Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei irrtümlicher Leistung (Einseitiger Irrtum)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S ist an der F-OHG und an der T-KG beteiligt. F und T schulden Gläubiger G jeweils Werklohn i.H.v. €1000. G spricht mit S über die Zahlung von Ts Verbindlichkeit. Als F €1000 „zur Zahlung der Verbindlichkeit“ an G überweist, denkt G, dies erfolge zugunsten der T, da er von S' Beteiligung an F weiß.
Einordnung des Falls
Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei irrtümlicher Leistung (Einseitiger Irrtum)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Fraglich ist, ob F an G geleistet hat (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Ja, in der Tat!
2. Mit der Überweisung hat S für F eine Tilgungsbestimmung (§ 366 BGB) vorgenommen, die erklärt, eine eigene Schuld begleichen zu wollen.
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Nein!
3. F kann das Geld ohne weiteres von G im Wege der Leistungskondiktion zurückfordern (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
4. F kann das Geld von T zurückfordern (§ 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB).
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Ja, in der Tat!
5. Alternativ könnte F die Tilgungsbestimmung anfechten und das Geld von G zurückverlangen (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).
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Ja!
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Barbara Salesch
20.12.2022, 16:13:09
Angenommen F ficht jetzt die Tilgungsbestimmung wirksam an und fordert das Geld von G im Wege der Leistungskondiktion zurück, könnte sich dann G auf die dolo agit-Einrede berufen? Schließlich hat er ja tatsächlich einen Anspruch in entsprechender Höhe gegen die F aus Werkvertrag?
StellaChiara
7.6.2023, 13:43:50
Warum fehlt hier im Rahmen der Nichtleistungskondiktion der Rechtsgrund? Es bestand ja eine Verbindlichkeit der T KG....

Juramaus
12.6.2023, 16:42:34
Dadurch dass F faktisch für T leistet entfällt deren Verbindlichkeit. Es bestand aber keine rechtliche Verbindung zwischen der OHG und der KG. Der Rechtsgrund liegt nur zwischen F und G gegeben, was dich wohl etwas verwirrt hat!
nataliaco
13.9.2023, 11:07:52
Irgendwie stehe ich auf dem Schlauch: Warum ist die Nichtleistungskondiktion der F gegen T nicht durch die bestehende vorrangige Leistungsbeziehung zwischen F und G ausgeschlossen? Die Subsidiarität der NLK setzt doch nur eine anderweitige Leistungsbeziehung voraus, selbst wenn im Rahmen dieser wie hier keine Leistungskondiktion eröffnet ist?

Richter Alexander Hold
27.11.2023, 12:45:00
Eine vorrangige Leistungsbeziehung würde nur bestehen, wenn jemand AN T geleistet hätte. Dies ist aber hier nicht passiert. Weder G hat an T geleistet noch hat F an T geleistet (T hat durch die Tilgungsbestimmung aus der Sicht des G (§§ 133, 157 BGB) zum Ausdruck gebracht, sie wolle an G leisten um die Schuld der F gem. §§ 267 I, 366 BGB zu erfüllen). Dass zwischen F und G eine Leistung vorliegt, ist also für die NLK der F ggü. T irrelevant. T hat die Befreiung der Verbindlichkeit ggü. G in sonstiger Weise (also durch niemandes Leistung an sie selbst) auf Kosten der F erlangt.

Richter Alexander Hold
27.11.2023, 12:47:08
Kleiner Fehler: Ich meinte, F hat durch die Tilgungsbestimmung aus der Sicht des G zum Ausdruck gebracht, er wolle an G leisten um die Schuld der T zu erfüllen.