Öffentliches Recht

Europarecht

Warenverkehrsfreiheit, Art. 34 AEUV

Abgrenzung zur staatlichen Beihilfe – PreussenElektra

Abgrenzung zur staatlichen Beihilfe – PreussenElektra

12. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Ein nationales Gesetz verpflichtet die S-AG dazu, aus erneuerbaren Energien erzeugten Strom zu einem festgelegten Mindestpreis abzunehmen. Der Preis liegt über dem tatsächlichen Wert des Stroms. Geschäftsführerin S ärgert sich, weil die „Öko“-AGs dadurch begünstigt würden.

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Einordnung des Falls

Abgrenzung zur staatlichen Beihilfe – PreussenElektra

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Warenverkehrsfreiheit schützt in gegenständlicher Hinsicht nach Art. 34 ff. AEUV die Ein- und Ausfuhr von Unionswaren. Stellt Strom eine Ware in diesem Sinne dar?

Genau, so ist das!

Waren sind grundsätzlich alle beweglichen, körperlichen Güter, die einen Geldwert haben und deshalb Gegenstand von Handelsgeschäften sein können. Unionsware ist gemäß Art. 28 Abs. 2, 29 AEUV aus einem Mitgliedstaat stammende oder rechtmäßig eingeführte und verzollte „Drittware“, die sich in der Union im freien Verkehr befindet. Achtung: Elektrizität ist nach der Rechtsprechung des EuGH unabhängig von den physikalischen Eigenschaften als Ware anzusehen. Der gegenständliche Anwendungsbereich ist eröffnet. Dass elektrischer Strom als Ware i.S.d. Warenverkehrsfreiheit angesehen wird, beruht maßgeblich darauf, dass sie Gegenstand von Handelsgeschäften ist.
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2. Der räumliche Anwendungsbereich der Warenverkehrsfreiheit erfordert einen grenzüberschreitenden Sachverhalt. Ist der räumliche Anwendungsbereich ausgeschlossen, weil die nationale Vorschrift nur auf Strom Anwendung findet, der in Deutschland erzeugt wurde?

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Behinderung des innergemeinschaftlichen Verkehrs kommt einerseits dadurch in Betracht, dass nur deutsche Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien produzieren, von der Vorschrift begünstigt werden. Andererseits wird die S-AG durch die Abnahmeverpflichtung daran gehindert, einen Teil ihres Bedarfs durch ausländische Stromproduzenten zu beziehen. Die Vorschrift betrifft damit zumindest mittelbar nicht nur einen deutschen Sachverhalt. Der räumliche Anwendungsbereich ist eröffnet.

3. Die Vorschrift gewährt den „Öko“-AGs, welche Storm auf erneuerbaren Energien gewinnen, einen wirtschaftlichen Vorteil.

Ja!

In der Abnahmepflicht zu einem höheren Mindestpreis liegt unstreitig eine wirtschaftliche Begünstigung derjenigen Unternehmen, die mit erneuerbaren Energien Storm produzieren.

4. Der wirtschaftliche Vorteil infolge der Abnahmepflicht stellt eine staatliche Beihilfe i.S.d. Art. 107 AEUV dar. Die Vorschrift ist daher zumindest auch am europäischen Beihilferecht zu messen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Staatliche Beihilfen sind durch staatlichen Mitteln gewährte Vorteile gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nicht jeder wirtschaftliche Vorteil durch einen staatlichen Eingriff stellt eine Beihilfe dar. Vielmehr muss der wirtschaftliche Vorteil zumindest mittelbar durch staatliche Mittel gewährt werden. Der wirtschaftliche Vorteil der "Öko"-AGs geht nicht auf staatliche Kosten. Allein der Umstand, dass die Abnahmepflicht auf einem Gesetz beruht, führt nicht dazu, dass es sich um eine staatliche Beihilfe handelt. Die Vorschrift ist daher nicht anhand der Regeln zu staatlichen Beihilfen zu bemessen, sondern anhand der Warenverkehrsfreiheit.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FL

Flohm

13.7.2023, 11:41:13

Wieso handelt es sich hier um einen grenzüberschreitenden SV ?

HAN

hannabuma

29.12.2023, 14:41:28

Die S-AG wird ja durch das nationale Gesetz dazu verpflichtet ausschließlich aus erneuerbaren Energien, in Deutschland erzeugten Strom zu einem festgelegten Mindestpreis zu kaufen. Diese Vorschrift beeinträchtigt zunächst unmittelbar nur den Stromkauf von deutschen Anbietern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen. Dadurch, dass die S-AG aber durch das nationale Gesetz zur Abnahme von deutschen Anbietern verpflichtet wird, hat sie nicht die Möglichkeit stattdessen diesen Stromanteil von ausländischen Anbietern zu beziehen. Dies stellt eine zumindest mittelbare Beeinträchtigung der ausländischen Stromanbieter dar. Ein weiteres Argument für eine Beeinträchtigung ist, dass der Mindestpreis nur für in Deutschland erzeugten Strom festgelegt ist und die ausländischen Anbieter sich darauf nicht berufen können und damit nicht begünstigt werden. So habe ich die Lösungshinweise verstanden. Um darauf zu kommen wäre mMn aber eine Info im SV hilfreich, dass die Vorschrift eben nur für in DE erzeugten Strom gilt.


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