz.
gottloser Vernunftsjurist
24.1.2024, 22:06:56
Nicht erkennbare oder sogar von Mieter kaschiert Schäden werden grds nicht von dem negativen
Schuldanerkenntnis erfasst. Hierzu bedarf es wenn dann eine ausdrückliche Vereinbarung. Für die
Erkennbarkeitkommt es im Übrigen nicht auf den Wissensstand eines Fachwerkers an. (Streyl, in: Schmidt-Futterer, § 546 BGB Rn. 57)
Stella2244
25.6.2024, 15:37:51
@[Leo Lee](213375) deine Antwort bezieht sich nicht wirklich auf die Frage von pilea

Steinfan
3.4.2024, 14:20:26
Hier könnte man noch § 812 II BGB zitieren. LG
in persona
15.6.2024, 10:04:55
ist das
Bereicherungsrechtüberhaupt noch anwendbar,wenn ein
negatives Schuldanerkenntnisgegeben ist? Das würde doch in der Konsequenz dazu führen,dass das
Schuldanerkenntnis durch das
Bereicherungsrechtumgangen wird.
Stella2244
17.6.2024, 18:17:15

Mephisto
8.10.2024, 10:14:23
Dass ein
negatives Schuldanerkenntnisüber das
Bereicherungsrechtkondizierbar ist zeigt allein § 812 II BGB. Der dem negativen
Schuldanerkenntnis als causa zugrundeliegende Schenkungsvertrag stellt bei dessen Wirksamkeit den Rechtsgrund dar. Denke an das Trennungsprinzip @[Stella2244](227540)!
Stella2244
25.6.2024, 15:40:33
aus welcher Norm ergibt sich, dass M die Mängel beheben muss?
Ro80t59
18.7.2024, 15:18:41
Moin Stella, mE wird es bei gewöhnlichen Mängeln in der Regel auf die vertragliche Vereinbarung zwischen der Vermieter:in und der Mieter:in, bei "außergewöhnlichen Mängeln" dagegen auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht ankommen. Im Grundsatz besteht die Erhaltungspflicht der
Mietsachewährend der
Mietzeitdem Vermieter, dieser kann allerdings in gewissen Grenzen eine Übertragung von Erhaltungspflichten auf die Mieter:in vertraglich vereinbaren. (MüKoBGB/Häublein, 9. Aufl. 2023, BGB § 535 Rn. 124 ff. sowie 132 ff.) Darüber hinaus gilt dies auch nicht für vom Mieter zu vertretende Mängel, die sich außerhalb des normalen Gebrauchs ergeben. Dazu der ebenfalls der Müko: "Die Erhaltungspflicht besteht ferner nicht für vom Mieter zu vertretende Mängel (arg. e § 538). Der Mieter ist insoweit gemäß §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1 zur Wiederherstellung der Sache verpflichtet. Nimmt man derartige Veränderungen nicht bereits aus dem Bereich der Erhaltung der
Mietsacheheraus, hat der Vermieter zumindest Anspruch auf Freistellung von der aus § 535 Abs. 1 S. 2 resultierenden Pflicht (→ § 536 Rn. 43)." (Rn. 130). Im Fall der Rückgabe der
Mietsachekann dann entweder auf die ordnungsgemäße Rückgabepflicht aus § 546 BGB i.V.m. der vertraglichen
Konkretisierungabgestellt werden (BeckOK BGB/Wiederhold, 70. Ed. 1.5.2024, BGB § 546 Rn. 19) oder man stellt auf ein entsprechendes SE-Verlangen ab, wobei hier dann selbstverständlich die kurze Verjährungsfrist des § 548 zu beachten ist. Vielleicht hilft das ja schon weiter :)