Abwandlung: Vermischung (§ 948 BGB)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der 5-jährige B schmeißt eine 1€-Münze in das Sparschwein seiner 10-jährigen Schwester S. In dem Sparschwein befinden sich neben neun €1-Münzen, auch fünf €2-Münzen und acht €10-Scheine. Ursprünglich hat das Sparschwein also einen Inhalt von 99 €.

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Einordnung des Falls

Abwandlung: Vermischung (§ 948 BGB)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Bs Geschäftsunfähigkeit (§ 104 Nr. 1 BGB) schließt die Anwendung des § 948 BGB aus.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei § 948 BGB handelt es sich um eine Eigentumserwerbstatbestand kraft Gesetzes. Ist hierfür menschliches Verhalten ausschlaggebend, ist dieses ein Realakt und keine Willenserklärung. Die §§ 104 ff. BGB sind hierauf nicht anwendbar. Auch ein Geschäftsunfähiger kann also nach § 948 BGB Eigentum erwerben bzw. verlieren.
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2. Die Abtrennung der €1-Münze des B von dem Inhalt des Sparschweins ist unmöglich.

Ja, in der Tat!

In dem Sparschwein der S befinden sich insgesamt zehn €1-Münzen. Sofern die €1-Münze des B keine besonderen Merkmale aufweist, ist es nicht möglich, die Münze, die B in das Sparschwein geworfen hat, abzusondern.

3. Hat B Miteigentum (1 %) am gesamten Inhalt des Sparschweins erworben?

Nein!

Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermengt, erwerben die Eigentümer der Ursprungssachen grundsätzlich anteilig Miteigentum an dem Gemenge (§ 948 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. § 947 Abs. 1 BGB). Dies gilt aber nur so weit, wie auch tatsächliche Untrennbarkeit vorliegt.Vorliegend hat B ein 1€-Stück in das Sparschwein geworfen. Dieses 1€-Stück kann unproblematisch von den 2€-Stücken und den 10€-Scheinen getrennt werden. Nur hinsichtlich der 1€-Stücke ist die Trennbarkeit unmöglich.

4. S ist Alleineigentümerin der €1 Münze geworden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Vermengung von Geld sind die Rechtsfolgen streitig. Teilweise wird vertreten, der Besitzer des Gemenges solle Alleineigentum erwerben, wenn entweder ein ständig wechselnder Geldbestand vorliegt (z.B. bei dem Geldbeutel einer Bedienung) oder wenn der zum Gemenge beigetragene Geldbetrag im Verhältnis nur sehr gering ist. Die Gegenmeinung geht hingegen davon aus, dass beide stets Miteigentümer an dem Gemenge werden.Der Geldbestand des Sparschweins unterliegt keinen ständigen Schwankungen. Das relevante Gemenge besteht darüber hinaus nur aus den €1-Münzen, sodass auch der Anteil am Gesamtgemenge nicht sehr gering ist. Nach beiden Ansichten ist S hier nicht Alleineigentümerin der Münze geworden.

5. B erwirbt zu 10 % Miteigentum an dem Gemenge aus 1€-Münzen.

Ja, in der Tat!

Werden bewegliche Sachen miteinander untrennbar vermengt, werden die bisherigen Eigentümer anteilig nach dem Wertverhältnis Miteigentümer (§ 948 Abs. 1 Alt. 2 i.V.m. § 947 Abs. 1 BGB).Die €1-Münze des B kann nicht von den anderen €1-Münzen der S getrennt werden. Somit erwirbt der B zu 10 % einen Anteil an dem aus zehn €1-Münzen bestehenden Geldgemenge.

6. Kann B von S Auseinandersetzung der Miteigentumsgemeinschaft verlangen (§ 749 Abs. 1 BGB)?

Ja!

Steht ein Recht mehreren gemeinschaftlich zu (Gemeinschaft nach Bruchteilen), sind grundsätzlich die §§ 741ff. BGB anwendbar. Nach § 749 Abs. 1 BGB kann jeder Teilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft jederzeit verlangen. Diese Aufhebung erfolgt vorrangig durch Teilung in Natur (§ 752 S.1 BGB), soweit eine den Anteilen entsprechende Teilung ohne Wertverlust möglich ist.B und S sind jeweils Miteigentümer an dem Gemenge der 1€-Münzen. Das Eigentum steht ihnen also gemeinschaftlich zu. Das aus zehn 1€-Münzen bestehende Gemenge lässt sich auch unproblematisch in eine den Miteigentumsanteilen entsprechende Aufteilung zerlegen.
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