+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Gegen den T läuft ein Ermittlungsverfahren. In sein Tagebuch schreibt er seitdem wiederholt sehr deutlich und ehrverletzend, wie wenig er von der Staatsanwältin S hält. Bei einer rechtmäßigen Beschlagnahme wird das Tagebuch des T beschlagnahmt. Als die S Beweise auswertet und im Tagebuch liest, traut sie ihren Augen nicht und stellt Strafantrag.
Einordnung des Falls
Tagebuch
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Beleidigung setzt tatbestandlich eine Kundgabe voraus.
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Ja!
Eine Beleidigung ist der Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe eigener Missachtung, Geringschätzung oder Nichtachtung. Sie hat vier Bestandteile: Es wird (1) eine Tatsachenbehauptung gegenüber dem Betroffenen bzw. ein Werturteil gegenüber dem Betroffenen oder einem Dritten (2) kundgegeben, (3) die Äußerung hat ehrverletzenden Inhalt und (4) wird vom Adressaten wahrgenommen.
2. T hat sein Werturteil über die S kundgegeben (§ 185 StGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
Eine Beleidigung als Tathandlung setzt die Kundgabe von Tatsachen oder Werturteilen voraus. Dabei kommen Äußerungen in jeder Form in Betracht, also mündliche oder schriftliche sowie etwa Gesten (Mittelfinger) und Symbole. Die Kundgabe muss den Betroffenen erkennen lassen. Dabei ist das Medium irrelevant. Die Kundgabe muss sich an einen anderen, nicht notwendigerweise den Beleidigten selbst richten. Ehrverletzende Äußerungen in einem Tagebuch oder Selbstgespräch genügen nicht, selbst wenn sie gegen den Willen des Täters zur Kenntnis genommen werden. Sie sind nämlich von vornherein nicht für einen anderen bestimmt
Die Äußerungen in T's Tagebuch richten sich an niemanden.
Nach a.A. fehlt es am Kundgabevorsatz.